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Münchner kunsttechnische Blätter — 15.1918-1919

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Nr. 12
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Berger, Ernst: 25 Jahre Münchener Maltechnik [5]
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Geschichte der Grundierungsmethoden für Holztafeln und Leinwanden [12]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36588#0070

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70

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 12

Zudem würde eine grosse Erleichterung in der
Arbeit dadurch möglich, dass für das Trocknen
der Unterschichten nicht mehr als ein paar Stunden
nötig seien, worauf schon die Uebermalungsschicht
aufgetragen werden könnte. Der bekannte Still-
lebenmaler Ludwig Adam Kunz, ein ehemaliger
Kollege der Wiener Akademie, führte mich in
Lenbachs Atelier und gab mir die ersten Anlei-
tungen dieser Temperamethode. Zunächst wurde
auf Holztafel oder Pappe ein geleimter Grund
aufgetragen, den wir uns vom Vergolder schon
angemacht (aus geleimter grauer Grundkreide be-
stehend) verschafften, dieser Grund wurde etwas
angewärmt, mit breitem Pinsel in zwei oder drei
Lagen aufgetragen und nach dem Trocknen mit
Bimsstein abgeschliffen. Die Farben bestanden
aus in Wasser feingeriebenen Farbenpulvern, die
mit Eigelb und etwas Essig (oder nur mit Wasser)
als Bindemittel in kleinen irdenen Tiegeln ange-
mischt wurden. Die Aufzeichnung geschah mit
Tusche und Feder; man trug die Farben der
Untertuschung in ziemlich freier Manier, teils
lasierend, teils deckend mit kräftigen Lichtern auf.
Da der Grund an sich neutralgrau gefärbt war,
kamen alle Farben, insbesondere die transparenten
Töne gut zur Geltung und auch die wenig ge-
deckten Stellen blieben als Mittelton in der
Stimmung. Waren alle Teile der Tafel mit der
Tempera übergangen, d. h. sobald die Untermalung
fertiggestellt war, dann holte man, am nächsten
Tag schon, die ganz und gar eingeschlagene Malerei
mittels eines Malmittels, wie Mastix mit Copaiva-
balsam und etwas Leinöl, oder einem ähnlichen
geeigneten Firnis heraus und begann Stück für
Stück unter Benutzung der vorhandenen Töne mit
Oelfarben fertig zu malen.
(Fortsetzung folgt.)
Geschichte der Grundierungsmethoden
iür Holztatein und Leinwänden.
(io. Fortsetzung.)
Zur ersten Lage von Leim füge ein wenig Honig
dem Leim bei.
(Dazu wird bemerkt): Dies taugt zu nichts,
denn die Leinwand wird leicht feucht und schlaff;
und stellst du dein Bild gegen die Wand, so blüht
ein weisses Salz über der ganzen Malerei heraus
wie Salpeter.*)
Ms. Nr. 14: Bereitung der Leinwänden
(Angabe des Abraham Latombe von Am-
sterdam).
Man muss sie zuerst mit Leim von Kalbfellen
oder Ziegenfellen leimen, darin besteht das ganze
*) Das ist so zu verstehen: Durch die Hygrosko-
pizität des Honigs wird die firnishaltige Malerei ober-
flächlich geschädigt, es entsteht der sog. Bilderschim-
mel, aber kein Salz!

Kunststück. Denn wenn der Leim zu stark ist,
springt sie und reisst leicht. Nachdem der Leim
auf die Leinwand gestrichen, lege sie noch feucht
auf den Marmor-Reibstein und mit dem Reiber
drücke alle Fugen und Unebenheiten nieder, dann
lasse trocknen. Hernach grundiere mit Bleiweiss
und ein wenig Umbra. Eine Grundieruug ge-
nügt, wenn man aber zwei Lagen davon gibt, wird
die Leinwand gleichmässiger.
Um Landschaften zu malen, (merke, dass) deine
Grundierung hellere Farbe habe.
(In der Marginalnote bemerkt Mayerne: Ich fand
bei einem Gemälde des Abraham, das mehrere
Jahre an einer feuchten Wand war, die Farbe von
der Leinwand ganz getrennt vor, wegen des Leimes;
deshalb soll man mit Trockenöl, mit Bleiglätte
bereitet, grundieren, und wenn dies trocken ist,
mit Umbra-Erde oder irgend einer, welche du willst.
Oder: Mache die erste Lage mit Umbraun und
Bleiweiss, in Oel angerieben, und die zweite mit
Weiss und Ocker oder Bleiweiss und Schwarz,
wie du willst.
Die Umbra-Erde verdirbt die Farben. Benütze
Braunrot, gelben oder roten Ocker, Bleiweiss und
Kohlschwarz.)
Bereitung für die Holztafel. Grundiere
zuerst mit obengenanntem Leim und Kreide; wenn
trocken, schleife und gleiche ab mit dem Messer,
dann gib eine leichte Lage von Bleiweiss und
Umbraun.*)
Ms. Nr. $2, Verdicktes, mit Glätte be-
reitetes Trockenöl zum Firnissen vonHolz
und Eisen, sowie zum Grundieren von Lein-
wand, die nicht springt und sich nicht
abschält. (Angabe des Mayerne, datiert
15. August 1633).
(Zur Bereitung des Trockenöls dient sehr gutes
Nussöl (4 Unzen] und 1 Unze gut gereinigte Gold-
glätte, dies wird in einer Pfanne auf gelindem Feuer
erhitzt und 4 oder $ Löffel voll heisses Wasser
hinzugegossen. Auf stärkerem Feuer wird die Masse
bis zur Konsistenz wie Honig oder flüssige Salbe
eingedampft.)
Zum Grundieren von Gemälden: Reibe gelben
Ocker mit dieser Salbe oder dem Oel. Der Ocker
sei vorerst mit Wasser gerieben und gut getrocknet,
und diese Mischung trage auf eine gut auf Rahmen
gespannte Leinwand auf, ohne irgend einen Leim
oder derartigem, was die Leinwand springen oder
sich abschälen macht. Lasse trocknen, dann schleife
mit Bimstein ab und gib eine zweite Lage mit
deinem Oel und Ocker, indem du es nach den
Regeln der Kunst mit dem Spatelmesser ausbreitest,
und wenn die Leinwand trocken ist, wird sie ge-
nügend grundiert sein.
*) In den Angaben des Latombü wird man die
Nennung des Anreibemittels für den Grund vermissen;
vermutlich ist, wie bei allen übrigen Anweisungen, das
Oel gemeint.
 
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