Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

DOI Artikel:
Salmony, Alfred: Die Anfänge der Großplastik in China
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.41564#0417

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
tat der Wacßtpgur. 3eitf)nung des Fells und ornamentale Betonung des Gelenks find
miteinander verknüpft. Das Eier der Vafenbänder erfcßeint vergrößert und im Aus-
druck präzifiert.
Der Verfud), Plaftiken aus der des erften Weltreichs in China aufzuweifen,
fördert nur Cierdarftellungen zutage. Urfprünglicl) geladen mit der kosmologifcßen
Natur- und Weltdeutung, können fie zum Schmuck ausklingen. Aber meift bleibt das
Bedeutungselement fidjtbar. Diefe Cierfymbolik ift ältefter Bepts ganz Apens, ohne
daß Entlehnung angenommen werden muß. Die großen und einfachen Formen der
Lehre haben noch die ganze Weite und Selbftverftändlichkeit eines notwendig ge-
borenen Sinnbilds. Und wenn diefes wie eine Anfteckung gewandert fein follte, fo
wurde es jedenfalls aus Eigenem mit einem Körper, mit künftlerifcher Form, verfehen.
Der 3U9 der Linien, die Verteilung der Maffen, das Gleichgewicht des Aufbaus pnden
pch bis in die fpätefte 3^ bei gleichen Gegenftänden. Aber die dekorative Kunft
hat fpäterhin das Drohende zur leeren Grimaffe gefteigert, die Ausfdjmückung zum
Überwuchern gebracht, die Bewegung verzierlicht und fo dem Sinnbild die Größe
genommen. Eine fpäte Epoche hätte niemals darauf verzichtet, die Linien des Ciger-
mauls gefällig zu biegen, irgendwo Mähne zu kräufeln und das Gewaltige grotesk zu
machen (fomit entfällt für den Ciger [Abb. 2—4] die Ming-Datierung). Die Urfymbole
Chinas büßen fpäterhin ihre Einfachheit und Selbftverftändlichkeit ein. Der ßan-3eit
waren fie noch von ungeheuer pchtbarer Wirklichkeit, in jedem Gefchehen des üages
und Jahres beftätigt. Das menfchliche Dafein dem Gleichmaß und den Erfdjütterungen
ihres Ausgleichs nahezubringen, mußte höchftes 3iel der Lebensordnung fein. Wie die
frühe Skulptur pch diefem 3weck einfügte, fand V. Segalen: „La dominante est la
puissance physique, exprimee le plus souvent par des formes animales.“ Das Eier
fteht eben den dumpfen Geheimnipen des Gefchehens am nächften. Und fo wird es
geftaltet, bewegt oder ruhend, fern von jeder wirklichen Qaltung trotj aller Beobach-
tung im Einzelnen. Nur als Gefäß der Kräfte.


393
 
Annotationen