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Münchner kunsttechnische Blätter — 15.1918-1919

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Nr. 4
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Fritsch, Gustav: Ueber die graphischen Methoden zur Bestimmung der Verhältnisse des menschlichen Körpers [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36588#0019

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Manchen, 11. Nov. 1918.

Beilage zar „Werketatt der Knast" (E. A. Seemaae, Leipzig).
Eraoheiati4tägig unter Leitoag von Maier Prof. Eraet Berger.

XT. Jahrg. Nr. 4

Inhalt: G. Fritsch: Ueber die graphischen Methoden zur Bestimmung der Verhältnisse des menschlichen Kör-
pers. (1. Fortsetzung.) — Vom Grundieren der Holztafeln und Leinwänden. (3. Fortsetzung.) — Kunstkri-
tikers Bekehrung. Vom Herausgeber. — Das Verbiassen farbiger Tonpapiere durch Tageshcht.

G. Fritsch: Ueber die graphischen Methoden zur Bestimmung der Verhältnisse
des menschlichen Körpers.
(1. Fortsetzung.)

Solchen Kunstrichtungen gegenüber waren na-
türlich die älteren spekulativen Proportionslehren,
welche einer naturwissenschaftlichen Grundlage
entbehrten, gänzlich haltlos, und sie stellten sich
durch den Erfolg selbst das Armutszeugnis aus,
dass sie uns tatsächlich in der Erkenntnis unge-
nügend bekannter Verhältnisse des menschlichen
Körpers nicht weiter brachten.
Die Systeme von Camper, Albrecht Dürer,
und besonders dem verdienstvollen Schadow
(Polyklet) haben allerdings viel schätzbares Ma-
terial durch Feststellung allgemeiner Verhältnisse,
durch sorgfältige Einzelausmessungen und danach
entworfene Netze beigebracht, ohne jedoch einen
inneren Zusammenhang der einzelnen Daten zu
enthüllen und das Gegebene in eine greifbare, all-
gemein anwendbare Formel zusammenzufassen.
So blieben trotz dieser umfangreichen Arbeiten
gewisse, hochwichtige Verhältnisse des mensch-
lichen Körpers bis auf den heutigen Tag durch-
aus dunkel, z. B. das allgemeine Verhältnis der
Gliedmassenlängen zur Rumpflänge. Da diese Tat-
sache angezweifelt werden könnte, so werden hier
zwei Darstellungsmethoden der Körperproportionen
nebeneinander gestellt, von denen die eine ältere
dem Engländer Hay*) ihren Ursprung verdankt
(Fig. 1), während die zweite erst in den Sechziger
Jahren durch Liharzek**) entstanden ist (Fig. 2)
und in Frorieps Anatomie für Künstler nach 1890
Aufnahme gefunden hat.
*) D. R. Hay. The natural principles of beauty,
as developed in the human Figure, Edinburgh 1832.
**) Liharzek. Das Gesetz des Wachstums und
der Bau des Menschen. Proportionslehre aller mensch-
lichen Körperteile für jedes Alter und für beide Ge-
schlechter. Wien 1862.

Die Darstellungsweise beider Systeme ähnet
sich äusserlich, obwohl sie im Prinzip sowie lim
Einzelnen
durchweg ver-
schieden sind.
Hay ver-
fuhr extrem
spekulativ, in-
dem ervondem
Gedanken aus-
ging, dass die
Schönheit auf
der Harmonie
beruhe, und er
darauf eine
Harmonie der
Formen in Ver-
bindungmitder
Harmonie der
Töne zu kon-
struieren ver-
suchte. Die
ganz mechani-
sche Weise, wie
er die Zahlen-
werte der
räumlichen In-
tervalle eines
schwingenden
Monochords
benutzte, um Figur i.
sie als entspre- , ^ Proportion "^h Hay
, . . * (rechts Zeismgs goldener Schnitt),
chend emge-
teilte Winkel, von einem Scheitel und einem
Fusspunkte ausgehend, zur Konstruktion
 
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