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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Heise, Carl Georg: Alfred Mahlau
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#0381

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wer Maßlau kennt, [ein wahrhaft umfaffendes Äuge, [eine oft [kurilen Sprünge in gei-
ziges Neuland, die kaum zu bändigende Fülle [einer Einfälle, der fül)lt eben in diefer
beharrlichen Eingrenzung die Verantwortlichkeit gegenüber dem eigenen Calent und den
felbftgeftellten Aufgaben. Er möchte kein Abenteurer [ein, [ondern ein [icherer Eroberer
und weiß, wie leicht ein 3uviel das 3iel gefährdet. Ahnen aber läßt es pcß woßl, wo-
hin die Fahrt geht. In jungen Jahren hat er ein Buch illuftriert: [Halter Fjaricßs Babylo-
nifchen Curm. Diefe Lithographien find noch anfängerhaft bei aller Fülle der Geficßte;
wefentlid) reifer, ja von charakteriftifcher Bedeutung pnd die bald als Mappenwerk er-
[cheinenden phantaftifchen Landfcßaften, Federzeichnungen erdachter Begebniffe, aus-
gehend von einem feelifch erlebten Erdphänomen, das dann auch Menfcßen und Dinge
in Bann zieht. Sie beweifen, daß Maßlau, gerät er in den rechten Stoff, ein Illuftrations-
werk von grandios nachfehaffender Phantafie würde geftalten können. Neben dem Illu-
[trator [ehe ich den Bildnismaler ßeraufwaeßfen. Seine eigene Pßypognomie befcßäftigt
ihn unabläffig — von dort aus wird er, ift erft diefe bedrängendfte Aufgabe vorläufig
befriedigend gelöft, andere Geficßter [ich hinzu erobern; [eine Feldfoldaten-Bildniffe
weifen [eine Begabung aus. Neuerdings kündigt [ich auch der Maler an. Einzelne
großflächig hingefetjte Stilleben von [tarker klarer Farbigkeit, obgleich auch Pe noch
reine Aquarelle, ftehen in auffallendem Gegenfat* zu [einer bisherigen, immer noch ge-
heim der 3eid)nun9 verpflichteten Malermanier. Aber er braucht 3eit — und, gottlob,
nimmt [ie pcß — um feinem eigenen tHunfcßbild frei entgegenzureifen.
Auf einem Gebiet indes — es ift ein Nebenfcßößling [einer Begabung und er mag
nicht gern ihn zu wichtig angefehen wiffen, was indes des Kritikers [tärkere Betonung
nicht behindern darf — ift er feßon heute wahrhaft Meifter. Mahlau hat Gebrauchs-
graphik gezeichnet, die in Deutfcßland ihresgleichen fud)t, ganz unfchulmäßig, aber von
[icherer Beßerrfcßung der technifchen Vorausfefjungen, gleich weit entfernt von kunft -
gewerblicher Schablone wie von malerifchem Individualismus. Seine Erfolge knüpfen
[ich vor allem an die Entwürfe für Packungen, Plakate und Gefchäftspapiere der „Scßwar-
tauer Pralinenfabrik“ und der angegliederten „Mablo-CHerke“ (Marzipan). [Has hier
großzügige Initiative gewähren läßt, das wird — hier vernachläffige ich mit vollem Be-
wußtfein die Klarnungen vor den Gefahren allzu poßtiver Prophetie — früher oder
[päter weitefte Hlirkung tun. Auch hier berußt die eigene Fjandfcßrift auf der [eltenen
Verbindung von Pßantaftik und Sachlichkeit, feinfter Naturbeobachtung und ißrer peßeren
ornamentalen Verankerung. Nach außen hin hat ißn [ein wirkfames Plakat für die
„Nordifcße iXIoche“ am bekannteften gemacht. In letzter 3eit pnd Büßnendekorationen von
überrafeßender üüirkung hinzugekommen. Doch ein Eingehen auf diefe Seite [einer
Produktion bedingt eine Abhandlung für pcß allein.
Das alles [oll nießt heißen, daß hier Abgefcßloffenes, Gültiges vor uns [tände, das
[cßon heute ins helle Ließt allgemeiner Anerkennung krampfhap ßineingeriffen werden
müßte. Nicßts wollen diefe 3eilen weniger als einen rafeßen Modeerfolg Maßlaufcßer
Aquarelle vorbereiten. Daß pe abfeits ftehen und lange noch abfeits bleiben werden
in einer 3eit, die mit der Anerkennung Jüngfter wahrlich nießt zu geizen pßegt, das
ift die ßeßerfte Gewähr für ißre Bedeutung. Nur den Scßuljwall verpeßender, helfender
Freunde, deffen jede müßfam pcß [elber [ueßende Kunft bedarf, möchten pe fefter und
widerftandsfäßiger machen, jenen Scßutjwall, der unabhängig von der Not des täglichen
Dafeins und vom GQettlauf um den Cageserfolg. Diefer ßilfe ift Maßlaus zarte Kunft
meßr als andere bedürpig. Ob pe Luft und Freiheit pndet, ißre feinften Blüten zu ent-
falten, das wird ein 3ei<hen [ein für die Stärke unferes Verantwortungsgefühls. Denn
wir wipen es nur zu gut wie die Luft am Krapftrofeenden und Lauten, am Überftei-
gerten und Ungewöhnlichen nur bedingt war durch unfere eigene Schwäche, ünd fo
fetten wir, befinnlicß vor den Scßickfalsmäcßten, unfere Fjoffnung auf die Stillen im Lande.

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