Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Münchner kunsttechnische Blätter — 15.1918-1919

DOI Heft:
Nr. 6
DOI Artikel:
Geschichte der Grundierungsmethoden für Holztafeln und Leinwanden [6]
DOI Artikel:
Berger, Ernst: Unsere Malmaterialien bei Kriegsende
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.36588#0036

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
3<S

Münchner kunsttechnische Blätter

Nr 6

Methoden je nach dem Zwecke oder den persön-
lichen Gepflogenheiten bestehen.
In Voipatos Manuskript „Modo da tener nel
dipinger", sind die Rezepte teiis referrierend, teils
mit kritischen Bemerkungen versehen angegeben.
Darnach wird bei Leinwandgrundierung für Oel-
maierei in folgender Art verfahren (s. Merriheld II,
p. 729 u. f.):
Die Leinwand werde von guter, dichtgeweb-
ter, glatter, nicht grobfadiger Qualität gewählt, damit
sich auf ihr die Imprimatur mit wenig Farbe her-
steilen lasse, weil eine zu dicke Imprimatur durch
allzu grosse Oelmenge auf die Farben nachdun-
kelnd wirkt. Die Leinwand wird wie auch sonst,
in aufgespanntem Zustande zuerst mit feinem Leim
(Schnitzelleim, colla di ritaglio, aus Abfällen von
Ziegenleder) überstrichen, da der gewöhnliche Per-
gamentleim zu stark ist und die Leinwand leicht
brüchig macht. Mit solchem Leime werden zwei
Lagen gegeben und jede nach dem Trocknen mit
Bimstein abgeschliffen. Ohne Leimung sollte die
Oel-Imprimatur niemals aufgetragen werden, weil
das Oe! sonst nur runzelig, „wie eine Baumrinde",
auftrocknen würde.
Vor dem Gebrauche des Kleisters an Stelle
des Leimes warnt Volpato. Ist der Kleister nur
ein klein wenig zu stark, so mache er die Lein-
wand brüchig, auch sei er dem Mäusefrass und
der Fäulnis ausgesetzt. Nur für Arbeiten von ge-
ringerem Werte und auf schlechter, locker gewebter
Leinwand, wo die grossen Gespinnstlücken aus-
gefüllt werden sollen, ist er anwendbar.
Die Anwendung von Gips als Unterlage für
die Imprimatur ist oft Glückssache. Viele ältere
Bilder sind durch denGips verdorben, andere wieder
haben sich gut gehalten. Doch hänge dies von
dem verwendeten Leim ab, der nie zu stark, son-
dern eher schwach sein muss, ausserdem muss mög-
lichst wenig Gips dazu genommen werden.
(Fortsetzung folgt.)

Unsere Malmaterialien bei Kriegsende.
Wie alle Bedarfsartikel haben auch die Preise der
Oelfarben und Malmaterialien im Laufe der vier Kriegs-
jahre Steigerungen erfahren, so dass sie nach und nach
in der heutigen Höhe das mehrfache der Friedenspreise
betragen. Erst war es ein „Kriegsaufschlag", dann ein
„Zuschlag" zum Kriegspreis, zu den ersten 100% kam
nochmals die Hälfte und so fort, bis wir heute etwa
300°/, oder das Dreifache der Friedenspreise für Oel-
farben bezahlen müssen. Nach einer mir vorliegenden
Kriegspreisliste vom Mai 1918 kosten (gleiche Tuben-
grösse, Friedenspreise in Klammern):

Kremmweiss
Grösse
VII
Mk.
2.10
(0.70),
Zinkweiss

X

4-95
(0.80),
Lichter Ocker

VII

!-50
(0.35).
Wurzel-Krapp rosa

11

1.50
(0.40),
Alizatin-Krapplack
VI
))
4 05
(!-45).

Terra di Pozzuoli
Grösse VII Mk.
1.50
(0.35).
Kobaltblau hell
n VI „
3.23
(0.90),
Permanentgrün
VII „
2.80
(0.60),
Van Dyckbraun
VII „
1.95
(0.60),
Elfenbeinschwarz
, VII „
1.30
(0 40),

für Malmittel in Fläschchen von 60 ccm, das früher
30—60 Pfg. gekostet hat, werden jetzt 2.70 Mk. gefor-
dert, 125 ccm Terpentinessenz kosten jetzt 4 Mk.!
Das sind Preissteigerungen, wie sie nur noch Luxus-
artikel erfahren haben, und die wohl bald bei Wieder-
beginn geregelter Verhältnisse, mit Wiederöffnung der
Grenzen in die normalen zurückkehren werden.
Mit den Oelfarben sind auch Leinwänden exor-
bitant in die Höhe gegangen, nachdem alle Gespinnste
beschlagnahmt und nur ganz wenig dem freien Verkehr
überlassen worden war. Die Folgen blieben nicht aus,
denn wer nicht rechtzeitig „gehamstert" hatte, sah sich
genötigt Wucherpreise zu zahlen. Für alte grundierte
Leinwand wurde kürzlich der Preis von 60 Mk. für den
Quadratmeter verlangt, und ein Kollege war glücklich,
als er noch einen Posten von io Metern zu je 34 Mk.
ergattern konnte. Wer hätte wohl in Friedenszeit gleich
340 Mk für Leinwand hingelegt? Für Kriegsleinwand
(aus Papierfasergewebe) wird je nach Qualität 13 und
23 Mk. für den Quadratmeter bezahlt.
Aber nicht nur Leinwänden wurden gehamstert, auch
Rahmen wurden auf Vorrat gekauft, so dass die Ver-
goldergeschäfte keine Bestellungen mehr annehmen
konnten und mehr zu tun hatten als in der besten Frie-
denszeit.
Da freilich viele Künstler an der immerhin auffäl-
ligen Kauflust der grossen Schar der Kriegsgewinnler
proßtierten, und es „goldene Zeiten" für gar manchen
Maler gab, konnte die grosse Preissteigerung der Mal-
materialien leichter ertragen werden, umsomehr als die
Wirtschaftlichen Verbände für Zuwendung von Malöl,
Terpentin u. a. zu billigeren Preisen Sorge trugen. Die
Künstlerfarben-Pabriken konnten, Dank der Organisa-
tion der Verteilungsstellen, ihren Betrieb weiter fuhren,
da der „Kriegsausschuss für pflanzliche und tierische
Oele" in Berlin die benötigten Mengen von Rohstoffen
im Interesse der Künstler in genügender Menge zur
Verfügung stellte. Auch Zinn und Blei zur Herstellung
der Tuben waren von dieser Stelle erhältlich. Seit einiger
Zeit hat sich ein „Verband deutscher Fabrikanten für
fein abgeriebene (Künstler)-Farben", Sitz Berlin gebil-
det, wodurch die Weiterfabrikation der Tubenfarben
gewährleistet wird.
Wie Leinwand und Farben sind alle anderen Ar-
tikel des Malerbedarfs entweder horrent gestiegen, oder
falls kein „Kriegsersatz" vorhanden, überhaupt nicht zu
haben. Papiere aller Art haben 200—300% Aufschlag,
Radiergummi (Knetgummi) ist kaum aufzutreiben; Fixa-
tiv (Schellack) oder Mastix, die gleich zu Kriegsbeginn
um das vielfache ihres Preises in die Höhe gingen, sind
nicht mehr zu bekommen. Wer sich zur rechten Zeit
nicht für seinen Bedarf vorgesehen hat, ist jetzt schlecht
daran!
Aber auch die schlimmsten Zeiten gehen vorüber
und da wir stets Optimisten sind, hoffen wir, dass das
Fehlende gar bald wieder zu haben sein wird. Ist nur
einmal der Anfang gemacht, sind nach dem Friedens-
schluss die Grenzen wieder offen, dann wird es nicht
mehr lange dauern, dass alles zu haben sein wird. Ob
zu niedrigeren Preisen — das ist eine andere Frage.

Vertag der Werkstatt der Kunst E. A. Seemann, Leipzig.
 
Annotationen