Ver fcfyiedenes
getan. Nid)t fo febr der Rokokozufcbnitt des
Koftüms und der ganzen Infzenierung ergab den
Kliderfprud), wie die gewiffe berbftbunte Duftig—
keit der Gründe. Man bat feiten beffere Malerei
auf dem Theater gefeben als diefe kräftig into-
nierten Landfcbaften, aber es war nicht Bübne
noch illufionierte Klirklicbkeit, verband fid)
nicbt den menfcblicben Gewalten und zu aller-
letzt der feineren, fpröderen, hintergründigeren
KlecbTelrede des dicbterifcben Spiels. — Völliges
Mißlingen febe ich bei den Bühnenbildern der
Baubausfcbüler F. Singer und F. Dicker, die
bei der „Truppe“ tätig find. Erklügelt bizarre
Koftüme, die jede Gefte erfticken, löandfcbirme,
deren Orament zwifcben abftrakter Aufgliede-
rung und gegenftändlicber Simplizität fcbwankt,
— Vordringlicbkeit, die dem Dichter die Erzeu-
gung des Stimmungsausdrucks fortfcbnappen
möchte, mit vielen Mätzchen jedoch nur eine
bunte ünftimmigkeit der Bühne zuwege bringt.
Ein Meifter des Baubaufes, O. Schlemmer,
foll anläßlich eines Dramas von Carl Fjauptmann
bei weitem Gültigeres gefunden haben. Schließ-
lich wäre auch gerade aus dem Kleimar des
phantaftifch-mufikalifch eingeftellten Konftruk-
tivismus die entfcbeidende Findung am el)eften
zu erwarten, wenigftens für die pathetifche und
die übermütige Bühne. Die bezieht jedoch vor-
läufig am liebften bei einem oberflächlichen Macher
wie Pircban eine plakathafte Modernität ohne
Majeftät wie ohne Klifz. Derfelbe kahle Aplomb
darf ftrengerer Dichtung fcbematifcb artikulierten
Aufbau und Monftre-Ausftattungs-Revuen ein-
fallslofe Prunkeffekte liefern. Diefe Kümmerlich-
keit erhellt befonders nach den Eindrüncke junger
ruffifcber Bühnengeftaltung, Cüäbrend der Bilder-
bogenftil des Ruffenkabaretts viel kopiert wird,
bemerkt man zunäcbft wenig Nachwirkung der
geiftreicben „Turandot“-Infzenierung durch das
Moskauer „III. Studio“. Im Gegenfalz zu Tai-
roffs faft Turngeräten gleichenden Konftruktionen
(vgl. „Cicerone“ 1923, S. 537) war hier mit ab-
ftrakten Formen ein unvergleichlich kapriziöfes
Drum und Dran ohne ein einziges Moment der
Starrheit gefchaffen.in fdjräg gebrochenen Stufen,
Baikonen, einem aus kubiftifcben Motiven bin-
angefchraubten Phantafieturm, in hundert ge-
blähten Seidenfegeln und bunten Klößchen. Das
Licht fpielte immer anders, die ganze luftige
Apparatur des Theaters tat kokett mit. Nichts
drückte auf die tänzerifcbe Scbwerlofigkeit und
Intermezzo-Anmut des Ganzen, und fo ergab
fid) die entzückende Arabeske einer denkbar
unethnologifchen Chinoiferie. — 3u den wenigen
Bühnenmalern, die ohne ftiliftifcb zugefpitjte
Mittel durch glaubhafte Verwirklichung des
Schauplatzes und zugleich durch fieberen räum-
lichen Ausdruck fowobl die Stimmung der dra-
matifeben Situation wie die Dynamik der Auf-
tritte voll unterftüjzen und überdies bildhafte
Eigenwerte mehr als dekorativen Ranges er-
bringen, zähle i<±) vor allem Rochus Gliefe.
Bei der denkwürdigen Geftaltung von Barlachs
„Der arme Vetter“, die ein Ruhmesblatt in der
Gefcbicbte des preußifchen Staatstheaters bleiben
wird, konnte er fich den 3eicbnungen des Dich-
ters anfcbließen. Da war die Nebelweite des
Dünenlands, die gefpenftifebe Beengtheit einer
Fjerberge, da war Fahlheit, ünerlöftbeit, Klirre
der Luft eingefangen. Ein andermal gab Gliefe
der „Minna von Barnhelm“ Morgenfrifcbe und
fonnige Fjelle, ohne feine Künfte je anzupreifen-
Die Treppen, Flure, die Fenfter zur Gaffe, —
alles war frohlebendig und blieb doch Archi-
tektur. — Ganz anders nimmt George Grosz
die Bühne: er binterfefzte die Auftritte in Kai fers
Szenenreihe „Nebeneinander“ mit Konturationen
eines Gefängniffes, Barveftibüls, Kitfehheims. Die
paar nüchtern- febarfen Angaben haben den
fpitzen Duktus, die ironifebe Bitterkeit feines
grapbifchen Stils, — find vergrößerte Graphik.
Aber die Schnöde geht über auf Dinge und
Menfcben, — der ifolierte häßliche Stuhl, der
frech gefpreizte Klubfeffel, duldende und unver-
febämte Geficbter find aus Einem mit diefen
magifeben, undekorativen Fragmenten und üm-
weltfetzen. — Es muß nicht der Maler fein, der
die ftarke Bühnengeftalt findet. Der Regiffeur
Karlheinz Martin gab den Akten Marlowes
felbft ganz ausgezeichnet konzentrierte, beberrfebt
arebitektonifebe Bildformen. Ein paar große
Falten, Stufen, Kuben fagten im Verein mit
energifeber Schattenführung alles böcbft ein-
drücklich, ohne je angefeboben, baukaftenbaft,
fteril zu wirken. In aller Abftraktion lebten
Klucbt und Verhängnis beroifeber Räume.
D ..rr , (Hilli HIolfradt.
Bruffel
Fjier hat fich eine „Nationale Vereinigung für
das Reproduzieren belgifcher Fjandfcbriften Und
Miniaturen“ gebildet, die fich zum 3iel fetzt, die
fcböriften Miniaturen und Fjandfdjriften durch
Nachbildungen von Liebhabern zugänglich zu
machen. 3uerft foll das in der kgl. Brüffeler
Bibliothek bewahrte Material herangezogen wer-
den. Die erfte Veröffentlichung foll aus einem
Klerk über die Gent-Brügger Miniaturiftenfcbule
befteben, mit dem Titel „Les Fjeures de Nolre
Dame“. Die einleitende Studie febrieb Jofeph
Deftree. F).
Paris
An der Sorbonne werden Vortragskurfe über
das heutige bolländifcbe Kunftleben veranftaltet.
Im Rahmen diefer Vorträge fprad) Prof. Roland
Fjolft, Amfterdam, über: „Die 3ielri<htungen der
holländifcben Gegenwartskunft“. Er fetzte fich
warm ein für das baukünftlerifcbe Schaffen der
heutigen Architekten, die den Geift der 3eit beffer
begreifen als die Maler; mit der Epoche der
Staffeleimalkunft, die als eine rein bürgerliche
zu gelten habe, fei es an und für fich zu Ende.
Dr. Berlage, den Fjaag, fprad) über den ratio-
57
getan. Nid)t fo febr der Rokokozufcbnitt des
Koftüms und der ganzen Infzenierung ergab den
Kliderfprud), wie die gewiffe berbftbunte Duftig—
keit der Gründe. Man bat feiten beffere Malerei
auf dem Theater gefeben als diefe kräftig into-
nierten Landfcbaften, aber es war nicht Bübne
noch illufionierte Klirklicbkeit, verband fid)
nicbt den menfcblicben Gewalten und zu aller-
letzt der feineren, fpröderen, hintergründigeren
KlecbTelrede des dicbterifcben Spiels. — Völliges
Mißlingen febe ich bei den Bühnenbildern der
Baubausfcbüler F. Singer und F. Dicker, die
bei der „Truppe“ tätig find. Erklügelt bizarre
Koftüme, die jede Gefte erfticken, löandfcbirme,
deren Orament zwifcben abftrakter Aufgliede-
rung und gegenftändlicber Simplizität fcbwankt,
— Vordringlicbkeit, die dem Dichter die Erzeu-
gung des Stimmungsausdrucks fortfcbnappen
möchte, mit vielen Mätzchen jedoch nur eine
bunte ünftimmigkeit der Bühne zuwege bringt.
Ein Meifter des Baubaufes, O. Schlemmer,
foll anläßlich eines Dramas von Carl Fjauptmann
bei weitem Gültigeres gefunden haben. Schließ-
lich wäre auch gerade aus dem Kleimar des
phantaftifch-mufikalifch eingeftellten Konftruk-
tivismus die entfcbeidende Findung am el)eften
zu erwarten, wenigftens für die pathetifche und
die übermütige Bühne. Die bezieht jedoch vor-
läufig am liebften bei einem oberflächlichen Macher
wie Pircban eine plakathafte Modernität ohne
Majeftät wie ohne Klifz. Derfelbe kahle Aplomb
darf ftrengerer Dichtung fcbematifcb artikulierten
Aufbau und Monftre-Ausftattungs-Revuen ein-
fallslofe Prunkeffekte liefern. Diefe Kümmerlich-
keit erhellt befonders nach den Eindrüncke junger
ruffifcber Bühnengeftaltung, Cüäbrend der Bilder-
bogenftil des Ruffenkabaretts viel kopiert wird,
bemerkt man zunäcbft wenig Nachwirkung der
geiftreicben „Turandot“-Infzenierung durch das
Moskauer „III. Studio“. Im Gegenfalz zu Tai-
roffs faft Turngeräten gleichenden Konftruktionen
(vgl. „Cicerone“ 1923, S. 537) war hier mit ab-
ftrakten Formen ein unvergleichlich kapriziöfes
Drum und Dran ohne ein einziges Moment der
Starrheit gefchaffen.in fdjräg gebrochenen Stufen,
Baikonen, einem aus kubiftifcben Motiven bin-
angefchraubten Phantafieturm, in hundert ge-
blähten Seidenfegeln und bunten Klößchen. Das
Licht fpielte immer anders, die ganze luftige
Apparatur des Theaters tat kokett mit. Nichts
drückte auf die tänzerifcbe Scbwerlofigkeit und
Intermezzo-Anmut des Ganzen, und fo ergab
fid) die entzückende Arabeske einer denkbar
unethnologifchen Chinoiferie. — 3u den wenigen
Bühnenmalern, die ohne ftiliftifcb zugefpitjte
Mittel durch glaubhafte Verwirklichung des
Schauplatzes und zugleich durch fieberen räum-
lichen Ausdruck fowobl die Stimmung der dra-
matifeben Situation wie die Dynamik der Auf-
tritte voll unterftüjzen und überdies bildhafte
Eigenwerte mehr als dekorativen Ranges er-
bringen, zähle i<±) vor allem Rochus Gliefe.
Bei der denkwürdigen Geftaltung von Barlachs
„Der arme Vetter“, die ein Ruhmesblatt in der
Gefcbicbte des preußifchen Staatstheaters bleiben
wird, konnte er fich den 3eicbnungen des Dich-
ters anfcbließen. Da war die Nebelweite des
Dünenlands, die gefpenftifebe Beengtheit einer
Fjerberge, da war Fahlheit, ünerlöftbeit, Klirre
der Luft eingefangen. Ein andermal gab Gliefe
der „Minna von Barnhelm“ Morgenfrifcbe und
fonnige Fjelle, ohne feine Künfte je anzupreifen-
Die Treppen, Flure, die Fenfter zur Gaffe, —
alles war frohlebendig und blieb doch Archi-
tektur. — Ganz anders nimmt George Grosz
die Bühne: er binterfefzte die Auftritte in Kai fers
Szenenreihe „Nebeneinander“ mit Konturationen
eines Gefängniffes, Barveftibüls, Kitfehheims. Die
paar nüchtern- febarfen Angaben haben den
fpitzen Duktus, die ironifebe Bitterkeit feines
grapbifchen Stils, — find vergrößerte Graphik.
Aber die Schnöde geht über auf Dinge und
Menfcben, — der ifolierte häßliche Stuhl, der
frech gefpreizte Klubfeffel, duldende und unver-
febämte Geficbter find aus Einem mit diefen
magifeben, undekorativen Fragmenten und üm-
weltfetzen. — Es muß nicht der Maler fein, der
die ftarke Bühnengeftalt findet. Der Regiffeur
Karlheinz Martin gab den Akten Marlowes
felbft ganz ausgezeichnet konzentrierte, beberrfebt
arebitektonifebe Bildformen. Ein paar große
Falten, Stufen, Kuben fagten im Verein mit
energifeber Schattenführung alles böcbft ein-
drücklich, ohne je angefeboben, baukaftenbaft,
fteril zu wirken. In aller Abftraktion lebten
Klucbt und Verhängnis beroifeber Räume.
D ..rr , (Hilli HIolfradt.
Bruffel
Fjier hat fich eine „Nationale Vereinigung für
das Reproduzieren belgifcher Fjandfcbriften Und
Miniaturen“ gebildet, die fich zum 3iel fetzt, die
fcböriften Miniaturen und Fjandfdjriften durch
Nachbildungen von Liebhabern zugänglich zu
machen. 3uerft foll das in der kgl. Brüffeler
Bibliothek bewahrte Material herangezogen wer-
den. Die erfte Veröffentlichung foll aus einem
Klerk über die Gent-Brügger Miniaturiftenfcbule
befteben, mit dem Titel „Les Fjeures de Nolre
Dame“. Die einleitende Studie febrieb Jofeph
Deftree. F).
Paris
An der Sorbonne werden Vortragskurfe über
das heutige bolländifcbe Kunftleben veranftaltet.
Im Rahmen diefer Vorträge fprad) Prof. Roland
Fjolft, Amfterdam, über: „Die 3ielri<htungen der
holländifcben Gegenwartskunft“. Er fetzte fich
warm ein für das baukünftlerifcbe Schaffen der
heutigen Architekten, die den Geift der 3eit beffer
begreifen als die Maler; mit der Epoche der
Staffeleimalkunft, die als eine rein bürgerliche
zu gelten habe, fei es an und für fich zu Ende.
Dr. Berlage, den Fjaag, fprad) über den ratio-
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