Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]; Verein für Historische Waffenkunde [Mitarb.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde
— 2.1900-1902
Zitieren dieser Seite
Bitte zitieren Sie diese Seite, indem Sie folgende Adresse (URL)/folgende DOI benutzen:
https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0357
DOI Heft:
Heft 9
DOI Artikel:Potier, Othmar: Ein sonderbarer Mehrlader
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0357
g. Heft.
Zeitschrift fiir historische Waffenkunde.
339
Waffen, deren Herstellung in das Ende des 17. und
den Anfang des 18. Jahrhunderts fällt. Diese Art
Lagerung- der Munition beeinträchtigte jedoch die
Kriegsbrauchbarkeit derartiger Feuerwaffen arg, wegen
der dadurch bedingten Verschiebung des Schwer-
punktes; sie war auch für den Schützen selbst nicht
ganz ungefährlich, weil die Möglichkeit vorhanden
war, dass beim Losbrennen des Schusses der Feuer-
strahl in den Pulverbehälter hinübersprang und dort
eine Explosion hervorrief. Trotzdem verging eine
geraume Zeit, bis es endlich gelang, durch die Ver-
einigung mehrerer Patronen zu einem an das Gewehr
anhängbaren Bündel und Lagerung desselben in
Als ein sprechendes Beispiel dafür, wohin das
rücksichtslose Anbringen stets neuer Ladekammern
die Büchsenmacher führen musste, möge ein Gewehr
dienen, dessen Trommel nicht weniger als vierund-
zwanzig Schüsse fasst. Die Länge dieser Waffe, von
der Laufmündung bis zum Kolbenschuh gemessen,
beträgt 165 cm, wovon 110 cm auf den dünnwandigen
14 mm weiten und glatten Lauf entfallen. Die Länge
der automatisch drehbaren Trommel misst II, deren
Durchmesser 24 cm. Eine jede der vierundzwanzig
Ladekammern muss wie ein Vorderlader geladen
werden; die Zündung besorgen Zündhütchen. Das
Perkussionsschloss ist ausserordentlich kräftig ge-
den Unterschaft eine allen kriegstechnischen An-
forderungen entsprechende Waffe, den modernen
Mehrlader, herzustellen.
So nahe liegend eigentlich auch der Gedanke
war, die Feuerbereitschaft eines Gewehres dadurch
zu steigern, dass man sein Augenmerk auf die hand-
liche Lagerung der Munition in der Waffe richtete,
so hielt dennoch die Büchsenmacherkunst mit einer
schier unbegreiflichen hartnäckigen Zähigkeit an dem
Revolversystem fest und glaubte, die Feuerbereitschaft
einer Waffe wachse mit der Anzahl der Ladekammern
in der Trommel. Die Vermehrung der Ladekammern
bedingte jedoch ein Vergrössern des Durchmessers
der Trommel, welche dadurch immer schwerer wurde,
so dass endlich das hohe Gewicht der Waffe deren
Brauchbarkeit erheblich herabsetzte, wenn nicht gar
ganz aufhob.
baut, jedoch erfolgt das Spannen des Flintenhahnes
nicht selbstthätig.
So interessant diese Waffe1) vom technischen
Standpunkte auch ist, weil in ihr sich ein fast krank-
haft zu nennender Trieb nach hoher Feuerbereit-
schaft ausspricht, so muss sie der Praktiker dennoch
als eine recht verunglückte Spottgeburt bezeichnen:
Wiegt sie doch ungeladen 13 Kilo, welcher Umstand
ihre Verwendung zur Jagd auf Wasservögel, wozu
sie vermöge der Länge des Laufes wahrscheinlich
dienen sollte, wohl ausschliesst, wenn man sie sich
nicht als ein Riesenspielzeug in den Fäusten eines
modernen Goliat denken will.
*) Das Gewehr ist verkäuflich. Die Adresse des Eigen-
tümers desselben ist bei dem Verfasser aus Gefälligkeit zu
erfahren.
Zeitschrift fiir historische Waffenkunde.
339
Waffen, deren Herstellung in das Ende des 17. und
den Anfang des 18. Jahrhunderts fällt. Diese Art
Lagerung- der Munition beeinträchtigte jedoch die
Kriegsbrauchbarkeit derartiger Feuerwaffen arg, wegen
der dadurch bedingten Verschiebung des Schwer-
punktes; sie war auch für den Schützen selbst nicht
ganz ungefährlich, weil die Möglichkeit vorhanden
war, dass beim Losbrennen des Schusses der Feuer-
strahl in den Pulverbehälter hinübersprang und dort
eine Explosion hervorrief. Trotzdem verging eine
geraume Zeit, bis es endlich gelang, durch die Ver-
einigung mehrerer Patronen zu einem an das Gewehr
anhängbaren Bündel und Lagerung desselben in
Als ein sprechendes Beispiel dafür, wohin das
rücksichtslose Anbringen stets neuer Ladekammern
die Büchsenmacher führen musste, möge ein Gewehr
dienen, dessen Trommel nicht weniger als vierund-
zwanzig Schüsse fasst. Die Länge dieser Waffe, von
der Laufmündung bis zum Kolbenschuh gemessen,
beträgt 165 cm, wovon 110 cm auf den dünnwandigen
14 mm weiten und glatten Lauf entfallen. Die Länge
der automatisch drehbaren Trommel misst II, deren
Durchmesser 24 cm. Eine jede der vierundzwanzig
Ladekammern muss wie ein Vorderlader geladen
werden; die Zündung besorgen Zündhütchen. Das
Perkussionsschloss ist ausserordentlich kräftig ge-
den Unterschaft eine allen kriegstechnischen An-
forderungen entsprechende Waffe, den modernen
Mehrlader, herzustellen.
So nahe liegend eigentlich auch der Gedanke
war, die Feuerbereitschaft eines Gewehres dadurch
zu steigern, dass man sein Augenmerk auf die hand-
liche Lagerung der Munition in der Waffe richtete,
so hielt dennoch die Büchsenmacherkunst mit einer
schier unbegreiflichen hartnäckigen Zähigkeit an dem
Revolversystem fest und glaubte, die Feuerbereitschaft
einer Waffe wachse mit der Anzahl der Ladekammern
in der Trommel. Die Vermehrung der Ladekammern
bedingte jedoch ein Vergrössern des Durchmessers
der Trommel, welche dadurch immer schwerer wurde,
so dass endlich das hohe Gewicht der Waffe deren
Brauchbarkeit erheblich herabsetzte, wenn nicht gar
ganz aufhob.
baut, jedoch erfolgt das Spannen des Flintenhahnes
nicht selbstthätig.
So interessant diese Waffe1) vom technischen
Standpunkte auch ist, weil in ihr sich ein fast krank-
haft zu nennender Trieb nach hoher Feuerbereit-
schaft ausspricht, so muss sie der Praktiker dennoch
als eine recht verunglückte Spottgeburt bezeichnen:
Wiegt sie doch ungeladen 13 Kilo, welcher Umstand
ihre Verwendung zur Jagd auf Wasservögel, wozu
sie vermöge der Länge des Laufes wahrscheinlich
dienen sollte, wohl ausschliesst, wenn man sie sich
nicht als ein Riesenspielzeug in den Fäusten eines
modernen Goliat denken will.
*) Das Gewehr ist verkäuflich. Die Adresse des Eigen-
tümers desselben ist bei dem Verfasser aus Gefälligkeit zu
erfahren.