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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]; Verein für Historische Waffenkunde [Mitarb.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 10
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Sixl, P.: Zur Geschichte des Schiesswesens der Infanterie: Vortrag gehalten im militär-wissenschaftlichen Vereine zu Kaschau im Wintersemester 1900/01 (Schluss)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0398

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378

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

II. Band.

nider, als ob du ihm wolltest in die Schienbein
schiessen, und gegen Reuter dem Pferd recht in
die Brust zwischen die Bein, und dieses aus Ur-
sachen, dass ein Musquet im Losdrücken sich all-
zeit höher gibt mit dem stossen, wann sich das
Pulver zündet, und wann schon eine Kugel zu niedrig
käme, so hat sie doch ihren Effekt im aufgellen; —
so du den Feind auf die Brust markest, sollen die
Kugeln alle obenhin und zu hoch gehen, welches
oft gemerket ist; denn allzeit die Musquetirer
im Treffen zu hoch geschossen und kaum
der vierte Theil in
des Feindes Trup-
pen kommen.)
«Gewöhne auch
deine Truppen, dass
sie allzeit, wenn sie
anlegen, die Musquet
vorne gar niedrig sin-
ken lassen, als ob sie
in die Erde schiessen
wollten, welches dir
mächtigen Vortheil ge-
gen den Feind bringt».
Wallhausen lehrt
ferner das reihenweise
und das gliederweise
Schiessen in der ge-
schlossenen Abteilung;
dieselbe stand minde-
stens IO Glieder tief,
zwischen den einzelnen
Leuten im Glied war ein
Schritt Zwischenraum.
Beim «gliederweiss
Schiessen gab das vor-
derste Glied Feuer,
schwenkte um einen
oder beide Flügel her-
um und nahm als letz-
tes Glied Aufstellung,
worauf die Musquete
neuerdings geladen
wurde; beim Schiessen
in Reihen machten diese
die Front nach der angegebenen Seite und schwenk-
ten sodann ab.
Die geschlossene Abteiluug sollte befähigt sein,
das Feuer rasch nach vorwärts, oder nach rück-
wärts, oder nach einer der beiden Flanken abzu-
geben.
Der Schwerpunkt der Ausbildung wird dadurch
charakterisiert, «dass du sie wohl unterrichtest, dass
ein jeglich Glied sein Gewehr gleich abnehme,
gleich hoch halte, gleich fertig mache, gleich
anlege, gleich nebeneinander stehen, gleich einer
nach dem andern schiesse und so sie geschossen,
gleich die Musketen aufheben und widerumb
laden».

Diese Gleichheit war notwendig, da die Schützen
im Gliede wohl selbständig schiessen konnten, der
Zeit nach jedoch durch die Rücksicht auf das Front-
räumen beschränkt waren.
Bei der Abgabe der Generalsalve sollte fol-
gendes beobachtet werden: «Merke dir was ich mit
nachfolgenden Punkten meine, als erstlich mit dem
Wörtlein «Gleichschiessen», nicht dieses, dass die
Musquetirer gleich mit einander schiessen sollen,
sondern dass sie gleich einer nach dem andern
schiessen, als dass, wann der erste geschossen
hat, strax der andere,
einer nach dem andern,
doch nicht also, dass
es so langweilig fort-
gehe, sondern dass sie
in einer Geschwindig-
keit alle nach einander
schiessen, gleichsam
in einem Augenblick»,
«dass du gleichsam die
Schüsse hörest nachein-
ander krachen», «dass
musst du wohl merken
und deine Musquetirer
darzu gewöhnen, dass
sie allzeit einer nach
dem andern gleich
schiessen, welches dir
auch im Salve und an-
deren Gelegenheiten zu
Pass kommt und nicht
allein nützlich, sondern
auch zierlich ist.»
Das heutige Salven-
feuer ist demnach mit
der damaligen General-
salve nicht gleich; die
früheste Generalsalve
bestand im gleichzei-
tigen Abschiessen aller
Feuerwaffen, jedoch
ohne Kommando, und
hatte meist den Zweck,
den Beginn der Schlacht
anzuzeigen. Später wurde bei verschiedenen freu-
digen Anlässen in ähnlicher Weise Salve oder
Victoria geschossen; die Generalsalve der Spanier
bestand, so wie jene Wallhausens, nur in einem
schnellen Abfeuern der Gewehre, wobei immer
hervorgehoben werden muss, dass das Feuer in der
Abteilung nur gliederweise abgegeben werden konnte;
die heutige Salve entstand viel später.
Endlich verlangt Wallhausen sehr eindringlich,
dass in den rückwärtigen Gliedern immer möglichst
viele geladene Musqueten zur Feuerabg'abe bereit
stehen sollten, «denn, wann du verschossen, so
bist du geschlagen!» — ein lapidarer Grundsatz,
der heute noch für die Infanterie volle Geltung besitzt.
 
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