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Münchner kunsttechnische Blätter — 15.1918-1919

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Nr. 13
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Geschichte der Grundierungsmethoden für Holztafeln und Leinwanden [13]
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Goethes Farbenlehre im Urteil seiner Zeit [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36588#0077

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Nr. !3

Münchner kunsttechnische Blätter

77

Kapitel, das unser Interesse erweckt, ist das hier
folgende, das ich nach der deutschen Ausgabe,
(Amsterdam 1693), betitelt: „Die grosse Welt ins
Kleine abgemahlet" hier einfüge:
Ueber das Grundieren von Tafeln und
Leinwänden: (IV. Hauptstück p. I9.)
„Was nun die Panelen angehet / dazu ist alles
Holtz nicht gleich gut. Und ob wir wol nicht ge-
nau beschreiben können / was für Holtz dazu be-
quäm ist / und bey den Alten / die daurhafftige
Panelen gehabt haben / im Gebrauch war; so kan
man ebenwohl von allem Holtz dass uns bekandt
ist / am allersichersten gut eichen Holtz gebrau-
chen / welches / so viel es immer möglich ist /
aus einem Stück zu kleinen Gemälden muss ge-
nommen / und vor allem zugesehen werden / dass
es keinen Kern habe.
Und dieses Panel macht man nun der Gewiss-
heit halben in etwas dick / und überstreicht es
über dem noch 3 oder 4 mahl hinten an mit Spi-
cenard-oel / damit es von den Würmern nicht an-
gefochten und durchfressen werde.
Das Tuch aber muss wol gesponnen und fest
gewebet seyn / auch so dicht und fein / als die
Stercke immermehr zulassen mag: Und dieses ist
alles wass man davon sagen kan. Nun müssen
wir anzeigen / wie man den Panelen und dem Tuch
einen gebührlichen Mahler-Grund geben muss.
Auf das Panel legt man erstlich einen Grund
mit dünner Leimfarbe / die mit Kreide vermischt
ist / dass die Adern und Ritze des Holtzes be-
decket werden. Wenn dieses gethan ist / so muss
man die Kreide wiederum schön abschaben / und
das Panel eben und glat machen / doch vor allen
gutte Sorge tragen / dass die Adern und Ritze des
Holtzes gefüllet bleiben.
Darnach reibt man Omber mit Bleyweiss dick
in Oel / und thut es das erste mahl mit einem
Messer auf das Panel / weiter streicht man es mit
der Handt glat zu drey oder vier mahlen / biss
dass man es so glat hat / als es geziehmet / und
auf solche Weisse ist es vor einen Bildmahler be-
quäm; ein Landschafftmahler aber nimbt Schwartz
und vermengt es mit Bleyweiss.
Wass das Tuch belanget / dass spant man auf
einem Rahmen / und planiert es allenthalben mit
Wasserbrey / damit die kleinen Löcher von diesem
Leim zugehen / die man hernach auf einem Reib-
steine oder Bret muss glat reiben / dass nichts von
dem Brey darauf bleibt. Wan nun dieses gethan
ist / so geht man mit dem Tuche so umb als mit
dem Panel gethan ist / auf dass es auch einen Grund
habe / aus genommen / dass man keine Kreide ge-
braucht. Also dass nun das offene Feldt glat und
bequäm ist umb das Werkzeug und ihre Farben
anzunehmen dergestalt / dass mans dan Niemand
anders verweissen kan / als dem Künstler selber /
wann das Stücke Werck nicht guth ist."
(Fortsetzung folgt.)

Goethes Farbenlehre im Urteil seiner
Zeit.
(Fortsetzung.)
Einige von Goethes Gegnern treten aber mit
ihrem vollen Namen auf und darunter befindet sich
ein „Hofmaler Martin Klotz" der im Kritischen
Anzeiger für Literatur und Kunst (München 1810)
einen längeren Aufsatz veröffentlicht, worin er zwar
nicht auf das Physikalische von Goethes Farben-
lehre eingeht, aber dessen Theorie eines Plagiats
an seiner eigenen 1806 veröffentlichten Druck-
schrift: „Meldung einer Farbenlehre und eines
Farbensystems" beschuldigt. Klotz behauptet bei
diesem Anlasse, dass er selbst an Goethe das
Manuskript seiner Arbeit zur Begutachtung ein-
gesandt hatte, erst nach wiederholter Urgens, ohne
einer Antwort gewürdigt zu sein, zurückerhielt, und
nunmehr in Goethes Farbenlehre das von ihm auf
Grund seines Farbenkreises aufgestellte System
wiedergefunden habe.
Da es vielleicht angezeigt ist, später im Zu-
sammenhang über das Klotzsche System und nach-
her veröffentlichte Gründliche Farbenlehre (Mün-
chen 1816) zu berichten, mögen die obigen An-
deutungen vorerst genügen. Nur soviel sei hier
vermerkt, dass Klotz die Ursachen der Farben-
harmonie auf seinen prismatisierten Farbenkreis
basiert,undFarbenerscheinungen, wie dasFarben-
Abklingen und Farben-Fordern, in Analogie
mit den Tönen der Musik zu setzen sucht.
In einzelnen Fällen ist die Kritik der Mitglieder
„einer mächtigen und tiefverletzten Partei", wie
sie Goethe nennt, ziemlich scharf ablehnend aus-
gefallen, aber wir finden gleichzeitig ein offen-
bares Missverstehen, des für die damalige Zeit
freilich völlig Neuartigen in Goethes physiologischer
Theorie der Komplementärfarben. So nennt der
Kritiker der „Neuen oberdeutschen Lite-
raturzeitung" vom Jahre 1810 (Nr. 132) das
„Abklingen farbenloser Bilder" (§ 4/ der Farben-
lehre) und die „Lebendigkeit der Netzhaut" einen
„scientihschen Kauderwälsch", der zur Opposition
auffordere; er zweifelt, dass „die Farben durch
ihrenGegensatz hervorgerufenwürden,dass Gelb
das Violett, Orange das Blau, Purpur das Grün
und umgekehrt fordere": Dinge, an deren Rich-
tigkeit heute kein Gebildeter zweifelt!
Wie vorauszusehen war, hatten einige Physiker
den ihnen zugeworfenen Fehdehandschuh aufge-
griffen, v. Lindenau, Mollweide und C. H.Pfaff
scheinen die Hauptkämpen gewesen zu sein. Von
dem ersten soll eine Bemerkung in Zachs monat-
licher Korrespondenz (23. Bd., 1811, S. 329)
herrühren, in der gesagt wird, dass Goethes Werk
den „Umsturz der Newtonschen Theorie" beabsich-
tige, dass wohl „alles was in Hinsicht von Ge-
schichte, sittlich-sinnlicher Wirkung der Farben
und mancher teils neuen, teils neu bestätigten Ver-
 
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