Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Münchner kunsttechnische Blätter — 15.1918-1919

DOI Heft:
Nr. 20
DOI Artikel:
Hillig, Hugo: Dekorative Techniken [7]
DOI Artikel:
Berger, Ernst: Die Aufgaben des Konservators in unseren Museen [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.36588#0119

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nr. gö

Münchner kunsttechnische Blätter

ng

trocknet und dass die Pinseifurchen nicht oder nur
wenig verfkessen. Sikkativ tut es schon, noch besser
aber tut es Zaponlack, der überhaupt in der Technik
des Maiers mehr Beachtung verdient; ais Trocken-
mittei ist er ganz ausgezeichnet, denn er ist ein vor-
trefflicher Katalysator. Mit ihm geiingt es, auch kräf-
tigere Piastik zu erzeugen, die den Vorteil hat, dass
sie bald hart durchtrocknet und dass die Kanten und
Schärfen der Form sanft verlaufen und die Farbmasse
selbst ein sammetähnliches Aussehen erhält. Man kann
damit eine Plastik in der Höhe eines Millimeters und
darüber erreichen, wenn nur die Masse konsistent
genug ist.
(Schluss folgt.)

Die Auigaben des Konservators
in unseren Museen.
Von Ernst Berger.
(Sonderabdruck aus der Museumskunde.)
Kunstschätze wie Gemälde, Statuen, Werke der
Kleinkunst usw. werden gewöhnlich als tote Güter an-
gesehen, die so viel wie keiner Veränderung ausgesetzt
sind, sobald sie an einem festen Standplatze, wie es
unsere Museen sind, aufgestellt werden. Für Statuen
aus Stein oder Bronze mag dies auch bis zu einem ge-
wissen Grade richtig sein. Im geschlossenen Raume
eines Museums ist der Stein, Marmor oder wms es immer
sei, kaum der Verwitterung ausgesetzt, wie etwa ein
im Freien befindliches Monument, auch Bronzen sind
der Veränderung durch die Atmosphärilien, deren Ein-
fluss wir gewöhnlich mit Patinierung bezeichnen, im
Innenraume kaum merklich ausgesetzt.
Anders verhält es sich mit Gemälden auf Holz oder
Leinwand, mit Miniaturen, Zeichnungen und dgl. Wenn
sie auch noch so alt sind, so sind sie dennoch gewissen
Einflüssen unterworfen, die sich zum Schaden der
äusseren Erscheinung oder der substantiellen Festig-
keit geltend zu machen imstande sind. Schäden an der
äusseren Erscheinung, um mit diesem sehr wichtigen
Umstande zu beginnen, zeigen sich vor allem an den
Veränderungen der Farben, dem Verblassen, Ver-
schiessen oder wie man es nennen mag, einerseits und
an dem Nachdunkeln, Vergilben, Braunwerden anderer-
seits.
Fast scheint es überflüssig, in den Spalten der
„Museumskunde" über derlei gewiss allseitig bekannte
Dinge nur ein Wort zu verlieren. Denn die in unseren
Museen befindlichen Schätze sind zumeist so alt und
die Gefahr kaum mehr vorhanden, dass die Farben noch
nachdunkeln oder verblassen, da was nachdunkeln könnte,
ja längst nachgedunkelt sein muss, und was an Farben
nicht schon verblasst ist, auch nicht weiter veränder-
lich sein dürfte. Aber für jeden Konservator handelt
es sich auch um neue Zugänge an Kunstgegenständen
aller Art, um Platzveränderungen bei Neuaufstellung der
Sammlungsgegenstände und dgl. Kostbare Miniatur-
gemälde, die bisher vielleicht in verschlossenen Depo-
sitorien der Bibliothek verwahrt wurden, neuere Aquarell-
malereien, die durch Vermächtnis, durch Ankäufe in
den Besitz des Museums gelangt sind usw., harren der
Aufstellung in neuen, hellen Räumen, und was vordem
in nur wenig lichtreichen Korridoren Platz finden musste,
kommt jetzt in hell von der Sonne beleuchtete Säle.
Da kann nun freilich die Gefahr eintreten, dass die bis-
her vor grellem Tageslicht bewahrten Pergamentmale-
reien ihre Farben verändern, dass neu angeschaffte
Aquarellmalereien in kurzer Zeit Schaden an ihrer Ge-
samtwirkung erleiden. Denn gar manche der von den
alten Mönchen hergestellte „Färblein" und „Tinkturen"
sind aus PHanzensäften bereitet, die „in Büchern gar

lieblich" sind, wie sich einer von ihnen ausdrückt, aber
dem Licht keinen oder nur sehr geringen Widerstand
leisten. Besonders die gesuchten Violett und Rosa sind
wenig haltbar, wenn sie aus der Lackmus- oder Orseille-
hechte, aus Crozophora oderCoccus bereitetwurden.*)
Die viel gebrauchte, Tournesol genannte Pflanzenfarbe
der Miniaturisten (man unterschied eine blauviolette und
eine rotviolette Nüanze) ist ebensowenig lichtecht als
der Karmin der späteren Aquarellmaler.
Wie sorglos in dieser Richtung die heute mit grossen
Summen bezahlten englischen Aquarellmaler der Turner-
zeit vorgingen, bezeugt der Umstand, dass nach einer
von englischen Physikern vorgenommenen Rundfrage
der grösste Teil zum Malen sich Farben bediente, die
als lichtunbeständig gekannt sind. Die Folge dieser
Entdeckung war, dass die Verwaltung des Kensington-
Museums ihre in drei grossen Oberlichtsälen aufgestellte
Sammlung kostbarster englischer Aquarelle mit dunkel-
grünen Vorhängen versehen liess und Anordnung traf,
dass diese das Licht abhaltenden Vorhänge nur während
der öffentlichen Besuchsstunden hochgezogen werden.
Neueren Beobachtungen zufolge sind es bestimmte
Strahlenarten, nämlich die chemisch-wirksamen des
weissen Tageslichtes, die am meisten Anteil haben an
dem bleichenden Einfluss auf die Farben, und man hat
durch Experimente im Kleinen gefunden, dass verschie-
dene fluoreszierende Stoffe, wie z. B. eine Lösung von
Chininsulfat, trotz des Beseitigens gefährlicher Strahlen
dieLichtfarbenicht merklich beeinflussenunddoch seine
chemische Wirksamkeit vermindern. Church, dessen
trefflichem Buche**) ich hier folge, schrieb schon 1890:
„Wahrscheinlich wird einmal ein durchsichtiger Schirm
mit diesen Eigenschaften in unseren Galerien in An-
wendung kommen". Seitdem ist eine Vorrichtung mit
farbigem Glas — Pfauenblau und Gelb — von dem auf
dem Gebiete längst bekannten englischen Physiker Sir
W. Abney empfohlen im Victoria- and Albert-Museum
(London) eingeführt worden, um das Eindringen eines
grossenTeiles derim Himmelslichte schädlichenStrahlen
zu verhindern.
Daraus kann man ersehen, wie wichtig die Frage
der Beleuchtung in den Galerien ist. Dass bei uns so
viel wie gar keine Rücksicht auf diese Dinge genommen
wird, ist gewiss nicht zu leugnen. Ein nicht weniger
beobachtenswerter Umstand tritt neuestens in vielen
Museen hinzu, weil sie auch in den Abendstunden zugäng-
lich gemacht sind und es hier ungemein viel auf die
Art der Beleuchtung, ob elektrische oder Gasbeleuch-
tung ankommt. Die nachteiligen Wirkungen der sich hier-
bei bildenden Verbrennungsprodukte sowie das gelegent-
liche Entweichen unverbrannten Gases sind nicht weniger
zu fürchten als die grelle Tagesbeleuchtung. Ich möchte

*) Selbst der als unvergänglich bezeichnete alte
Purpurfarbstoff ist in den auf uns gekommenen Bei-
spielen ursprünglich anders gefärbt gewesen, denn nach
einigen vorhandenen Rezepten der frühen Perioden, wie
dem Thebaner Kodex X der Leydener Bibliothek oder
dem Lucca-Manuskript, dasMuratori herausgegeben hat,
zu schliesscn, wurden bei Purpurfärbungen allerlei Surro-
gate pflanzlichen und tierischen Ursprungs verwendet,
um die allzu teure echte Farbe aus Murex oder Hae-
mostoma zu ersetzen. So ist es verständlich, dass wir
heute auf Purpurpergament geschriebene Kodizes sehen,
deren Farbe eher schwarz als purpurn erscheint. Wie
prächtig mag der Codex aureus oder die Bibel des Ulfilas
ursprünglich gewesen sein, mit ihren Gold- und Silber-
buchstaben auf intensiv violettem Grunde?
**) A. H. Church: „The chemistry of Paints and Paint-
ing; in deutscher Uebersetzuug von M. u. W. Ost-
wald: Farben und Malerei. München, Verlag von Georg
D. W. Callwey, 1918 (Sammlung maltechn. Schriften
Bd. III).
 
Annotationen