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Zeitschrift für historische Waffenkunde.
II. Band.
1582 waren «alle gefährlichen und ungebührlichen,
öffentliche und heimliche Vorteile, so etwan an den
Büchsen gebraucht werden, gänzlich verboten, sonder-
lich aber alle geschraubten, gezogenen, gerissenen
oder dergleichen ungewöhnliche Rohr. Auch Rauch-
pfannen, gefiderte, gespaltene und geschliffene Ku-
geln, dessgleichen alle ungebürliche und unge-
bräuchliche Vortheil mit Riemen, Schnürren und
Griffen, und sollen auch die absehen schlecht mit
einem Löchlin oder schrenzlin, dem Zündloch gleich
stehen.»
Ferner war schon im Magdeburger Schützen-
recht und später in anderen Schützenordnungen die
Bestimmung enthalten, dass sobald ein Schütze in
den Stand getreten, diesen ein anderer Schütz nicht
«vexieren» oder «irren» durfte, sei es mit Schreien
oder auf sonstige Weise.
In den schon erwähnten Abbildungen der
Chronik von Edlibach ist auch die Zielstatt der
Büchsenschützen zu Zürich vom Jahre 1504 darge-
stellt. Fig. 8.
Hier . sind die Schiessstände bemerkenswert,
welche, den im Stande befindlichen Schützen vor
Fig. 9. Figuren-Scheiben beim grossen Herren-Schiessen
zu Ulm. 1556.
Störungen bewahren sollten, so wie dies in der
Schiessordnung gefordert wird. Man sieht ferner die
Zieler mit dem Zielerlöffel, die Scheibe an der
Wand, die Schreiber und einen Schützen mit einer
Gewinnstfahne; der Anschlag war augenscheinlich
an der Wange.
Ausser der Scheibe und dem zuerst erwähnten
Vogel gab es für das Übungsschiessen noch andere
Ziele.
In Breslau schoss man im Jahre 1566 nach
einem gemalten deutschen Hakenschützen, mit
Sturmhaube und Seitengewehr, aus Holz geschnitzt;
Schussentfernung 186 Schritte.1)
Im Jahre 1577 schoss man ebenda auf einen
«türkischen reitenden Kürissreiter hinter vier Püschen
aufgerichtet»; Schussentfernung 220 Schritte. «Ehe
man rennte, ritt eben auf solche Art in Küriss einer
auf einem braunen Ross hinaus hinter die Püsche
und verlor sich; da man nun die Scheibe zog,
meinten mancher, es wäre der Lebendige.»2)
4) Gomolky, III, 173.
2) Ebenda. 175.
Nach den Türkenkriegen wurde es üblich, auf
sogenannte Türkenziele zu schiessen; dieselben
waren von PIolz, massiv und stellten einen Türken
dar oder nur einen grossen Türkenkopf mit buntem
Turban, der auf eine Stange aufgesetzt wurde.
Beim grossen Plerrenschiessen zu Ulm im Jahre
1556 waren zwei Figurenscheiben in Verwendung,
ein Türke und ein Weib. Fig. g.s)
Der Augsburger Pritschenmeister Lienhart Flexel
giebt über dieselbe folgende Beschreibung:
«Ein altes Weib Hessens malen und machen,
Sie stund in einem schwarzen Rock
Und war angeheftet an einen Stock.»
F erner:
«Darnach man that einen Türken heraus, '
Der war bekleidt mit lauter Roth,
Wie er eim sein Kolben bot.»
Beim Büchsenschiessen zu Augsburg im Jahre
1587 wurde nach der Beschreibung des Pritschen-
meisters Caspar Lerff eine Scheibe verwendet, die
«Gieng Uber sich rauff von der Erdt,
Wann einer zu schiessen begehrt.
Mit dieser Scheiben hat’s den Sinn,
Es waren gemacht zweyer drin,
Auch dartzu wardt gemalet dran,
Von Farben hiipsch ein halber Mann.»
Bei dem grossen Festschiessen zu Neisse in
Schlesien im Jahre 1612, welches «auf gnädigste
Anordnung Ihr. Fürstl. Durchl. Caroli, Ertzhertzogens
zu Oesterreich etc., Bischoffs zu Breszlau» abge-
halten wurde, schoss man nach einem hölzernen
Mann von 196 cm Höhe und 98 cm Breite; in dieser
Mannsscheibe war über dies ein Zirkel oder Spiegel
von 28 cm Halbmesser mit Farben eingezeichnet.
Der Mann hatte eine
«Gestalt wie ein Hussar
Mit lang krauss geflochtenem Haar.
Ein Tartsch in seinem Arm er führt,
Und dem ein Säbel angegiirt.»
Es wurden auf dieses Ziel von 171 Schützen je
drei Schuss gemacht, von denselben erreichten: 45
Schützen 3 Treffer, 63 Schützen 2 Treffer, 38 Schützen
1 Treffer und 25 Schützen keinen Treffer.3 4)
In Breslau wurde im Jahre 1611 ein Musketen-
schiessen nach einen fortziehenden türkischen Reiter
abgehalten; Schussentfernung 400 Ellen, beiläufig
234 m, 300 Schritte. Man konnte mit Lunten-,
Schwamm- oder Feuerschlössern schiessen, jedoch
musste jeder Schütze mit dem Seitengewehr und
Pantelier aufziehen und seine Muskete im Fortgehen
laden.
3) Lienhart Flexel, Das grosse Herrn-Schiessen zu
Ulm im Jahre 1556. — Scheible,. Das Schaltjahr. 1847.
4) Georgius Reutier, Schreiber im Zwinger, Aus-
führlicher, wahrer und gantz gründlicher Bericht des fürst-
lichen rechten Freischiessens zu «Neyss in Schlesien» am
21. Mai 1612. — Breslau 1612.
Zeitschrift für historische Waffenkunde.
II. Band.
1582 waren «alle gefährlichen und ungebührlichen,
öffentliche und heimliche Vorteile, so etwan an den
Büchsen gebraucht werden, gänzlich verboten, sonder-
lich aber alle geschraubten, gezogenen, gerissenen
oder dergleichen ungewöhnliche Rohr. Auch Rauch-
pfannen, gefiderte, gespaltene und geschliffene Ku-
geln, dessgleichen alle ungebürliche und unge-
bräuchliche Vortheil mit Riemen, Schnürren und
Griffen, und sollen auch die absehen schlecht mit
einem Löchlin oder schrenzlin, dem Zündloch gleich
stehen.»
Ferner war schon im Magdeburger Schützen-
recht und später in anderen Schützenordnungen die
Bestimmung enthalten, dass sobald ein Schütze in
den Stand getreten, diesen ein anderer Schütz nicht
«vexieren» oder «irren» durfte, sei es mit Schreien
oder auf sonstige Weise.
In den schon erwähnten Abbildungen der
Chronik von Edlibach ist auch die Zielstatt der
Büchsenschützen zu Zürich vom Jahre 1504 darge-
stellt. Fig. 8.
Hier . sind die Schiessstände bemerkenswert,
welche, den im Stande befindlichen Schützen vor
Fig. 9. Figuren-Scheiben beim grossen Herren-Schiessen
zu Ulm. 1556.
Störungen bewahren sollten, so wie dies in der
Schiessordnung gefordert wird. Man sieht ferner die
Zieler mit dem Zielerlöffel, die Scheibe an der
Wand, die Schreiber und einen Schützen mit einer
Gewinnstfahne; der Anschlag war augenscheinlich
an der Wange.
Ausser der Scheibe und dem zuerst erwähnten
Vogel gab es für das Übungsschiessen noch andere
Ziele.
In Breslau schoss man im Jahre 1566 nach
einem gemalten deutschen Hakenschützen, mit
Sturmhaube und Seitengewehr, aus Holz geschnitzt;
Schussentfernung 186 Schritte.1)
Im Jahre 1577 schoss man ebenda auf einen
«türkischen reitenden Kürissreiter hinter vier Püschen
aufgerichtet»; Schussentfernung 220 Schritte. «Ehe
man rennte, ritt eben auf solche Art in Küriss einer
auf einem braunen Ross hinaus hinter die Püsche
und verlor sich; da man nun die Scheibe zog,
meinten mancher, es wäre der Lebendige.»2)
4) Gomolky, III, 173.
2) Ebenda. 175.
Nach den Türkenkriegen wurde es üblich, auf
sogenannte Türkenziele zu schiessen; dieselben
waren von PIolz, massiv und stellten einen Türken
dar oder nur einen grossen Türkenkopf mit buntem
Turban, der auf eine Stange aufgesetzt wurde.
Beim grossen Plerrenschiessen zu Ulm im Jahre
1556 waren zwei Figurenscheiben in Verwendung,
ein Türke und ein Weib. Fig. g.s)
Der Augsburger Pritschenmeister Lienhart Flexel
giebt über dieselbe folgende Beschreibung:
«Ein altes Weib Hessens malen und machen,
Sie stund in einem schwarzen Rock
Und war angeheftet an einen Stock.»
F erner:
«Darnach man that einen Türken heraus, '
Der war bekleidt mit lauter Roth,
Wie er eim sein Kolben bot.»
Beim Büchsenschiessen zu Augsburg im Jahre
1587 wurde nach der Beschreibung des Pritschen-
meisters Caspar Lerff eine Scheibe verwendet, die
«Gieng Uber sich rauff von der Erdt,
Wann einer zu schiessen begehrt.
Mit dieser Scheiben hat’s den Sinn,
Es waren gemacht zweyer drin,
Auch dartzu wardt gemalet dran,
Von Farben hiipsch ein halber Mann.»
Bei dem grossen Festschiessen zu Neisse in
Schlesien im Jahre 1612, welches «auf gnädigste
Anordnung Ihr. Fürstl. Durchl. Caroli, Ertzhertzogens
zu Oesterreich etc., Bischoffs zu Breszlau» abge-
halten wurde, schoss man nach einem hölzernen
Mann von 196 cm Höhe und 98 cm Breite; in dieser
Mannsscheibe war über dies ein Zirkel oder Spiegel
von 28 cm Halbmesser mit Farben eingezeichnet.
Der Mann hatte eine
«Gestalt wie ein Hussar
Mit lang krauss geflochtenem Haar.
Ein Tartsch in seinem Arm er führt,
Und dem ein Säbel angegiirt.»
Es wurden auf dieses Ziel von 171 Schützen je
drei Schuss gemacht, von denselben erreichten: 45
Schützen 3 Treffer, 63 Schützen 2 Treffer, 38 Schützen
1 Treffer und 25 Schützen keinen Treffer.3 4)
In Breslau wurde im Jahre 1611 ein Musketen-
schiessen nach einen fortziehenden türkischen Reiter
abgehalten; Schussentfernung 400 Ellen, beiläufig
234 m, 300 Schritte. Man konnte mit Lunten-,
Schwamm- oder Feuerschlössern schiessen, jedoch
musste jeder Schütze mit dem Seitengewehr und
Pantelier aufziehen und seine Muskete im Fortgehen
laden.
3) Lienhart Flexel, Das grosse Herrn-Schiessen zu
Ulm im Jahre 1556. — Scheible,. Das Schaltjahr. 1847.
4) Georgius Reutier, Schreiber im Zwinger, Aus-
führlicher, wahrer und gantz gründlicher Bericht des fürst-
lichen rechten Freischiessens zu «Neyss in Schlesien» am
21. Mai 1612. — Breslau 1612.