Jürgen Ovens
Von MAX SAUERL AND T
Mit vier Tafeln
In einer inhaltreichen Studie über die wirtfd)aftlid)en und kulturellen Beziehungen
der üleftküfte Schleswig-FJolfteins zu den Niederlanden hat Ernft George kürzlich1 2
alle bisher gewonnenen Refultate über die Frage zufammengeftellt. Im Mittelpunkt
diefer bis in die früheren gefd)id)tlichen Seiten zurückzuverfolgenden Beziehungen
fteht das Leben und Schaffen des hervorragenden nordelbifchen deutfchen Malers des
17. Jahrhunderts, der bisher weniger durch feine eigene Kunft, als durch feine etwas
problematifche Rembrandt-Sd)ü!erfchaft und den Einfluß, den er durch feine ülerke
auf den Nachfahren Jacob Äsmus Carftens gewonnen hat, unter uns bekannt war.
Diefe Lücke unferer Kenntnis ift jetjt durch das umfangreiche mit peinlichftem deut-
fchen Gelehrtenßeiß gearbeitete Buch über Jürgen Ovens, fein Leben und feine
ülerke von Barry Schmidt vollkommen ausgefüllt, das nun nach mehr als zehn-
jährigen vorbereitenden Forfchungen, allen Fjemmungen der Nachkriegszeit zum Erot§,
in einem ftattlidjen Quartband von 294 Seiten Cext mit 94 Cafelabbildungen von Ge-
mälden, Sßi^uungen und Radierungen, 12 Signaturen und 2 Schriftproben vorliegt.
Freilich handelt es fid) h!er nicht um einen Künftler von hohem abfoluten Range,
wohl aber um einen, der nach dem übereinftimmenden Seugnis der Mitlebenden
feiner 3eit in vollem Maße genug getan hat und weiter um einen Künftler, der —
nach Lebensftellung und ümfang feines künftlerifchen Schaffens — innerhalb der deut-
fchen Kunft des 17. Jahrhunderts vereinzelt dafteht
Mit Recht hat darum Schmidt das Bild, das er von dem lüirken des Künftlers
gezeichnet hat, in einen weiten Rahmen geftellt: über die Schilderung von Leben und
Kunft des Einen erweitert feine Darfteilung fid) zu einem Bilde der gefellfd)aftlid)en
Kultur in Norddeutfcßland in der Mitte des 17. Jahrhunderts — wobei nur das eine
zu bedauern bleibt, daß der Verfaffer es vorgezogen hat, die reichen Ergebniffe feiner
Studien zum großen Ceil in einzelnen, in fid) feßr gehaltreichen Exkurfen zu behandeln,
ftatt den gefamten reidjen Stoffe zu einheitlich fortlaufender Darfteilung zu ver-
arbeiten.
Jürgen Ovens ift im Jahre 1623 in Cönning geboren, im Jal)re 1678 in Friedrich-
ftadt geftorben. Schon nach diefen äußeren Lebensdaten gehört er fomit zu der Epi-
gonengeneration, unter deren Fjänden dm klaffifcße Malerei Fjollands die nationale Ge-
fdjloffenheit ihrer künftlerifchen Fjaltung verliert und durch Aufnahme von Einwirkungen
aus den füdlid)en Niederlanden, eine neue, aus verfdjieden gefärbten 3uflüffen ge-
mifdjte internationale, gemein-nordeuropäifd)e Kunftform entwickelt wird, als deren
englifcher Repräfendant Sir Peter Leig gelten kann, den Ovens vielleicht an Kultur
und Eleganz des malerifchen Vortrags nicht erreicht, im ümfang feines Stoffgebiets aber
pd)er überboten hat.
Denn wenn auch für unfere heutigen Begriffe die Bildniffe den wertvollften Ceil im
künftlerifchen Schaffen Jürgen Ovens’ bilden — neben ihnen ftel)en doch bedeutfam
feine zahlreichen, hiftorifchen, aliegorifchen und religiöfen Gemälde, in denen mehr als
in den nur nebenher und in Äusnahmefällen von van Dyck beeinflußten Porträts,
der ftiliftifcße Einfluß der füdlicßen Niederlande fpürbar wird.
Durch fem ganzes Leben hat Ovens in den engften Beziehungen zu Fjolland ge-
ftanden. Mehr als zehn Jahre der Jugend, die eigentliche Lehrzeit alfo, vom Ende
der dreißiger Jahre bis zum Jahre 1651, hat er dort gelebt: auch Schmidt hält, ohne
1 Jürgen Ovens. Sein Leben und feine CQerke. Ein Beitrag zur Ge[d)i<hte der niederländifdpen
Malerei im 17. Jabrbundert von öarry Schmidt. Selbftverlag des Verfaffers Dr. Barry Schmidt,
Kiel, Fjoltenauerftraße 78.
2 Nordelbingen. Beiträge zur F)eimatforfd)ung in Schleswig-Bolftein, Bara6urg und Lübeck
C. Flensburg 1923, S. 220—289.
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Von MAX SAUERL AND T
Mit vier Tafeln
In einer inhaltreichen Studie über die wirtfd)aftlid)en und kulturellen Beziehungen
der üleftküfte Schleswig-FJolfteins zu den Niederlanden hat Ernft George kürzlich1 2
alle bisher gewonnenen Refultate über die Frage zufammengeftellt. Im Mittelpunkt
diefer bis in die früheren gefd)id)tlichen Seiten zurückzuverfolgenden Beziehungen
fteht das Leben und Schaffen des hervorragenden nordelbifchen deutfchen Malers des
17. Jahrhunderts, der bisher weniger durch feine eigene Kunft, als durch feine etwas
problematifche Rembrandt-Sd)ü!erfchaft und den Einfluß, den er durch feine ülerke
auf den Nachfahren Jacob Äsmus Carftens gewonnen hat, unter uns bekannt war.
Diefe Lücke unferer Kenntnis ift jetjt durch das umfangreiche mit peinlichftem deut-
fchen Gelehrtenßeiß gearbeitete Buch über Jürgen Ovens, fein Leben und feine
ülerke von Barry Schmidt vollkommen ausgefüllt, das nun nach mehr als zehn-
jährigen vorbereitenden Forfchungen, allen Fjemmungen der Nachkriegszeit zum Erot§,
in einem ftattlidjen Quartband von 294 Seiten Cext mit 94 Cafelabbildungen von Ge-
mälden, Sßi^uungen und Radierungen, 12 Signaturen und 2 Schriftproben vorliegt.
Freilich handelt es fid) h!er nicht um einen Künftler von hohem abfoluten Range,
wohl aber um einen, der nach dem übereinftimmenden Seugnis der Mitlebenden
feiner 3eit in vollem Maße genug getan hat und weiter um einen Künftler, der —
nach Lebensftellung und ümfang feines künftlerifchen Schaffens — innerhalb der deut-
fchen Kunft des 17. Jahrhunderts vereinzelt dafteht
Mit Recht hat darum Schmidt das Bild, das er von dem lüirken des Künftlers
gezeichnet hat, in einen weiten Rahmen geftellt: über die Schilderung von Leben und
Kunft des Einen erweitert feine Darfteilung fid) zu einem Bilde der gefellfd)aftlid)en
Kultur in Norddeutfcßland in der Mitte des 17. Jahrhunderts — wobei nur das eine
zu bedauern bleibt, daß der Verfaffer es vorgezogen hat, die reichen Ergebniffe feiner
Studien zum großen Ceil in einzelnen, in fid) feßr gehaltreichen Exkurfen zu behandeln,
ftatt den gefamten reidjen Stoffe zu einheitlich fortlaufender Darfteilung zu ver-
arbeiten.
Jürgen Ovens ift im Jahre 1623 in Cönning geboren, im Jal)re 1678 in Friedrich-
ftadt geftorben. Schon nach diefen äußeren Lebensdaten gehört er fomit zu der Epi-
gonengeneration, unter deren Fjänden dm klaffifcße Malerei Fjollands die nationale Ge-
fdjloffenheit ihrer künftlerifchen Fjaltung verliert und durch Aufnahme von Einwirkungen
aus den füdlid)en Niederlanden, eine neue, aus verfdjieden gefärbten 3uflüffen ge-
mifdjte internationale, gemein-nordeuropäifd)e Kunftform entwickelt wird, als deren
englifcher Repräfendant Sir Peter Leig gelten kann, den Ovens vielleicht an Kultur
und Eleganz des malerifchen Vortrags nicht erreicht, im ümfang feines Stoffgebiets aber
pd)er überboten hat.
Denn wenn auch für unfere heutigen Begriffe die Bildniffe den wertvollften Ceil im
künftlerifchen Schaffen Jürgen Ovens’ bilden — neben ihnen ftel)en doch bedeutfam
feine zahlreichen, hiftorifchen, aliegorifchen und religiöfen Gemälde, in denen mehr als
in den nur nebenher und in Äusnahmefällen von van Dyck beeinflußten Porträts,
der ftiliftifcße Einfluß der füdlicßen Niederlande fpürbar wird.
Durch fem ganzes Leben hat Ovens in den engften Beziehungen zu Fjolland ge-
ftanden. Mehr als zehn Jahre der Jugend, die eigentliche Lehrzeit alfo, vom Ende
der dreißiger Jahre bis zum Jahre 1651, hat er dort gelebt: auch Schmidt hält, ohne
1 Jürgen Ovens. Sein Leben und feine CQerke. Ein Beitrag zur Ge[d)i<hte der niederländifdpen
Malerei im 17. Jabrbundert von öarry Schmidt. Selbftverlag des Verfaffers Dr. Barry Schmidt,
Kiel, Fjoltenauerftraße 78.
2 Nordelbingen. Beiträge zur F)eimatforfd)ung in Schleswig-Bolftein, Bara6urg und Lübeck
C. Flensburg 1923, S. 220—289.
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