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Münchner kunsttechnische Blätter — 15.1918-1919

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Nr. 6
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Fritsch, Gustav: Ueber die graphischen Methoden zur Bestimmung der Verhältnisse des menschlichen Körpers [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36588#0031

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Inhalt: G. Fritsch: Ueber die graphischen Methoden zur Bestimmung der Verhältnisse des menschlichen Kör-
pers. (3. Fortsetzung.) — Noch einmal „Neue Kunst". Von M. St. (Schluss.) — Vom Grundieren der
Holztafeln und Leinwänden. (3. P'ortsetzung.) — Unsere Malmaterialien bei Kriegsende.

G. Fritsch: Ueber die graphischen Methoden zur Bestimmung der Verhältnisse
des menschlichen Körpers.
(3. Fortsetzung.)

Der Autor hat in betreff der Gliederung den
embryonalen Gesichtspunkt gar nicht betont, viel-
leicht leitete ihn dabei nur ein gewisser natur-
wissenschaftlicher Instinkt; sehr merkwürdiger
Weise ist er demselben aber sogar weiter gefolgt,
als die Beobachung rechtfertigt. Dies gilt speziell
in betreff der viel umkämpften Beinlängen, die
Schmidt auch unrichtig auffasste. Nach
seiner Angabe liest man die Grösse des Ober-
und Unterschenkels aus dem Proportionsschlüssel
so ab, als hätte der Mensch, wie bei der normalen
embryonalen Stellung, die Beine an den Leib ge-
zogen; es ist nach ihm die Verbindung des Brust-
warzenpunktes zum Schenkelpunkt derselben Seite
für den Oberschenkel, — die Verbindung von dem-
selben Punkte zum Schenkelpunkte der anderen
Seite, also die längere, für den Unterschenkel zu
nehmen.
Wenn man bedenkt, dass Schmidt dabei vom
Schenkelkopf zur Mitte des Knies und in gleicher
Weise von Mitte des Knies zum Fussgelenk misst,
also tatsächlich die Ober- und Unterschenkel-
knochen in Rechnung stellt, so ist es anatomisch
unter normalen Verhältnissen unmöglich, dass der
Unterschenkel den Oberschenkel an Länge über-
trifft; wahrscheinlich kommt dies selbst unter ganz
abweichend gebauten Rassen nicht vor, und es
ist daher notwendig, die Längen für den
Ober- und Unterschenkel am Schmidt-
schen Schema zu vertauschen, um zu
brauchbaren Werten zu kommen.
In der Tat sind die Anatomen von dem Vor-

wurf nicht ganz frei zu sprechen, zu der in der
Frage herrschenden Unklarheit das ihrige beige-
tragen zu haben, indem sie selbst bei den aus-
gedehntesten Messungen, deren sorgfältige Aus-
führung über allen Zweifel erhaben ist, durch un-
zutreffende Bezeichnung ihrer Werte zum Irrtum
verleiteten. So ist die vielfach, z. B. vom Ameri-
kaner Go ul d benutzte sogenannte „freie Beinlänge"
(vom Spalt bis zur Fussohle) ein sehr unglück-
liches Mass, wie jeder zugeben dürfte, dem die
professionellen Massnehmenden, die Schneider, die
Beinkleider bald zu kurz, bald zu lang machten.
Noch verhängnisvoller wird die Sache aber, wenn
man bei der weiteren Einteilung von der Spalte
bis zum Knie das Mass als „Oberschenkel", vom
Knie zur Sohle (also zwei Glieder, Unterschenkel
und Fuss zusammenfassend) als „Unterschenkel"
bezeichnet. Gehen derartig unzutreffende Bezeich-
nungen, bezw. deren Zahlenwerte in andere ver-
gleichende Tabellen über, so ist eine unendliche
Verwirrung die unausbleibliche Folge. Möchte man
doch im allgemeinen nur solche Abmessungen mit
den Bezeichnungen „Oberschenkel, Unterschenkel,
Fuss" belegen, welche möglichst gut der wirk-
lichen Gliederung der Extremität ent-
sprechen. Es ist ein entschiedenes Verdienst des
Proportionsschlüssels, dass er sich streng an die
wirkliche Gliederung hält, selbst wenn man die-
selbe weniger genau feststellen könnte, als es tat-
sächlich der Fall ist.
Aehnlich wie die untere Extremität, lehnt sich
auch die obere an das Rumpfgerüst an. Hier ist
 
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