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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Die Zeit und der Markt
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#0261

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Sammlungen
Neuerwerbungen moderner Kunft
von deutfdjen Galerien
Anläßlich der Aufteilung von 3eicßnungen und
Aquarellen von Felixmüller im Kronprinzen-
palais hat die Nationalgalerie eine Anzahl der
Blätter erworben.
Das Albertinum in Dresden erwarb von
Ernefto deFiori „bodeende Frau“, Stucco, und
von Fjermann baller „Büße Alfred Fiecßt-
heim“, die auch von den Galerien in Frankfurt,
Köln und iHien angekauft wurde.
VonRenee Sintenis erwarb die Kunfthalle
in Hamburg ihr „Selbftbildnis“, Bronze, das
Städelfche Inftitut in Frankfurt ein „Aus-
fcßlagendes Fohlen“.
Brügge
Die faft über die ganze Stadt verbreiteten Ge-
mälde flämischer Primitiven follen in einem Mu-
feum zufammengefaßt werden, an deffen Bau
demnächft gegangen werden [oll. Von den drei
großen Sälen diefes Mufeums follen zwei mit
mehr moderner Kunft gefüllt werden. b-
Brüffel
Das Schloß Gaasbeek bei Brüffel, welches
durch die Markife Arconati Visconti dem bel-
gifchen Staat zugeteilt wurde, ift jetjt amtlich
dem Befucße des Publikums freigegeben. Die
Kunftfammlungen des Schloffes enlhalten be-
kanntlich Klerke von van Dyck, Gobelins aus dem
16. Jahrhundert, bandfehriften von Rubens ufw.
London
An dieCate-Galerie wird ein Saal für mo-
derne Kunft angebaut, in dem vor allem die aus
dem Legat Samuel Courtauld erworbenen Stücke
untergebracht werden follen. Diefem Legat in
böhe von £ 50000 iß dieBeßimmung zugefügt,
daß es in erfter Linie zum Ankauf franzöfifeßer
Meißer aus dem Ende des lebten Jaßißunderts
verwendet werden foll. Bisher wurden mit b'lfe
des Legats erworben: Edgar Degas, „Jugend-
liche Spartaner bei ihren Leibesübungen“; Re-
noir, „Erfter Ausgang“; Manet, „Die Bockbier-
verkäuferin“ ; van Gogh , „Sonnenblumen“, „Der
Stuhl“, „Landfchaft mit 3ypreßen“. b*
Äusftellungen
Berliner Äusftellungen
Curtberrmann / Fritjbuf / GeorgeGrosz/
PaulUrban/Ärbeitsgemeinfcßaftdeut-
fcher bandwerkskultur
Eine Jubiläumsfdjau im Kronprinzenpalais
[teilte vor die höcßß überrafdjende Catfache,
daß der perfönlicß und durch die farbenfrohe
Lichtheit und [prüßende ünfeßwere feiner Kunß

fo jugendlich anmutende, in den Krifen und
Kämpfen der Sezeffion ftets als Patron und An-
walt der jungen und künftlerißh revolutionären
Kräfte entfeheidend hervorgetretene Gurt berr-
mann wahrhaftig am 1. Februar fiebzig Jahre
alt geworden ift. Die Ausftellung war vor allem
intereßant, weil fie [ich nicht begnügte, den ja
genügend bekannten führenden deutfeßen Neo-
imprefponiften fo zu repräfentieren, wie er es
bei [olchem Anlaß und ob feiner Einzigartigkeit
hierzulande zweifellos verdient hat, fondern zu-
rückgriff auf feine frühe, ganz und gar traditio-
nell gebundene Produktion, und das Schaufpiel
langfam-ßetigenSicßausbildens des bunten Punk-
tierftils aus der ihm konträren gedämpften und
braunen Gewichtigkeit der Anfänge gewährte.
Diefe Entwicklung erfeßeint bruchlos, fo langfam
ße ßch zunächß anließ, um erft den faß Fünfzig-
jährigen gegen 1900 zum Bekenner neuer Me-
thodik und zum kühnen Außenfeiter werden zu
laßen. Klir blutigen halten uns naturgemäß
gern zu den feft und ernß gehaltenen Männer-
bildnißen der neunziger Jahre, ßnd wohl befon-
ders empfänglich für das große Familienbild von
1892 in feiner etwas verfeßoßenen Freundlich-
keit des Kolorits wie der Attitüden oder für
jene malerifcß und darftellerifch pikanten Bildchen
(ein balbakt heißt „Caviar“), deren rafchelnde
Pointierung mitunter an H. v. Keller denken
laßen könnte. Seit 1895 der pchere Übergang
ins belle, in die farbige Analyfe, in die Eigen-
lebendigkeit der Klerte. Die Flächen erhalten
eine Art vertikaler Maferung, die Moleküle krib-
beln verhalten. Befonders kennzeichnend für
diefe Stufe ein opalifierender Schein, ein deli-
kates Durchglommenfeifi, ein gewißer Paßell-
charakter der Malerei, bemann, der fpäter
mehr die Richtung Signacs einhielt, kommt nun
vorübergehend Seurat nahe. 1905 iß die 3er"
fetjung in bunte Partikel bis zum konfequenten
Mofaik gediehen, aber die „Bauerndahlien“ diefes
Jahres ßnd noch recht greifbar in ihrer Form,
klar komponiert, aus kräftigen runden Punkten
zufammengefügt. Dann werden die Punkte
ßrießiger, ße fpringen filbrig wie kleine Fifche,
zugleich verliert das Kolorit jede Dämpfung,
ünd fcßließlich verwandelt [ich das Bild immer
mehr in einGeftrudelundGeftöberkomplementärer
Farben und Linienfchnüre, papageienhaft und
regenbogenbunt ausgeßrichelt, wie mit Stiften
fcßrafßert und mit funkelnden Fäden gepickt.
Alle Dunkelheit iß in tanzende, bisweilen etwas
klimpernde Cöne zerteilt, der Leinwandgrund
blickt immer ßäußger durch und trägt zur ele-
ganten Immaterialität des Ganzen bei. ttlas
einen heute befonders kritifcß machen muß, das
iß das Fehlen jeder anderen Kontinuität als der
des Kurvenfpiels, jeder [ubßanziellen Verbunden-
heit. Dies prickelnde Paillettenwerk bleibt ßäußg
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