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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Edschmid, Kasimir: Die Darmstädter Sezession
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#0670

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einige feh>r klare, nid)t kubifcße, aber dod) plaftifcß gefeßene Bilder ausgeftellt. Bei
Keil i[t diefe graziö[e Starre oßne 3weifel eine Pau[e, ein Atemholen, ein Befinnen, ja
vielleicht nur ein fpielerifcßer Verfucß. Aber diefe üatfacße i[t da und hat damit ihren
Sinn. Fjier iTt Ruhe und in dem Suchen der üiefe jene Fjarmonie und Klarheit, die
auch im Barock, im verfcßwenderifchften und wildeften Barock die ßand Gottes ift.
Die Sammlung der Bilder des dreiundzwanzigjäßrig verftorbenen Darmftädter Jakob
Kahn ift mehr als eine Gefte der Pietät. In diefem Maler braufte das Malerifche ohne
3weifel. Seine Jugend fucßte nach Ausblicken. Er fand fie der Reihe nach in Gunfcß-
mann, van Gogh, Macke und den Franzofen. Er ward nicht fertig, was heute das
fchwierigfte ift, weil alles zugänglich ift. Man kann bei diefen Begabungen, die mit
der zweiten (Helle des Expreffionismus ankamen, nur die Inhalte prüfen, um Diagnofen
zu ftellen. Denn die Führer hatten nicht nur zu malen, fondern auch den neuen (Heg
zu finden, was auch genial ift. Diejenigen hinter ihnen haben nur zu malen. In der
Cat hat manchen es den Ruhm gekoftet, daß er fünf Minuten zu fpät vor den Schranken
des Ruhms ankam. Diefer Kahn wäre ohne alle 3weifel zum mindeften ein fehr tüch-
tiger Maler geworden. Er hatte Calent, Frifche und vor allen Dingen jene Luft am
Malen, welche in der Dichtung etwa dasfelbe wie die Luft am Fabulieren ift.
Der Sezeffion gehören noch an der Baden-Badener Arthur Grimm und Reinhold
Ewald aus Fjanau. Grimm ift einer der beften Crübner-Schüler, was ihn lange be-
laftete. Es gab ihm die Fähigkeit, mehr zu können als die meiften modernen Maler.
Sein unruhiges Cemperament blieb nicht im breiten Strich des Meifters, fondern fucßte
feinen eigenen Stil. Diefer ausgezeichnete (malerifche) Maler fteht bei einer eigenen
Fjandfcßrift, die zwifcßen den franzöfifcßen Landfehaftern und Beckmann liegt. Das heißt
zwifcßen lockerer Peinture und harten Porträts, zwifcßen Bauer und (Heitmann, kurz,
vollkommen badifcß in modernem Sinn. Der Fjanauer Ewald ßat oft gezeigt, daß er
einer der beften deutfeßen Maler ift. (Has man feine Manier nennt, ift tatfäcßlicß
eigener als Beckmanns mittelalterliche Anlehnungen. Bei Ewald gefriert das heutige
Leben zu bizarren aber großzügigen Formen. Icß zweifle Hießt, daß feine Mannes-
jaßre diefe Malerei zu feßöner Üppigkeit lockern werden. Seine 3eicßnungen, die man
Hießt kannte, beweifen auch einen Illuftrator vom beften Rang. Überall Arbeit, Ge~
wiffenßaftigkeit, Fleiß und Müße zur Vertiefung und zur Rundung. Arbeit in der
Provinz. Alfo Arbeit oßne viel Ehrgeiz, aber mit feßr viel Anftand. Das find die
pofitiven Eindrücke. Fjinzu kommt noeß etwas anderes; eine gewiffe Befcßeidenßeit,
ein Mangel an Größenwahn, der im heutigen Deutfcßland faft erfeßütternd ift.


Ernft Moriß Engert. Hlbert Steinrück.
Scßerenfcßnitt.
 
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