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Münchner kunsttechnische Blätter — 15.1918-1919

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Nr. 15
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Die Farben des Isenheimer Altars [2]
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Berger, Ernst: 25 Jahre Münchener Maltechnik [8]
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Nr. 15

Münchner kunsttechnische Blätter

87

Neben Bleigelb und Oppiment wird noch
Be er gelb (gelber Lack) in alten Anweisungen
genannt; es wird aus Beeren des Wegdorns
(Rhannus) oder aus Stengel und Blumen des Gilb-
krautes, Wau (Resede luteole) bereitet, unter der
Bezeichnung Schüttgelb bekannt. Die Licht-
beständigkeit dieser gelben Lackfarbe ist gering.
Wo es in Mischung mit blauen Farben zur Vege-
tation und ähnlichem verwendet wurde, sieht man
auf älteren Malereien deshalb das Blau vor-
herrschend, weil das Gelb verblichen ist.
(Schluss folgt.)
25 Jahre Münchener Maltechnik.
Von E. B.
(7. Fortsetzung.)
Doch fehlte es nicht an Meinungsverschieden-
heiten, insbesondere über den Wert einzelner im
Handel gebrachten Farben, wie über Beckmanns
Syntonosfarben und über die Pereirafarben. Prof.
Rudolf v. Seitz glaubte namens der Künstler den
Bemühungen des Baron v. Pereira öffentlichen
Dank und Anerkennung zollen zu müssen (ein
glänzendes Gutachten, das von Lenbach, Stuck
und ihm selbst unterstützt war, hatte bereits Re-
klame gemacht). Keim erhob dagegen Einspruch,
dass mit derartigen ohne genauere Prüfung erteilten
Gutachten der Sache nicht gedient sein könnte,
denn was hätte dies zu bedeuten, wenn gesagt
wird, „soweit meine Erfahrungen reichen", und
diese Erfahrungen kaum ein paar Wochen alt
sein könnten, wie in dem Falle Beckmann?
Gegen Pereiras Malsystem wurden schwer-
wiegende Einwände erhoben, und zwar von Che-
mikern: das Bindemittel (Leim oder Gelatine) ent-
halte zur Konservierung desselben allzuviel
Essigsäure, die auf bestimmte Farben wie Ultro-
marin entfärbend wirken müsste, und auf die
Deckkraft von Bleiweiss Einfluss habe. Die be-
sonders präparierte Pereiraleinwand, mit der „Al-
bumengrundierung" scheine allzuviel Glyzerinzusatz
zu haben und ziehe infolge seiner Hygroskapizität
Feuchtigkeit an. (Ein Bild der Ausstellung wurde
durch Wasserstreifen auf diese Art ganz und gar
verdorben.) Der Kampf gegen Pereira und sein
„System" hat auch ziemlich bald, nachdem auch
Prof. Lincke scharf gegen dasselbe aufgetreten
war, zu dessen Ungunsten geendet.
Wer sich genauer über die Ausstellung für
Maltechnik und den in Verbindung damit abge-
haltenen Kongress unterrichten will, findet Auf-
schluss in dem mit erläuternden Bemerkungen
versehenen „Katalog der 1. Ausstellung für Mal-
technik, München 1993", sowie in dem „Protokoll
des I. Kongresses für Maltechnik 1893".
IV.
Bald nach Schluss des Kongresses, der wohl
als moralischer Erfolg gelten konnte, aber peku-

niär mit einem Defizit (das Lenbach aus eigener
Tasche bezahlte) endete, begann auch für die
„Deutsche Gesellschaft für rationelles Malverfahren"
eine Zeit der Depression; auf dem Höhepunkt an-
gelangt, musste folgerichtig ein Stilistand, oder
ein Rückgang eintreten. Wohl wurde von seiten
des bayerischen Landtages eine Subvention in
Höhe von einigen tausend Mark bewilligt, aber
diese Summe reichte kaum zur Deckung der auf-
gelaufenen Schulden und zur Uebernahme von
Keims chemischem Versuchslaboratoriums durch
die Gesellschaft. Auch die „Technischen Mittei-
lungen für Malerei" gerieten in Schwierigkeiten
durch unbeglichene Druckkosten, so dass die
weitere Herausgabe fraglich wurde. Dies ging
schon soweit, dass der Redakteur Keim eines
Tages förmlich Abschied von seinen Lesern nahm
und die alsbaldige Einstellung des Erscheinens
begründete. Aber es fand sich endlich doch der
„Retter in der Not" in Form eines Geldgebers,
des späteren Geheimen Hofrates Prof. Dr. Büttner-
Pfänner zu Tal, der auch die Redaktion übernahm
und unter dessen Führung das Blatt wohl den
tiefsten Stand seines Bestehens erreichte. Dieser
eitle Intriguant, der sich in dilettierender Weise
als „Schüler" von Pettenkofer mit Bilderrestaurie-
rung befasste, verschwand nach Verwicklung in
einen üblen Meineidsprozess alsbald von der
Oberfläche.
Den durch Lenbachs Tod (1904) erledigten
Vorsitz der Gesellschaft übernahm Prof. Carl
v. Marz und unter seiner Führung kam die längst
erstrebte Uebernahme des chemischen Versuchs-
laboratoriums der Gesellschaft durch den Staat
zustande. Zunächst angegliedert an die Abteilung
für organische Chemie von Prof. Dr. G. Schultz,
leitete Dr. A. Eibner die „Versuchsanstalt und
Auskunftsstelle für Malerei", die dann im Anbau
der Kgl. technischen Hochschule als selbständige
staatliche Institution der Hochschule figurierte
(1906). Mit dieser Gründung im Zusammenhang
wurden auch regelmässige Vorträge über „Chemie
in der Maltechnik" für die Hörer der Kunstaka-
demie, der Kunstgewerbeschule sowie für die
fertigen Künstler und Maler abgehalten.
Eine der wichtigsten Statuten der jungen Ver-
suchsanstalt bestimmte ausdrücklich, dass alle
Arbeiten auch vom Gesichtspunkte der gewerb-
lichen Malcrtätigkeit geleitet werden sollten und
dass dem „Dekorationsmaler ebenso wie dem
Kunstmaler" die Anstalt für Fragen der Praxis
offen stehen solle. Ein eigenes „Kuratorium",
bestehend aus Vertretern der Künstlerschaft aller
Kunstrichtungen und Dekorationsmalern, ergänzt
durch andere Beiräte (z. B. der Generaldirektion
der Kgl. Galerien und des Nationalmuseums) sollte
über den Gang der Arbeiten der Versuchsanstalt
auf dem Laufenden erhalten werden, so dass In-
teressenten Gelegenheit gegeben war, auch ihrer-
 
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