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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Die Zeit und der Markt
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Verfdjiedenes

Ägnes Straub, Berlin KI 35, Liitjowftr. 33—36. Kat. 15:
bücßer und Graphik. 16 S. 367 Nrn.
James £regaskis, London KJ C 1, 66, Great Rassel
Street. Kat. 892: Descriptions of Englisl) Books from
ttje 16tl1 Century to tlje .middle of 17lh Century. 56 S.
149 Nrn.
— Kat. 893 66 S. 426 Nrn.
Condeur & Säuberlid), Leipzig, Georgiring 3. Nr. 16:
Kulturgefd)icl)te. 92 S. 1268 Nrn.
v. 3afyn & Jaenfd), Dresden-Ä. 1, Klaifenbausftr. 10.
Kat. 310: Hus fremden Literaturen. 84 S, 1912 Nrn.
ßo.
Verfdjiedenes
Campagna fotografica in Bologna
Im Frühjahr und Sommer diefes Jahres ver-
anftaltete das Kunftbiftorifche Inflitut in Florenz
eine „Campagna fotografica“ in der Emilia mit
dem 3iel, die fämtlicben Kunftdenkmäler des
Barockzeitaliers in Bologna und Qmgebung fo-
wobl im Gebiete der Malerei wie der Skulptur
und Architektur in muftergültigen Aufnahmen vor-
zulegen. Die Ausführung der „Campagna“ wurde
der altbewährten Florentiner Firma Fratelli Äli-
nari übertragen, welche die Denkmäler unter
Leitung des tecbnifdrien Direktors Cav. Sguanci
und unter Mithilfe eines Stabes erprobter Pho-
tographen aufnehmen ließ. Qm die mancherlei
Schwierigkeiten, die mit einer [olchen Qnter-
nebmung verbunden find, zu überwinden und
eine freundliche Teilnahme der Bevölkerung vor-
zubereiten, wurde ein Ehrenkomitee von arige-
feberien Bolognefer Perfönlicbkeiten gebildet,
dem unter anderen der italienifcbe Botfcßafter
in Berlin, Graf Bosdari und der Kardinal-Erz-
bifcßof von Bologna, Graf Nafalli-Rocca, ange-
hörten. Durch die freundliche Qnterfttitjung diefes
Komitees wurden die Arbeiten in Bologna außer-
ordentlich erleichtert und mancher Palazzo, deffen
Butritt dem Kunftbiftoriker fonft verfchloffen war,
öffnete bereitwillig feine Pforten.
Die Vorbereitungen zu der fyftematifcben Durch-
führung der Campagna wurden im Olinter 1923/24
getroffen und dabei alle die Erfahrungen ver-
wertet, die man bei ähnlichen Qnternebmungen
in Deutfcbland gewonnen hat- Verfdruedene
Kunfth'ftoriker, die fid) im Gebiete der Barock-
rtialerei in Italien einen Namen gemacht haben,
ftellten pcb zur Verfügung und bearbeiteten die
Liften der aufzunehmenden Gegenftände. Die
Bolognefer Archive und Bibliotheken wurden
forgfältig durchgegangen, um die alten Bilder-
beftimmungen nachzuprüfen, und dort wo es
nötig war, neue Benennungen eirizufübren. Im
Frühjahr waren die Vorbereitungen jo weit ge-
diehen, daß die verfeßiedenen Bearbeiter zu-
fammentreten und unter 3uziebung des teeb-
nifdben Leiters die Campagnalifte aufftellen
konnten.
Aufgenommen wurden fämtliche Barockge-
mälde der Pinakothek, welche bekanntlich die
reichfte Sammlung diefer Art in Europa ift, dar-

unter auch eine große Anzahl der im Depot
befindlichen üllerke; dann die Bilder der Privat-
galerien, wie Bevilacqua, Bentivoglio, Bosdari,
Malvezzi-Campeggi und I^ercolani.
Eine unerfcböpflicße Ausbeute ergaben die
Bolognefer Kirchen, in denen außer den großen
Ältargemälden der Schiffe und der Kapellen,
auch die Stukkaturen, Reliefs-, ttland- und
Deckenmalereien und die freskierten Schein-
architekturen der Kuppeln und Cüölbungen in
zahlreichen Einzelaufnahmen reproduziert wur-
den. Daran fcßloffen fid) die in Bologna fo
zahlreich vorhandenen kleinen Oratorien, die
ftattlichen Bunfthäufer aus dem 16. Jahrhundert,
die Refektorien der Klöfter, die Kapellen der
Laienbruderfd)aften ufw. Aber aud) die fo gut
wie unbekannten Bolognefer Treppenßäufer, die
Cheater- und Feftfaalarcbitekturen, die überreich
dekorierten Empfangsräume der Paläfte fanden
gebührende tüürdigung. Die Freifkulptur Bo-
lognas war in ihren beiden FJauptmeiftern Al-
gardi und Tedefcßi vertreten. Bum Schluß
folgten die FJofanlagen und Torbauten der Pa-
läfte, die Plätze, Brunnen, Stadtpforten und die
vielen entzückenden Villen der Qmgebung, die
in der Glanzperiode der Stadt im 17. Jahrhun-
dert dem Adel als Sommerfitje dienten.
Die fyftematifcbe Bearbeitung des durch die
Campagna fotografica der Kunftforfchung zu-
gänglich gemachten Materials foll den Einzel-
unterfuebungen der vom Kunftbiftorifcben In-
ftitut herausgegebenen Publikationen Vorbehalten
bleiben. Doch laffen fid) fdjon jeßt die wiffen-
fcbaftlicben Refultate im wefentiiehen über-
blicken. 3um erftenmal tritt die Bedeutung der
bisher von der Forfcbung gänzlich vernadjläf-
figten Scl)ule der Manieriften, ohne welche die
Carracci undenkbar wären, klar hervor. Es ge-
winnen die einzelnen Geftalter diefer Schule,
wie Sabbatini und Sammaccbini, Paffarotti und
Domenico Fontana, Calvaert und Pellegrino Ti-
baldi, fefte Qmriffe. Diefe in ihren künftlerifchen
Anfchauungen auf Vafari und die Michelangelo-
Tradition zurückgehenden Maler eiweifen fich
als fehr fruchtbare und vielfeitige Meifter, die
den Vergleich mit den anderen zeitgenöffifeben
Schulen nicht zu feßeuen brauchen, unferer3eit
aber durch die ftärkere Gefcßloffenheit ihrer
Kornpofitionen und das größere Temperament
ihrer Darftellung näher fteben. Als einen fehr
liebenswürdigen Meifter der Übergangszeit lernt
man den bisher fo gut wie unbekannten Bar-
tolomeo Cefi kennen, der in feiner Kunft die
lokalen Traditionen im Gegenfatj zu der revo-
lutionären Malerei der Carracci vertritt. Diefe
Carracci haben fich troij Jakob Burckbardts ab-
fälligem Qrteil feßon längft im Areopag der ita-
iienifchen Künftler Si^ und Stimme erworben.
Dennoch war von Annibales üäerken in Bologna
kaum die Fjälfte, von denen Ludovicos nur ein
Fünftel bekannt. Dem ift nun abgeholfen und

Der Cicerone, XVI. Jaßrg., ßeft 24

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