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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 9
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Sixl, P.: Zur Geschichte des Schiesswesens der Infanterie: Vortrag gehalten im militär-wissenschaftlichen Vereine zu Kaschau im Wintersemester 1900/01
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0351

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g. Heft.

Zeitschrift ftir historische Waffenkunde.

333

Aus den Schützenordnungen des 15. und 16.
Jahrhunderts wären folgende Bestimmungen hervor-
zuheben :
Jeder Schütze musste mit seinem eigenen Ge-
wehr schiessen.
Bei dem gewöhnlichen Uebungsschiessen sollte
jeder Schütze drei Schuss thun.
War einmal die Scheibe aufgerichtet, so durfte
kein Schütze sich versuchen oder auf dieselbe sich
einschiessen.
Wem die Büchse dreimal versagte, der hatte
den Schuss verloren, ebenso derjenige, dem die
Büchse im Stand von selbst losging.
Als Treffer wurden nur volle ganze Durch-

schlage gezählt; trifft ein Schütze die Scheibe und
der Schuss geht nicht durch, so war der Schuss
verloren, es sei, er hätte die Leiste, Aeste oder den
Nagel getroffen, in diesem Falle hatten die Ordner
zu entscheiden. Hatte die Kugel «vorher schon
gegraset» oder «dessen Kugel fusset» (Geller), so
war der Schuss ebenfalls verloren.
Zwei «gelott» (Kugeln) auf einmal zu laden,
war verboten; wenn ein Schütze in den Stand kommt
und anschlägt, «er scheust Pulffer ohne gelott»,
dessen Schuss ist verloren. Die Kugeln sollten rund,
nicht länglich, nicht gefüttert oder geschwänzt sein.
Der Anschlag war stehend und freihändig, jedoch
nicht wie in Fig. 5 und Fig. 6; sondern man sollte «frei
aus der Hand schiessen und die Büchse nicht an die
Schulter setzen, auch nicht den Arm in die Seite noch
auf die Hüfte», nämlich «ohne allen Vorteil»!

Wie man sich diesen Anschlag vorzustellen hat,
zeigt ein Gemälde von Martin Feselen in der königl.
Pinakothek zu München vom Jahre 1533. Fig. 7.'1)
Der vorderste Schütze schiesst ein Radschloss-
gewehr ab, der letzte gebraucht noch die Lunte;
der Anschlag ist wagrecht, von der Höhe der Hüfte,
die Gewehre waren augenscheinlich nicht von grossem
Kaliber und der Rückstoss gering.
Nach der Schützenordnung von Basel vom Jahre
1466 mussten die Schützen schwören, mit den Büchsen
gehorsam zu sein in allen Nöten und Enden, und
die Kunst, die sie von den Büchsenschützen lernen,
niemals, gegen die Stadt Basel zu gebrauchen. An
jedem Sonntag, an welchem man schoss, erhielten

sie für drei Schuss «Klotz und Pulver», und wer
dies nicht verschoss, wurde gestraft.2 3)
Die Schützenordnung von Gerolzhofen vom Jahre
1491 bestimmt, dass die Schützen bei Geschrei und
Sturmläuten mit ihren Gewehren auf das Rathaus
eilen; für das Uebungsschiessen erhielten die Schützen
Pulver und Geschosse für drei Schuss, zog man ins
Feld, so wurde für 10 Schuss Munition ausgefasst.8)
Einzelne interessante Bestimmungen enthält auch
die Ordnung der Büchsenschützen von Nürnberg
aus dem Jahre 1528.
Ein jeder Schütze sollte «eine rechte runde
Kugel, nit gefüttert und eingebunden oder sonst
anders gefährlich» gebrauchen; sobald die Scheiben
J) «Quellen» 120 und T. B. XVI e.
2) Feierabend, 14.
3) Würdinger II, 393.


Fig. 7. Schützen im wagrechten Anschlag, nach einem Bilde von M. Feselen. 1533.
(Kgl. Pinakothek zu München.)
 
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