lomes Unterließ, die von Juwelen überfloffen, fonderbare, mehr pßilofopßifcße als piaftifche
Interpretationen der großen Gefd)id)ts- und Religionsmythen find, die fo viele Dichter
anregten, aud) Oskar tüilde, diefer Moreau war der befte Lehrer. Er war ein großer
Geift und gab feinen Schülern eine in unfern Gagen einzigartige Erziehung — was
ihnen alle jene Kühnheiten erlaubte, die fid) die Kunft unferer Gage herausnahm.
Äus diefer Plei'ade von Schülern des Guftave Moreau hebt fid) außer Matiffe ab
Linaret1, der ganz jung ftarb (an einem ßerzfd)lag, als er im Louvre Cimabue ko-
pierte), und deffen Klerk forgfältig von feinen Freunden aufbewahrt wird, dem Biblio-
thekar Martine von der Ecole des Beaux Arts, den Malern Kayfer und Leopold Levy.
Es offenbart uns den eigentlichen Vorläufer der heutigen Kunft. Neben ihm fteht
Rouault, den Moreau zum Konfervator feines Mufeums beftimmte.
Im Gegenfafe zu feinem Lehrer wandte Rouault fid) dem Leben zu. Aber diefes
Leben erfd)ien ihm wie ein Alpdruck, den er wie ein Fjellfeher malt, aber mit geradezu
wildem Peffimismus, der ihn einem Fjöllen-Breughel ähnlich macht. Er entnimmt dem
Leben die fcheußlichften Bilder und ftellt fie mit ungewöhnlicher plaftifcher Kraft dar.
Er geftaltet feine Formen durch ihr Relief auf ebener Fläche, indem er fie mit email-
lierten Gründen zufammenftimmt, fie in die feltenften 3ufammenklänge taucht. Die
menfd)lid)en Gypen, die er fchafft, erinnern durch die Kraft ihrer Charakterifierung an
Fjieronymus Bofd). Meift bedient er fid) des Aquarells, aus dem er einen nicht we-
niger prächtigen Stoff geftaltet wie fein Lehrer Moreau, der in Öl malte. Rouaults
Malerei ift fel)r graufam. Seine Bilder Chrifti, feine mit jenem grandiofen Sarkasmus
bloßgeftellten Richter, die wir bei Daumier bewundern, feine Dirnen, feine Köpfe, die
wie folche Maffakrierter ausfehen, die man auf den Jahrmarktbuden fieht, darin lebt eine
wahrhaft troftlofe Menfd)lid)keit. Aber der Maler formt feine Geftalten mit halluzina-
torifcher Kraft und macht fo fein außergewöhnliches Erleben der Gleit durchaus an-
nehmbar. Es wäre vielleicht traurig, mit diefen Spukgeftalten zufammenzuleben, die
dem gequälten Geifte Rouaults entfprangen, wenn diefe 3eugen eines gräßlichen Da-
feins uns nicht durch ihre große Glahrhaftigkeit gefangen nähmen. Denn es find keine
Karikaturen; es ift die Sprache eines vom Fjöchften trunkenen Myftikers. Aber id) ver-
hehle nicht, daß id) diefer qualvollen Kunft von Rouault die freudvolle eines Matiffe
vorzieße oder das kraftvollen Galent eines Derain oder Segonzac.
Erwähnt fei noch die Ausftellung des begabten Malers Andre ütter bei Marcel
Bernheim, die von Mainffieux, feinfühligen Künftler, bei Blot und bei Bernheim jeune
die von Yves Alix, einem Maler, dem es nicht an Kraft gebricht, der aber gern über-
treibt und fid) in einer hyperbolifd)en Ausdrucksweife gefällt. Alix liebt Daumier, den
Abgott aller jungen Maler von heute, und er äußert fid) in einem Stil, der ihn zum
3citgenoffen von Derain, Segonzac und Gromaire macht — nicht zu vergeffen
auch Luce, der alte Genoffe von Seurat und Signac, der Freund Piffarros. Sein Glerk
ift bei Durand Ruel ausgeftellt. Es gehört einer andern Generation an, aber es ge-
nießt die Achtung der Jungen.
3ur Jahrhundertfeier Gericaults \)at der FJerzog von Grevife viele Gemälde diefes
genialen, fel)r jung verdorbenen Malers in der Galerie Charpentier vereint. Glir wer-
den darauf in einem befonderen Auffatj zurückkommen, ebenfo auf die Ausftellung
von Degas bei Georges Petit, die Gemälde aus allen Epochen, 3eid)nungen, Paftelle
und Skulpturen umfaßt. Überf. E. tü.
1 Linaret war es, der mit feinen geringen Mitteln für 150Frs. ein kleines Bild und für50Frs.
ein Aquarell Cezannes erwarb. Diefe Arbeiten offenbarten, vor faft 30 Jahren, den Schülern von
Guftave Moreau die Kunft Cezannes. Die wenigen Bilder und 3eid)nungen, die id) von Linaret
zu fehen Gelegenheit hatte, laffen einen Künftler erkennen, der ganz in den Spuren der Renaif-
fancemeifter wandelte, aber eine fehr moderne Grundlage in fid) trug, die ihren Ausgang von De-
lacroix und Daumier nahm.
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Interpretationen der großen Gefd)id)ts- und Religionsmythen find, die fo viele Dichter
anregten, aud) Oskar tüilde, diefer Moreau war der befte Lehrer. Er war ein großer
Geift und gab feinen Schülern eine in unfern Gagen einzigartige Erziehung — was
ihnen alle jene Kühnheiten erlaubte, die fid) die Kunft unferer Gage herausnahm.
Äus diefer Plei'ade von Schülern des Guftave Moreau hebt fid) außer Matiffe ab
Linaret1, der ganz jung ftarb (an einem ßerzfd)lag, als er im Louvre Cimabue ko-
pierte), und deffen Klerk forgfältig von feinen Freunden aufbewahrt wird, dem Biblio-
thekar Martine von der Ecole des Beaux Arts, den Malern Kayfer und Leopold Levy.
Es offenbart uns den eigentlichen Vorläufer der heutigen Kunft. Neben ihm fteht
Rouault, den Moreau zum Konfervator feines Mufeums beftimmte.
Im Gegenfafe zu feinem Lehrer wandte Rouault fid) dem Leben zu. Aber diefes
Leben erfd)ien ihm wie ein Alpdruck, den er wie ein Fjellfeher malt, aber mit geradezu
wildem Peffimismus, der ihn einem Fjöllen-Breughel ähnlich macht. Er entnimmt dem
Leben die fcheußlichften Bilder und ftellt fie mit ungewöhnlicher plaftifcher Kraft dar.
Er geftaltet feine Formen durch ihr Relief auf ebener Fläche, indem er fie mit email-
lierten Gründen zufammenftimmt, fie in die feltenften 3ufammenklänge taucht. Die
menfd)lid)en Gypen, die er fchafft, erinnern durch die Kraft ihrer Charakterifierung an
Fjieronymus Bofd). Meift bedient er fid) des Aquarells, aus dem er einen nicht we-
niger prächtigen Stoff geftaltet wie fein Lehrer Moreau, der in Öl malte. Rouaults
Malerei ift fel)r graufam. Seine Bilder Chrifti, feine mit jenem grandiofen Sarkasmus
bloßgeftellten Richter, die wir bei Daumier bewundern, feine Dirnen, feine Köpfe, die
wie folche Maffakrierter ausfehen, die man auf den Jahrmarktbuden fieht, darin lebt eine
wahrhaft troftlofe Menfd)lid)keit. Aber der Maler formt feine Geftalten mit halluzina-
torifcher Kraft und macht fo fein außergewöhnliches Erleben der Gleit durchaus an-
nehmbar. Es wäre vielleicht traurig, mit diefen Spukgeftalten zufammenzuleben, die
dem gequälten Geifte Rouaults entfprangen, wenn diefe 3eugen eines gräßlichen Da-
feins uns nicht durch ihre große Glahrhaftigkeit gefangen nähmen. Denn es find keine
Karikaturen; es ift die Sprache eines vom Fjöchften trunkenen Myftikers. Aber id) ver-
hehle nicht, daß id) diefer qualvollen Kunft von Rouault die freudvolle eines Matiffe
vorzieße oder das kraftvollen Galent eines Derain oder Segonzac.
Erwähnt fei noch die Ausftellung des begabten Malers Andre ütter bei Marcel
Bernheim, die von Mainffieux, feinfühligen Künftler, bei Blot und bei Bernheim jeune
die von Yves Alix, einem Maler, dem es nicht an Kraft gebricht, der aber gern über-
treibt und fid) in einer hyperbolifd)en Ausdrucksweife gefällt. Alix liebt Daumier, den
Abgott aller jungen Maler von heute, und er äußert fid) in einem Stil, der ihn zum
3citgenoffen von Derain, Segonzac und Gromaire macht — nicht zu vergeffen
auch Luce, der alte Genoffe von Seurat und Signac, der Freund Piffarros. Sein Glerk
ift bei Durand Ruel ausgeftellt. Es gehört einer andern Generation an, aber es ge-
nießt die Achtung der Jungen.
3ur Jahrhundertfeier Gericaults \)at der FJerzog von Grevife viele Gemälde diefes
genialen, fel)r jung verdorbenen Malers in der Galerie Charpentier vereint. Glir wer-
den darauf in einem befonderen Auffatj zurückkommen, ebenfo auf die Ausftellung
von Degas bei Georges Petit, die Gemälde aus allen Epochen, 3eid)nungen, Paftelle
und Skulpturen umfaßt. Überf. E. tü.
1 Linaret war es, der mit feinen geringen Mitteln für 150Frs. ein kleines Bild und für50Frs.
ein Aquarell Cezannes erwarb. Diefe Arbeiten offenbarten, vor faft 30 Jahren, den Schülern von
Guftave Moreau die Kunft Cezannes. Die wenigen Bilder und 3eid)nungen, die id) von Linaret
zu fehen Gelegenheit hatte, laffen einen Künftler erkennen, der ganz in den Spuren der Renaif-
fancemeifter wandelte, aber eine fehr moderne Grundlage in fid) trug, die ihren Ausgang von De-
lacroix und Daumier nahm.
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