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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Raeber, Willi: Alfred Heinrich Pellegrini
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#1211

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Man ift verfucht, angefichts der Landfdjaften und Figurenbilder die Vorfahren Pelle-
grinis unter den Romantikern zu fucfyen. Es ift Eichendorfffche Romantik in feiner
Natur, in der Liebe zum tOald, zu der Stille des GCIaldes. Der Name Mori^ von
Schwind drängt fid) auf. tüie eine neue Melufine fitjt die Genoveva Pellegrinis
in der Einfamkeit des Bergwaldes und etwas Verträumtes, ünwirklidjes
Märdjenftimmung liegt über diefen Mädchen und Jünglingen, die fid) im ülalde
begegnen, dem Tofen des tüafferfalles laufd)en und die mit den Rel)en wie Ge-
fdjwifter find. Diefes Märchengefühl für die Dinge ift eine der anziel)endften Seiten
bei Pellegrini. Äber wenn man das Gefühlsmäßige, Träumerifche feiner Kunft, ihren
ftarken Fjang zur Romantik namhaft macht, fo drängen fid) faft gleichzeitig ülorte vor,
die darauf hinweif611 wollen, wie fehr diefe Gefühlswerte einem fel)r überlegten Stil-
willen — alfo etwas durchaus Verftandesmäßigem — untergeordnet find. Deshalb wirkt
die Malerei Pellegrinis nie weich oder gar füßlid), trotzdem fie voll Stimmung ift;
fie ift männlich und unfentimental. — Das aber beftimmt den ftarken Eindruck
diefer Kunft, daß hinter der Fülle der künftlerifcßen Gefid)te eine Individualität von
ungemeiner feelifcßer Struktur pd)tbar und fpürbar wird, ein wefentlicßer Menfd), der
auch ob der Verwirklichung rein artiftifd)er Probleme niemals der feinften feelifchen
Regungen verluftig geht; ein Künftler von durchaus eigener Prägung, der fd)arfen In-
tellekt und ftarkes künftlerifd)es Temperament in fiel) vereinigt, und der doch auch im groß-
organifierten, feftgefügten Monumentalbild eine Frifcße und 3artl)eit des Empfindens
gibt, wie man fie in der neueften deutfd)en Kunft vergeblich fud)t. üm fie wiederzu-
finden, müßte man auf die lüerke des allzu früh verdorbenen Schweizers Fjans Brühlmann
zurückgreifen — deffen Tod ein Verluft für die abendländifche Malerei war. Sefet man
aber dem Namen Brühlmanns noch denjenigen Fjans von Marees vor, fo hat man die
zwei Fixpunkte der Linie, die für Ä. 5- Pellegrini herkunfts- und zukunftsweifend ift.


Älfred Kubin.
 
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