Münchner kunsttechnische Biätter
Nr. tS
!04
soviel ich weiss, schon gemeldet. Eine zum Teil
bronzierte spanische Wand war auch da, an der
ein Stück bemait war, das später herausgeschnitten
von der Gottfried Kellerstiftung erworben und das
heuer mit der Pest ausgestellt war im Künstlerhaus.
ß. Fleiners**) Behauptung ist nicht richtig. Die
Holztafeln wurden mit Kanevas überzogen mittels
Käseleim (Kasein), dem striksten Leim, nachher
wird dieser Kanevas erst mit heissem dünnen
Leimwasser getränkt (Kölner Leim) und dann der
Kreidegrund (Champagner Kreide und Kölner Leim)
schichtenweis warm aufgestrichen, nachher ge-
schliffen.
Fleiner hat offenbar den Leim mit dem Kirsch-
gummi verwechselt, der zum Malen diente.
4. Mit dem Abhobeln einer Stelle oder Partie
durch den Schreiner hat es seine Richtigkeit.
Das kam aber bloss bei Oel- resp. Firnisbildern
vor. Die Temperabildcr pflegte Böcklin erst
am Schluss zu firnissen (also resp. zu fixieren)
und vorher konnte man die Stelle ja mit Wasser
abwaschen. Böcklin pflegte allerdings auch bei
den Firnisbildern erst sich mit reinem Spiritus
(90 %) zu helfen, bevor er zum Abhobeln griff.
Man bestrich die betreffende Stelle damit, unter
Umständen nahm man noch Schmierseife zu Hilfe,
worauf sich die Malerei abschaben oder auch mit
Bimstein abreiben Hess.
Böcklin hatte eben grossen Respekt vor dem
Durchwachsen des Unterliegenden, was ja auch
bei vielen alten Meisterbildern beobachtet
werden kann.
Von Aenderungen, die Böcklin vornahm an
seinen Bildern:
1. Von derjenigen der Cimbernschlacht habe
ich in jenem Kunstwartaufsatz geschrieben. Er
hüllte diesen Kampf erst später in Nebel, um die
Ueberrumpelung durch die wilden Germanen besser
zu erklären (glaube ich!).
2. Auf dem Centaur in der Schmiede war erst
hinten ein dickes Centaurenweib den Berg herauf-
kommend mit Bündeln bepackt.
ß. Von dem Vers auf dem vita somnium breve
wissen Sie.
4. Auf dem Madonnentriptychon hat er die
Madonna in der Mitte nochmals neu gemalt.
$. Auf dem andern Triptychon war der pfeile-
wetzende Amor erst etwas anders.
Jetzt fällt mir sonst nichts mehr ein, soviel ich
darüber nachdenke. Ich würde Ihnen jetzt aber
doch dringend raten, einmal zu dem Sägenfeiler
W. in Hattingen zu gehen, wenn es auch ein
bisschen ein rauher Mensch ist, so wird er gewiss
einiges Interessante zu sagen wissen. Er ist oft
in seinem Laden und feilt und macht gern viel
Sprüche dabei, wenn auch vielleicht nachher eine
**) Atbert Fleiner, der eine Schrift über Böcklin
herausgegeben hat.
Sichtung des Materials nötig sein wird. Sein Laden
resp. Werkstatt ist an der Strasse, welche vom
alten Schulhaus Hattingen den Berg hinaufführt.
Er war also Heizer bei Böcklin und grundierte
auch seine Maltafeln. Er ist ein bisschen ein
Mensch, der alles besser weiss. Er nahm, trotz-
dem der Professor es nicht wollte, immer ginacle
(ich weiss nicht, wie man es schreibt und was es
eigentlich ist, es ist ein weisses Pulver, eine Art
Seife*) in die Kreide. Böcklin Hess es geschehen,
weil ers immer anpries, ich weiss nicht mehr
wesswillen.
Zuletzt dankte ihn der Professor ab, weil er
ihm, glaube ich, zu teuer war.
So will ich hier schliessen. Das Buch von
Berger und diejenigen von Ludwig nebst den
Farbentafeln (welche keinen grossen Begriff von
der Künstlerschaft Ludwigs geben) sende ich Ihnen
gleich zu. Ob Sie sie kaufen wollen, sehen Sie
dann ja gleich. Eine Zeitlang kann ich sie schon
entbehren.
Auch eine Kritik aus den M. N. N. sende ich
Ihnen gleichzeitig über unsere Ausstellung, welche
Sie nicht zurückzuschicken brauchen . . . Meine
Studien in der Schweiz kommen mir zustatten.
Viele herzliche Grüsse senden Ihnen Ihre
Albert und Emeline Welti nebst Sohn.
(Fortsetzung folgt.)
25 Jahre Münchener Maitechnik.
Von E. B.
(10. Fortsetzung.)
In einer Reihe von jährlichen Zusammenkünften
der Vereinigung der Farbeninteressenten, meist in
direktem Anschluss an die Tagungen des deutschen
Malerbundes in Hannover, Nürnberg u. a., waren
alle Einzelheiten für die Bearbeitung und Heraus-
gabe des „Farbenbuches" endlich bestimmt und
die einzelnen Teilarbeiten waren zur Gesamt-
redaktion schon bereitgestellt worden; es ergab
sich die Möglichkeit, mit dem „Deutschen Werk-
bund" in Verbindung zu treten, der seine Publi-
kation über die Materialien (Metall, Steine,
Hölzer usw.) als 2. Band des „Farbenbuch"
herausgeben wollte, wodurch die geschäftliche
Seite des Unternehmens gesichert werden konnte.
Subskriptionslisten wurden bereits in Umlauf ge-
bracht, und es schien, als ob das umfassende,
jahrelang vorbereitete Werk alsbald das Licht der
Welt erblicken sollte. Da trat das unerwartete
Ereignis ein, an das kaum die nächste Umgebung
Keims zu denken wagte, eine Folge der nicht
mehr aufhaltbaren Nervenzerrüttung, die dem sonst
so energischen Mann den Revolver in die Hand
drückte.
*) Gemeint ist jedenfalls China clay, weisser Bolus
oder Pfeifenerde, von den Vergoldern zur Grundierung
viel verwendet. E. B.
Nr. tS
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soviel ich weiss, schon gemeldet. Eine zum Teil
bronzierte spanische Wand war auch da, an der
ein Stück bemait war, das später herausgeschnitten
von der Gottfried Kellerstiftung erworben und das
heuer mit der Pest ausgestellt war im Künstlerhaus.
ß. Fleiners**) Behauptung ist nicht richtig. Die
Holztafeln wurden mit Kanevas überzogen mittels
Käseleim (Kasein), dem striksten Leim, nachher
wird dieser Kanevas erst mit heissem dünnen
Leimwasser getränkt (Kölner Leim) und dann der
Kreidegrund (Champagner Kreide und Kölner Leim)
schichtenweis warm aufgestrichen, nachher ge-
schliffen.
Fleiner hat offenbar den Leim mit dem Kirsch-
gummi verwechselt, der zum Malen diente.
4. Mit dem Abhobeln einer Stelle oder Partie
durch den Schreiner hat es seine Richtigkeit.
Das kam aber bloss bei Oel- resp. Firnisbildern
vor. Die Temperabildcr pflegte Böcklin erst
am Schluss zu firnissen (also resp. zu fixieren)
und vorher konnte man die Stelle ja mit Wasser
abwaschen. Böcklin pflegte allerdings auch bei
den Firnisbildern erst sich mit reinem Spiritus
(90 %) zu helfen, bevor er zum Abhobeln griff.
Man bestrich die betreffende Stelle damit, unter
Umständen nahm man noch Schmierseife zu Hilfe,
worauf sich die Malerei abschaben oder auch mit
Bimstein abreiben Hess.
Böcklin hatte eben grossen Respekt vor dem
Durchwachsen des Unterliegenden, was ja auch
bei vielen alten Meisterbildern beobachtet
werden kann.
Von Aenderungen, die Böcklin vornahm an
seinen Bildern:
1. Von derjenigen der Cimbernschlacht habe
ich in jenem Kunstwartaufsatz geschrieben. Er
hüllte diesen Kampf erst später in Nebel, um die
Ueberrumpelung durch die wilden Germanen besser
zu erklären (glaube ich!).
2. Auf dem Centaur in der Schmiede war erst
hinten ein dickes Centaurenweib den Berg herauf-
kommend mit Bündeln bepackt.
ß. Von dem Vers auf dem vita somnium breve
wissen Sie.
4. Auf dem Madonnentriptychon hat er die
Madonna in der Mitte nochmals neu gemalt.
$. Auf dem andern Triptychon war der pfeile-
wetzende Amor erst etwas anders.
Jetzt fällt mir sonst nichts mehr ein, soviel ich
darüber nachdenke. Ich würde Ihnen jetzt aber
doch dringend raten, einmal zu dem Sägenfeiler
W. in Hattingen zu gehen, wenn es auch ein
bisschen ein rauher Mensch ist, so wird er gewiss
einiges Interessante zu sagen wissen. Er ist oft
in seinem Laden und feilt und macht gern viel
Sprüche dabei, wenn auch vielleicht nachher eine
**) Atbert Fleiner, der eine Schrift über Böcklin
herausgegeben hat.
Sichtung des Materials nötig sein wird. Sein Laden
resp. Werkstatt ist an der Strasse, welche vom
alten Schulhaus Hattingen den Berg hinaufführt.
Er war also Heizer bei Böcklin und grundierte
auch seine Maltafeln. Er ist ein bisschen ein
Mensch, der alles besser weiss. Er nahm, trotz-
dem der Professor es nicht wollte, immer ginacle
(ich weiss nicht, wie man es schreibt und was es
eigentlich ist, es ist ein weisses Pulver, eine Art
Seife*) in die Kreide. Böcklin Hess es geschehen,
weil ers immer anpries, ich weiss nicht mehr
wesswillen.
Zuletzt dankte ihn der Professor ab, weil er
ihm, glaube ich, zu teuer war.
So will ich hier schliessen. Das Buch von
Berger und diejenigen von Ludwig nebst den
Farbentafeln (welche keinen grossen Begriff von
der Künstlerschaft Ludwigs geben) sende ich Ihnen
gleich zu. Ob Sie sie kaufen wollen, sehen Sie
dann ja gleich. Eine Zeitlang kann ich sie schon
entbehren.
Auch eine Kritik aus den M. N. N. sende ich
Ihnen gleichzeitig über unsere Ausstellung, welche
Sie nicht zurückzuschicken brauchen . . . Meine
Studien in der Schweiz kommen mir zustatten.
Viele herzliche Grüsse senden Ihnen Ihre
Albert und Emeline Welti nebst Sohn.
(Fortsetzung folgt.)
25 Jahre Münchener Maitechnik.
Von E. B.
(10. Fortsetzung.)
In einer Reihe von jährlichen Zusammenkünften
der Vereinigung der Farbeninteressenten, meist in
direktem Anschluss an die Tagungen des deutschen
Malerbundes in Hannover, Nürnberg u. a., waren
alle Einzelheiten für die Bearbeitung und Heraus-
gabe des „Farbenbuches" endlich bestimmt und
die einzelnen Teilarbeiten waren zur Gesamt-
redaktion schon bereitgestellt worden; es ergab
sich die Möglichkeit, mit dem „Deutschen Werk-
bund" in Verbindung zu treten, der seine Publi-
kation über die Materialien (Metall, Steine,
Hölzer usw.) als 2. Band des „Farbenbuch"
herausgeben wollte, wodurch die geschäftliche
Seite des Unternehmens gesichert werden konnte.
Subskriptionslisten wurden bereits in Umlauf ge-
bracht, und es schien, als ob das umfassende,
jahrelang vorbereitete Werk alsbald das Licht der
Welt erblicken sollte. Da trat das unerwartete
Ereignis ein, an das kaum die nächste Umgebung
Keims zu denken wagte, eine Folge der nicht
mehr aufhaltbaren Nervenzerrüttung, die dem sonst
so energischen Mann den Revolver in die Hand
drückte.
*) Gemeint ist jedenfalls China clay, weisser Bolus
oder Pfeifenerde, von den Vergoldern zur Grundierung
viel verwendet. E. B.