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Verein für Historische Waffenkunde [Editor]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

DOI issue:
Heft 9
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Sixl, P.: Zur Geschichte des Schiesswesens der Infanterie: Vortrag gehalten im militär-wissenschaftlichen Vereine zu Kaschau im Wintersemester 1900/01
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0349

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9. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

331

Interessant ist, dass man vor dem Schüsse die
Entfernung bis zum Ziele abschätzen sollte, ob das
Ziel im Wirkungsbereiche der eigenen Waffe sich
befinde, und dass man von Instrumenten spricht,
welche den heutigen Entfernungsmessern gleich-
kommen.
«Dann sollst du die Büchse laden, als recht,
und da der Daumen vorne auf dem Stab soll
liegen, dahin mach’
ein Pünktel, dass du
all weg wissest, dahin
zu greifen.»
Dieses «Pünktel»
entspricht der heuti-
gen Schaftmulde.
«Im Felde rieht
ein Ziel auf mit
einem Punkt in der
Mitte, den du auf
300 Schritte oder
weiter kannst sehen.»
Es war somit das
praktische Schritt-
mass für Schussent-
fernungen schon da-
mals gebräuchlich.
Das Ziel war eine
runde Holzscheibe;
der schwarze Punkt,
den man auf 300
Schritte oder weiter
sehen sollte, ist der
heutige Spiegel oder
das Zielschwarze mit
30—35 cm Durch-
messer.
«Stell dich dann
vom Ziel zuerst 16
Schritte auf, schlag
die Büchse an zum
Schiessen, leg den
Daumen der vorde-
ren Hand auf das ge-
machte Pünktel des
Stabs und mit der
hintern Pland greif
zuhinterst an den
Stab auf ein auch da-
hin gemachtes Pünk-
tel und halt auf den Mittelpunkt des Ziels.»
«Lass die Büchs anzünden, und wenn du em-
pfindest, dass sie hinter sich stösst, so widerheb
nicht zu stark. Du triffst auch das Ziel oder schiesst
ihm gar nahe.»
Der Zielpunkt war, wie jetzt noch beim Schiessen
auf Scheiben, die Mitte des Zieles und die Bemer-
kung «du schiesst ihm gar nahe» lässt annehmen,
dass auch die Beobachtung des Schusses geübt
wurde.

Der Schütze trat sodann um 10 Schritte weiter
zurück, griff «mit der hintern Hand dreier Finger
breit herfür», und liess die neuerdings geladene
Büchse wieder anzünden.
«So viel, dass du‘weiter bist gestanden, denn
vor und mit der hintern Hand herfür besser hast
gegriffen und so viel kürzer Stab und Büchs vor
deinem Auge füraus ist, denn vor, so viel höher wird
die Büchse vorne auf-
gehoben und schiesst
auch so viel desto
weiter.»
Der angegebene
Vorgang zeigt das
praktische Einschies-
sen mit der Pland-
büchse, wobei der
Schütze die mit Zu-
nahme der Schuss-
entfernung nötige
Neigung der Lauf-
achse , anstatt wie
heute durch das Stel-
len des Aufsatzes,
durch das Vorgrei-
fen mit der hinteren
Hand um ein be-
stimmtes Mass be-
wirkte.
Einen hochinter-
essanten weitern Bei-
trag zur Geschichte
des Schiesswesens
enthalten j ene Bilder-
inventare und Zeugs-
bücher, welche auf
Befehl des Kaisers
Maximilian I. durch
den kaiserlichen
obersten Hauszeug-
meister Bartholo-
mäus Freysleben im
ersten Viertel des 16.
Jahrhunderts ange-
fertigt wurden.
Aus den Bilder-
inventarien sei die
Abbildung auf Blatt
61 des Cod. icon. 222
der königl. bayer. Hof- und Staatsbibliothek in Mün-
chen (1500—1510) hervorgehoben, welche einen
Landsknecht mit einer Plandbüchse im stehenden
freihändigen Anschläge zeigt. Fig. 5-
Der Anschlag ist genau so, wie derselbe heute
in den Exerzier-Reglements und Schiessvorschriften
verlangt wird; der Schütze steht in der Halbrechts-
wendung, der rechte Fuss ist etwa' einen halben
Fuss nach rechts gesetzt, der Oberkörper steht ge-
rade aufrecht, ohne jede Verdrehung, die Schultern


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otujffinonatö IAH.
Fig. 4.
 
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