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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]; Verein für Historische Waffenkunde [Mitarb.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

DOI Heft:
Heft 11
DOI Artikel:
Reimer, Paul: Die Erscheinung des Schusses und seine bildliche Darstellung, [1]
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0419

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r. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

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einem der letzten Jahre die grosse Kunstausstellung
in Berlin ein Marinegemälde: ein grosser Panzer
fährt schräg nach rechts auf den Beschauer zu, ein
scharfer Wind treibt den Qualm der Schornsteine
heftig nach links und die beiden schweren Ge-
schütze des vorderen Turmes feuern, wie die Stel-
lung der Rohre zeigte, gerade voraus. In diesem
Falle konnte der Blitz der Schüsse unmöglich sicht-
bar sein und trotzdem ist er als gänzlich unverhüllte,
rote Zunge dargestellt! Bei leichtem stetigem
Winde bleibt die Rauchwolke eines Einzelschusses
vielfach zusammengeballt und wird langsam davon-
getragen, bis sie sich allmählich in einen blauen
Schleier auflöst. Ein solcher zwischen Bäumen hin-
durchziehender Rauchballen bietet einen herrlichen
Anblick, der von den Künstlern noch viel zu wenig
gewürdigt zu sein scheint.
Nicht zu übergehen sind bei Besprechung der
Rauchwolke zwei Erscheinungen besonderer Art.
Die eine, welche ziemlich
selten und anscheinend nur
bei kurzen gezogenen Roh-
ren mit starken Ladungen
auftritt, besteht darin, dass
der Rauch als wirbelnde /

bleien der Läufe zu verhindern, zwischen Pulver-
ladung und Geschoss in der Patrone eingeschaltet
war, die Ursache sein.
Bekannter und wesentlich häufiger, als die
obige Rauchsäule bei Geschützen, ist die Erschei-
nung des Rauchringes. Man kann sie sich in der
Weise erklären, dass im Augenblick, wo das Ge-
schoss das Rohr verlässt, ein Teil des Rauches
aus der ringförmigen Öffnung zwischen Mündung
und Geschossboden herausgetrieben wird und als


Fig. 7. Feuernde 21 cm-Haubitze.
(Aus: Müller, Krupps Gussstahlfabrik.)

Säule dem Geschoss bis in grosse Höhe folgt.
Wenn man eine Erklärung hierfür sucht, so
mag es die sein, dass sich unter besonderen
Umständen ein Teil der Ladung am Boden
des Geschosses zusammenschiesst und mit dem-
selben hochgenommen, erst in der Luft verbrennt.
Plierher gehört auch die Erscheinung, dass Infan-
terie-Geschosse (z. B. dasjenige des deutschen In-
fanterie-Gewehrs M/71) sehr häufig ihre Flug-
bahn durch einen deutlichen Streifen bläulichen
Rauches bezeichnen, der auf dem Scheibenstand
bis zur Scheibe reicht. In diesem Falle dürfte der
verbrennende Talgpropfen, welcher, um das Ver-

kompakter, wirbelnder Ring gen Himmel schwebt.
Das ist ganz plausibel — es tritt dieser Ring aber
auch bei blinden Schüssen auf und da passt die
Erklärung nicht, ausserdem zeigt er sich nicht bei
jedem Schuss. Die richtige Erklärung kam in
jüngster Zeit von anderer Seite. In Steiermark hat
man die Beobachtung gemacht, dass derartige
Ringe mit Sicherheit entstehen, wenn man ein
kleines, böllerartiges Geschütz durch einen aufge-
setzten Trichter von beträchtlicher Grösse verlän-
gert. Beim Schuss entstehen in dem Trichter durch
den Druck der in Richtung der Seelenachse am
schnellsten vorwärts bewegten Pulvergase Wirbel-
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