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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

DOI Heft:
Heft 11
DOI Artikel:
Reimer, Paul: Die Erscheinung des Schusses und seine bildliche Darstellung, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0418

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39§

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

II. Band.

stische der Schusserscheinung. Wer einmal bei
hellem Sonnenschein dem Schiessen aus schweren
Geschützen beigewohnt hat, wird den herrlichen
Anblick nie vergessen, den der mächtige Aufbau
der massenhaft hervorquellenden Qualmwolken
bietet, die, sich selbst beschattend, ein prachtvolles
Farbenspiel von blendendstem Weiss bis zum tiefen
Grau und Blau geben. Es ist recht schade, dass
sich die Maler bisher des Einzelschusses als wir-
kungsvolles Objekt auf Schlachtgemälden so wenig
angenommen haben.:!) Recht hübsch ist dem Zeich-
ner des in Abb. 7 wiedergegebenen, dem Werke
«Krupp’s Gussstahlfabrik von Prof. Müller entnom-
menen Bildes der Aufbau der Rauchwolke der mit
grosser Erhöhung feuernden 21 cm-Haubitze ge-
lungen. Eigentümliche Effekte verursacht der bei
niedriger Erhöhung des Geschützes am Erdboden
oder dem Wasser abprallende und auf diesem
dahinkriechende Rauch. Augenscheinlich beschleu-
nigt die Berührung mit dem kühlen Erdboden,
bezw. dem noch kühleren Wasser die Abkühlung
der heissen Pulvergase erheblich, ihr Ausdehnungs-
bestreben hört auf und die auf den Boden ge-

Abb. S.


schleuderte Rauchmasse folgt nur noch dem vom
Schuss erzeugten Luftzuge in langsamer Vorwärts-
bewegung.
Die Farbe des Rauches ist sehr wechselnd, ob-
wohl die Substanzen, aus denen er hauptsächlich
besteht, rein weiss sind. In auffallendem Licht,
besonders Sonnenlicht, erscheint der Rauch that-
sächlich weiss, in zerstreutem Licht etwas grau
(schmutzig-weiss), in durchfallendem Sonnenlicht
dagegen hell- bis schmutzig-gelb, mitunter sogar
bei dichten Rauchballen mit einem Stich ins Röt-
liche. Dies gilt aber alles nur für die kompakten
Rauchmassen dicht beim Geschütz. Zerteilt sich
dagegen der Rauch mehr, so bekommt er einen
mehr oder weniger stark hervortretenden Stich ins
Blaue, besonders bei durchfallendem Licht. Es
lässt sich diese Erscheinung vielleicht mit dem
Opalisieren sehr dünn verteilter weisser Nieder-
3) Erinnert sei hier an das Gemälde von W. van de
Velde d. J. «Der Kanonenschuss».

Schläge in Lösungen vergleichen. Möglich ist es
aber auch, dass die an der Luft sehr rasch ein-
tretende Oxydation des Pulverrückstandes und Ent-
stehung neuer Verbindungen auf den Wechsel der
Farbe des Rauches von Einfluss ist. Bei ruhigem
und feuchtem, sog. «dickem» Wetter lagern sich
vor der feuernden Artillerie .häufig die Qualm-
massen auf der Erde und hindern am Zielen, er-
freuen aber in den so entstandenen, unfreiwilligen
Gefechtspausen das Auge durch ein prachtvolles
Farbenspiel in blau und weiss.
Wohl zu beachten bei der Farbenerscheinung
des Pulverrauches ist der durch den Luftdruck des
Schusses bei geeigneter Aufstellung des Geschützes
aufgewirbelte Staub. Feiner Sand oder Ackerstaub
wird in solchen Fällen in ganzen Wolken aufge-
jagt, besonders bei den ersten Schüssen, so dass
der Pulverrauch unter Umständen von gelben oder
rötlichen Partien durchsetzt ist. Schwere, hinter


Brustwehren feuernde Geschütze wühlen in den-
selben durch den Luftdruck mit der Zeit ganze
Löcher und Scharten aus und selbst die solidesten
Schanzbekleidungen halten auf die Dauer nicht
stand.
Eine sehr wichtige Rolle bei der Gestaltung
der Rauchwolke, also auch der Sichtbarkeit der
Feuererscheinung, spielt der Wind. Derselbe kann,
wenn er beispielsweise von der Seite kommt, bei
genügender Stärke, indem er von dieser Seite dem
Ausdehnungsbestreben der Gase das Gleichgewicht
hält, eine vollkommen einseitige Ausbildung der
Rauchwolke veranlassen, so dass der Feuerstrahl
völlig sichtbar wird. Von der anderen Seite ge-
sehen verschwindet er in solchen Fällen natürlich
ganz. Dieser Umstand ist bei der Darstellung des
Schusses sehr wohl zu beachten. So brachte in
 
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