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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Weiss, Konrad: Der Bildhauer Karl Knappe
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#1220

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Älfred Kubin.

Der Bildhauer Karl Knappe

Mit neun Abbildungen auf vier Tafeln

Von KONRAD WEISS

ür das neue künftlerifcße Empfinden ift fet)r wefentlicß bezeichnend das Bedürfnis


plaftifcßer Verwirklichung. Äber, fo weit man fleht, bleibt es noch in der Frage,

x ob der Crieb zum fkulpturalen Gefchöpf, da er doch meiftens in Empfindfamkeit
ftecken geblieben ift, um etwas Entfcheidendes über die ältere Naturbewältigung im Ge-
fühle Rodins hmauskam, obfcßon im neuen Empfinden das Bewußtfein davon war,
daß Rodin die Natur mehr in das Fließende überlaffen als in das Geformte aufgehalten
hat. Die neue Skulptur hat der einflßleicßenden Empfindfamkeit durch breitere Cheorie
oder idolhaftere, dem Subjektivismus entwundene Formung zu entkommen verfließt
Das Fließende in iflr wird durch flßärfende Einhalte verdeckt, das Subjektive durch ein
3urückformen in primitive Seinsgeftalten aus dem zerfetzenden Element zu retten

gefucht.

Glefentlicß war auch die Einftellung gegen die Klaffik; aber mehr gegen die Klaffik
als hiflorifche Form, während die prinzipielle Klärung für die Gegenwart angeregt, je-
doch nicht durchgeführt ift. Es kann fleh allerdings auch nicht darum handeln, eine
Kunftentwicklung von einer prinzipiellen Klärung abhängig machen zu wollen, denn
der Menfch ift das plaftifcße Gefchöpf feines Guns, flßon bevor er eine theoretiflße
Entflßeidung angerufen hat. So auch in der Kunft. Äber die Richtung, die durch ein
künftlerißßes Gun geftärkt oder geflßwäcßt wird, kann man wiffen und anrufen wollen.
Das, wenn auch noch nicht erreichte, ülefentlicße an dem plaftifcßen Bedürfnis der
Gegenwart liegt aber wohl in diefer Erkenntnis: Plaftik ift weniger als jede andere
Kunft der Verfuch zu einem menflßlkßen Sein (welcßes fie allerdings in der typiflßen
Klafflk war), fondern das plaftiflße Gun ift der Verfließ zum menfeßließen Glerden. Es
ift die Linie über die Gotik, weleße mit der letzteren Älternative bezeichnet wird.
In dem bisherigen Seßaffen des Münchner Bildhauers Karl Knappe fpringt die Stärke
eines Gleges in die Äugen, einer in ihm wagenden Konfequenz, eines Losgelöftfeins,
das die idealen Imitationen nicht mehr kennt und auch von der anatomiflßen Keramik
für Gefühlsgehalte, die vielfach fonft an Stelle der erfteren getreten find, nicht gelockt
wird. Der Stil feines Guns ift Cakt, Schritt, Stufe, Melodie der (Umkehr, indem, wäh-
rend der Cakt fleh hine*nw‘r^, die Geftalt heraustritt; Einflßnürung, um eine Bahn

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