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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Die Zeit und der Markt
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#1190

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Neue Büd)er

Fülle wichtiger Kommentare und Ergänzungen
beigefteuert hat.
Der Verlag hat dem Buch eine reizvolle Form
gegeben und durch zahlreiche Cafelbeigaben
auch die Kunft die [es Malers unferem Bewußt-
fein wieder nahegebracht. Biermann.
vDie Passion Christi“, gedruckt und heraus-
gegeben durch die Werkgemeinschaft Worps-
wede. Ein gestochenes, monumentales Buch-
werk mit 34 Tafeln Bild und Schrift. Platten-
größe 32X37,5 cm; Text, Bilder und Orna-
mentschmuck von Carl Emil Uphoff,
Schriftentwurf und -komposition von Ludwig
Tügel, Stich von Carl Emil und Fritz Up-
hoff. Vorsatzpapier mit gestochenem Orna-
ment. Schwerer Pergamenteinband mit per-
gamentener Schutzhülle. Auflage: höchstens
75 Exemplare, davon eine kleine Anzahl in illu-
minierter Ausführung.
Diefes Buch, deffen Erfcheinen ich bereits vor
zwei Jahren mit der Bemerkung ankündigte,
daß es eines der [chönften Güerke der deutfchen
Buchkunft zu werden verfpreche, liegt nun in
den erften Exemplaren (die ganze Äuflage i|t
nur allmählich herftellbar) vollendet vor. Ich
darf angeßchts des (unter Überwindung von
größten Schwierigkeiten) feriiggeftellten tüerkes
mein damals nach Einßd)t in die erften Blätter
abgegebenes ürteil aufrechterhalten. —
Die glänzende Entwicklung der typographi-
fchen Kunft in den lebten 30 Jahren hat feine
Grenzen in der mehr oder weniger großen Uni-
formität des gedruckten Cextes. Die Gefehlte
der Schrift lehrt immer wieder, daß man zur
Neubelebung der Druckfdbrift auf die I)andfd)rift
und das manuell l)erge]te\\te (radierte oder in
Kupfer geftodßene) Buch zurückgegriffen hat. Es
ift lediglich ein banaußfeher Nü§lid)keitsftand-
punkt, wenn man behauptet, daß heute, wo wir
die Möglichkeit des fchnellen typographifeßen
Druckverfahrens haben, das ßandfcßriftliche oder
fonft manuell ßergeftellte Buch nicht mehr am
Platte fei. Gerade diefes neuefte tüerk der ülerk-
gemeinfehaft öüorpswede, das unter großen
Mühen und in langer ,3eit ganz in Kupferßicß
ßergeftellt ift, zeigt, welche ungeahnten Entwick-
lungsmöglichkeiten das vom Künftler felbft in
einem einzigen Vorgänge ßergeftellte Buch in
fid) trägt. Id) glaube, nicht zu viel zu fagen,
wenn ich behaupte, daß die in der ülerkgemein-
feßaft Klorpswede zufammenwirkenden Künftler
(Carl Emil üpßojf, Fril} Uphoff, Ludwig Cügel)
durch ihre Paffion Cßrifti einen bedeutenden
Ceil zur Wiederbelebung einer wirklich feßöpfe-
rifchen Buchkunft beigetragen haben.
Werke wie das „Marienleben“ (erfd)ienen 1921)
und die „Biblifchen Köpfe“ (1923) vereinigen alle
Vorzüge der fjandfd)rift: die Freiheit der Scßrift-
geftaltung und Cextkompoßtion, des Ornament-
und Initialfchmucks, fowie der farbigen Hus-

fd)mückung (Illumination einfchließlid) der reich-
ten Verwendungsmöglichkeit des Goldes) in fiel)
und find doch auch Bud)werke in dem Sinne,
daß ße in größerer Hnzaßl reproduziert werden
können.
Ein Buchwerk wie die „Paffion Cßrifti“, ob
nun fd)warzweiß oder illuminiert, ift rnit feiner
fakralen Haltung uncj Bedeutung eine Quelle
des edelften Genuffes für den Freund echter
Buchkunft und zugleich eine wahre Fundgrube
für diejenigen, die ßd) wiffenfchaftlid) oder prak-
tifch mit bud)künßlerifd)en Problemen befcßäf-
tigen. In ihm ift die Schrift nicht erßarrte Cype,
fondern geichen voll von innerer Bedeutung,
und das Ornament ift nicht lediglich feßmücken-
des Beiwerk, fondern ein aus dem Cexte zwar
erwachfenes, aber durchaus felbftändiges Gebilde
voller Geift und Leben. In diefem Werke ift
wirklich, wie ich es von einem feinpnnigen
Laien ausdrücken hörte, die Vereinigung des
Fjandwerks mit dem Geifte der Kunft gelungen,
und man kann es alfo als ein Kunftwerk im
waßrßen Sinne werten. Rodenberg.
Johann Winckelmann, Vom Ursprung der
Kunst.
Ascanio Condivi, Das Leben des Michel-
angelo.
Philipp Otto Runge, Betrachtungen über
Kunst und Leben.
Kleine Schriften zur Kunst. Neudrucke der
Frankfurter Kunstgewerbebibliothek, heraus-
gegeben von Walter Schürmeyer. Frank-
furter Verlagsanstalt A.-G. Frankfurt a. Main
1924.
Walter Schürmeyer, der Bibliothekar der Frank-
furter Kunftgewerbebibliotßek, hat ßd) wieder
als ßndiger Kopf erwiefen. Durch die Husgabe
diefer literarifchen Neudrucke fud)t erklingende
Münzen in den leeren Beutel der Kunftgewerbe-
bibliothek zu zaubern, um unumgängliche Bücßer-
neuanfehaffungen tätigen zu können. Die Ver-
breitung der vorliegenden billigen Büchlein in
Cafcßenformat ift alfo fd)on aus diefen Gründen
zu wünfehen.
Huch dem geiftigen Inhalt nach iß diefe Hn-
fchaffung wertvoll. Wenn Winckelmanns Deß-
nitionen uns zeitgefchichtlid) interefßeren, fo ift
uns Condivis Biographie ans Fjerz gewachfen
wie ein heiliges Vermächtnis. Runges „Betrach-
tungen über Kunß und Leben“ aber erßaunen
und entzücken wegen der Lauterkeit ihrer Ge-
ßnnung und der Spannweite ihres romantifeßen
Weltgefüßls. „Wenn der Fjimmel über mir von
unzähligen Sternen wimmelt, der Wind fauß
durch den weiten Raum, die Woge bricht fid)
braufend in der weiten Nacht, über dem (Halde
rötet ßd) der Äther, und die Sonne erleuchtet
die Welt; das Cal dampft und id) werfe mich
im Gras unter funkelnden Cautropfen hin, jedes
Blatt und jeder Grashalm wimmelt von Leben,

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