Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Münchner kunsttechnische Blätter — 15.1918-1919

DOI Heft:
Nr. 1
DOI Artikel:
Geschichte der Grundierungsmethoden für Holztafeln und Leinwanden [1]
DOI Artikel:
Seligmann, Adalbert Franz: Die neue Schule [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.36588#0004

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
4

Münchner kunsttechnische Blätter

Nr. i

mehr im ursprünglichen Zustande (etwa durch
spätere Restaurierung) sich befindet und dergl.
Aber auch die „synthetische Methode" bietet
Vorteile, die nicht zu übersehen sind, wenn es sich
darum handelt, mit Bestimmtheit zu beobachten,
wie sich unsere Materialien den äusseren Einflüssen
der Atmosphäre, der Feuchtigkeit, des Lichts usw.
gegenüber verhalten, und sie bietet überdies Ge-
wissheit über das verwendete, heute vorhandene
Material, während schon die Nomenklatur der frü-
heren Zeit bei Beurteilung desselben mitunter Schwie-
rigkeiten bietet. Dazu kommt, dass durch die Ver-
schiedenheiten der Fundorte auch verschiedenes
Material Verwendung gefunden haben wird, soz. B.
können Kreiden, Tonerden, Leime u. a. sehr ver-
schieden in ihrer Zusammensetzung, in ihrer Fär-
bung, Stärke und demnach in ihrem Gebrauch sein.
Meiner Ansicht nach würde es am entsprechend-
sten sein, beide Methoden zu kombinieren, um zu
möglichst sicheren und für die Zwecke der Malerei
geeigneten Resultaten zu gelangen. Hier bietet
sich dem Maltechniker und den sich mit den Fragen
der Technik beschäftigenden Versuchslaboratorien
ein grosses und sehr wichtiges Feld der Tätigkeit,
das bis jetzt nur sehr wenig bebaut worden ist.
Dem I. Teil, der sich in der historiscen Reihen-
folge der Angaben bis zum Ende des 18. Jahr-
hunderts erstreckt, wird später noch ein II. Teil
mit neueren Angaben folgen. Reichhaltiges Ma-
terial dafür liegt vor.
Bei der Auswahl des Malgrundes sind vor allem
Utilitätsrücksichten massgebend; die ebene Fläche
ist für die Bildermalerei die erste Bedingung, des-
halb haben von jeher die aus Holz gefertigten
Tafeln eine bevorzugte Stelle eingenommen. Das
Auftauchen der Malerei auf Leinwandunterlage
hatte man in ziemlich späte Zeit (14.—15. Jahrh.)
zu versetzen geglaubt, weil die erhaltenen Bilder
der Frühzeit alle auf Holztafeln gemalt sind. Ueber
die Verwendung von Leinwanduntergrund kann
uns aber nicht nur deren Erwähnung bei Plinius
(35. B. 31), wo von einem 120 Fuss hohen Bildnis
Neros, das in den Marianischen Gärten aufgestellt
worden war, die Rede ist, sowie die Notiz des
Boethius (Beitr. III, S. IQ), wo als von Malern
angewendeter Materialien die Leinwand erwähnt
wird, sondern in noch deutlicherer Weise die neuer-
dings erfolgte Ausgrabung vieler Mumienporträts
auf Leinwand (s. Neuerwerbungen der ägyptischen
Museen, Berlin) aus hellenistischer Zeit aufklären.
Welch' umfassenden Gebrauch die Aegypter selbst
schon von der Leinwand zu Zwecken der Unter-
lage für Malzwecke machten, und zum Kaschieren
der Mumiensärge und Herstellung von Mumien-
hüllen verwandten, ist bekannt. Sie bedienten
sich (vergl. m. Maltechnik des Altertums, 1. Ab-
schnitt, S. 1$) hierbei sowohl der Leinwand zum
Ueberziehen der Holzunterlagen ihrer Mumiensärge

und der Grabtafeln zu dem Zwecke, um dem Gips-
und Kreidegrund leichteren Halt zu geben. Sie
gingen in späterer Zeit (etwa in)der 20. Dynastie
des neuen Reiches, /OO v. Chr.) dazu über, Mumien-
särge ganz und gar aus übereinandergeleimten
Leinenstücken herzustellen, wohl aus dem Grunde
der Ersparnis des Sykomorenholzes, das nicht in
so reichem Masse beschafft werden konnte wie
früher. Ja, sie benützten in späterer Zeit mitunter
Papyrus-Makulatur zu oft sehr kunstvollen Ka-
schierungen (s. die Abbildung 6, Maltechnik des
Altertums, S. 20). Stets wurde als Oberschicht eine
Lage von geleimtem Gips aufgetragen und geglättet,
bevor die Malerei ausgeführt wurde.
Ein sehr merkwürdiges Beispiel solcher Ka-
schierungsarbeit ist vor einiger Zeit durch Ver-
mittlung eines in Aegypten ansässigen Freundes
in meinen Besitz gelangt. Es ist ein Teil eines
Mumiensarges, der als Hauptunterlage eine Art
festen Filz (vermutlich aus Kameelhaaren bereitet)
zeigt, darauf befindet sich eine mächtige Schicht
eines braunen Gemisches von Nil sch lamm, und
auf dieser Schicht liegt der übliche Gips- oder
Kreidegrund, auf dem die Ornamente und Figuren
aufgemalt sind.
Die Vermutung liegt nahe, in der Anwendung
des Nilschlamms eine symbolische Bedeutung er-
blicken zu sollen, da der Nilfluss als Segenspender
des Landes Aegypten weiteste Verehrung genoss.
Aber möglicherweise ist der Nilschlamm hier auch
nur aus Utilitätsgründen verwendet worden.
Ein Paar solcher Malereien auf einer Unter-
schicht von Nilschlamm ist im Berliner ägypti-
schen Museum verwahrt und zwar Nr. 2061 König
Amenophus (1530 v. Chr.), Nr. 2060 Königin
Nefret-ere (1600 v. Chr.), beide in lebensgrossen
Figuren aus einem Grabe aus Theben.
(Fortsetzung folgt.)

A. F. Seligmann: Die neue Schule.
Im Anschluss an die Ausführungen
unseres Mitarbeiters M. St. in dem Ar-
tikel „Irrungen und Wirrungen in der
neuen Kunst" bringen wir hier eine geist-
volle Abhandlung des Wiener Malers
nnd Kunstschriftstellers A. F. Selig-
mann zum Abdruck, die sich in dessen
sehr lesenswertem Buche „Kunst und
- Künstler von gestern und heute" (Wien
1910, Konegens Verlag) findet.
Seit einigen Jahren tauchen in manchen Ausstel-
lungen mit modernster Tendenz erst vereinzelt, dann
immer häufiger Zeichnungen und Malereien von der
sonderbarsten Art auf. Bemüht man sich, in diesen
Produkten irgendeinen künstlerischen Sinn, irgendein
Streben nach einem Ziel zu finden, so kann man höch-
stens vermuten, dass es sich dabei um Versuche han-
delt, die impressionistische Farbenwirkung eines Natur-
 
Annotationen