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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Bombe, Walter: Eine Pietà von Piero di Cosimo in der Pinakothek zu Perugia
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#1203

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Eine Pieta von Piero di Cosimo in der

Von WALTER BOMBE
Mit einer Tafel

zu Perugia


nter den Neuerwerbungen der Peruginer Pinakothek nimmt das hierneben abge-


bildete Gemälde unftreitig den höchften Rang ein. Es [tammt aus dem Befife

eines ßerrn Angelo Antonio Cesqui in dem weltentlegenen Dorf Abeto di Preci
bei Norcia und wurde durd) die „Iostra d’Arte antica Umbra“ in Perugia 1907 be-
kannt. Die 3ufd)reibung des Bildes an Piero di Copmo geht auf mid) zurück. Ich
war damals als einziger Ausländer Mitglied des ausführenden Komitees der Ausftellung
und wirkte bis zur Eröffnung derfelben im April 1907 an den vorbereitenden Arbeiten
mit. Alsdann riefen mich dringende Amtsgefd)äfte an das Kunßhiftorifche Inftitut in
Florenz zurück. Einige Monate fpäter, im Juli 1907, erfd)ien der von Prof. Giulio
Urbini beforgte Katalog der Ausftellung, in welchem das Gemälde der Schule Spagnas
gegeben wurde, was wohl nur eine Verlegenheits-3ufd)reibung war. Adolfo Venturi
veröffentlichte es als ÜUerk des Bartolommeo della Gatta1, E. Mafon-Perkins als eklek-
tifches (Uerk eines fpäten Nachzüglers aus dem Kreife Perugino-Spagna2, und ich im
Mai-Juniheft 1907 der Peruginer 3eitfd)rift „Augufta Perufia“ als Arbeit des Piero di
Copmo3. Unter diefem Namen ift es jet^t auch ausgeftellt.
Gegenftand der Darftellung ift die Pieta. Von links oben einfallendes Licht beleuchtet
den Körper des toten Heiland, auf deffen Stirn die Dornen ihre Spuren hmterlaffen
haben, und der, nur mit einem Schamtuch bekleidet, von drei Perfonen gehalten und
geftüßt wird. Maria in der Mitte, mit den 3ügen einer Greipn, auf deren Scpoß der
Körper Chrifti ruht, hebt ihre wunderbar durcpgeiftigten Hände empor, wie zum Gebet.
Um Kopf und Hals hat fie ein weißes Schleiertuch gebreitet; darüber liegt der dunkel-
grüne Mantel, der mit goldener Borte befeßt ift, auf der Bruft das dunkle Kleid frei
läßt, und, bis auf die Erde herabfallend, felbft die Füße verdeckt.
3ur Linken hält den Kopf des Coten der kniende Johannes Evangelifta. Seine
Rechte ftüfet liebevoll das zurückfinkende Haupt, die Linke den willenlofen Körper. Sein
tränenfeuchter Blick wendet pd) empor zur Madonna. Braunes fd)lid)tes Haar fällt ipm
reich auf die Schulter. Sein Mantel, der über die linke Schulter gelegt ift und die
rechte Körperfeite fowie den vorgefetjten rechten Fuß frei läßt, ift von hell kirfdjroter
Farbe. Sein dunkelblaues Gewand hat am Hälfe einen goldenen Saum, und eine gelbe
Schärpe zieht pd) von der linken Schulter über den rechten Oberarm. Vor ihm liegen
auf Gras und Blumen Hammer und 3ange.
Die gleichfalls kniende Maria Magdalena rechts, durd) das vor ihr auf der Erde
ftehende Salbennäpfchen gekennzeichnet, faßt mit beiden Händen die Füße des Uoten,
auf denen ihr Blick ruht. Von ihrem glänzenden, welligen, dunkelblonden FJaar fallen
zwei Strähnen vorn über die Bruft. Sie ift in ein dunkelgrünes Gewand gekleidet,
deffen an der Schulter gefehlte Ärmel einen Streifen des weißen Hemdes erkennen
iaffen. Ißr roter Mantel, von etwas dunklerer Färbung als der des Johannes, ift über
die linke Schulter gelegt und läßt die rechte Körperhälfte frei.
Im Hintergründe erhebt pd) über dem Haupte der Madonna die Scpädelftätte, ein
kapier, brauner Berg, auf deffen Gipfel neben den drei leeren Kreuzen zwei Männer
tUacFje halten. Links und rechts neben dem Hügel Golgatha blicken wir in die Ferne:
1 Arte 1907, Heft 6.
2 Rassegna d’Ärte, Milano, Ägosto 1907.
3 tüalter Bombe, „tlna Pieta di Piero di Cosimo“, in „Augufta Perupa“, Maggio-Giugno 1907,
p. 88-89. ügl. auch) meinen Äuffatj über die Moftra d’Ärte antica dmbra im Repetorium für
Kunpwiffenfchaft, Bd. 30, p. 469—79, der ein kritifeper Kommentar des Kataloges Urbinis iß.
Meine 3uf<hreibung ift dann von Umberto Guoli in feinem öüerk über die Änßellung (Bergamo,
Istituto Italiano d’Ärti Grapctje, Bergamo 1908) angenommen worden.

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