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Münchner kunsttechnische Blätter — 15.1918-1919

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Nr. 20
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Welti, Albert; Welti, Emeline: Albert Welti über Böcklins Technik [4]
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Berger, Ernst: 25 Jahre Münchener Maltechnik [13]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36588#0116

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Münchner kunsttechnische Blätter

Nr 3o

i :6

schwarzen Grund, den er nicht beschmutzen wollte
Die Buchstaben durfte ich nach seiner Angabe
zeichnen und in Papier ausschneiden.
4. Was Würtenberger auf S. 6 seiner Schrift
sagt.
Es ist allerdings richtig, dass Böcklin z. B. nie
einen Karton für seine Bilder machte, wohl aus
alter Antipathie gegen die Cornelianer. Denn
einen Wert hat ein Karton schliesslich doch,
wenn das Bild nämlich schon vorher in Hell und
Dunkel überlegt ist. Aber da hat der Meister
doch auch wieder recht: der Empfindung und dem
inwendigen Feuer bei der Arbeit folgt man besser,
wenn man gleich fertig zu malen anfängt. Er
tats aber auch verschieden. Das Meerschloss
z. B., das Henneberg besitzt, hatte er 1894 in
Florenz flott als grosse Skizze behandelt, als er
anfing zu malen, ich glaube in einem Tage, sagte
er mir, hätte er die ganze Gesamtwirkung so
untermalt.
Er überlegte ja manchmal ungeheuer lange, bis
er anfing.
Was Würtenberger auf S. 4, $, 6 sagt, ist
ganz richtig. Böcklin waren zuerst ganz kleine
Skizzen meist in grüner Erde und Weiss, höchstens
auch einem Braun oder Schwarz seine Wegweiser.
Dann fing er meist mit grüner Erde auf der
sauberen weissen Fläche zu zeichnen an, wusch
mit dem Schwamm wieder weg, was nicht passte,
kam dann mit der grünen Erde immer tiefer in
die Bildwirkung hinein, schliesslich noch mit Braun
oder Schwarz, setzte sogar weisse Lichter auf.
Aber einen Karton machte er nie, das ist auch
richtig. Man arbeitet viel inwendiger gleichsam
und direkter auf die gute Wirkung los, wenn man
sich auch natürlich so leichter verhaut in der
Zeichnung. Doch schämt es mich, diese philiströse
Nebenbemerkung zu machen gegenüber dem
Meister. Die modernen Maler machens schliess-
lich auch oft so, aber schmieren Oelfarbe auf
Oelfarbe, die man nicht mehr wegnehmen kann
und wodurch das Bild immer stumpfer wird.
5. Der Farbenreibertisch stand in der hintersten
Ecke der dritten, „innersten" Abteilung des Ateliers,
wo ich arbeitete; hier stand auch ein schöner
alter Renaissancekasten. In der mittleren Abteilung
das Harmonium und in der Mitte desselben ein
Junker und Ruh-Füllofen, der später hauptsächlich
das Atelier heizte, ausserdem in dieser mittleren
Abteilung unter dem hochgelegenen Fenster ein
Gestell (Etagere). Da hatte er alle seine Farben
und Schächtelchen, nicht auf dem Podium, wo er
sich bloss die Palette aufsetzte.
6. In Wasser verreiben heisst also das Farben-
pulver bloss mit Wasser, nicht mit einem Binde-
mittel, Gummi usw. anreiben, um sie nachher unter
Wasser aufzubewahren, um sie später erst beim
Gebrauch mit einem Bindemittel zu mischen, ohne
sie nochmals reiben zu müssen.

So bin ich denn hier am Schluss, und wenn
Sie was wissen möchten, schreiben sie es doch
ungeniert . . .
Seien Sie recht herzlich gegrüsst und vielmal
bedankt von Ihren
Albert Welti nebst Frau und Sohn.
25 Jahre Münchener Maitechnik.
Von E. B.
(Schluss.)
Diesen Ausblick in die Zukunft will ich nicht
schliessen, ohne noch einen letzten Wunsch bei-
zufügen, dessen Erfüllung so leicht ist, dass er
nicht erst einige Jahre nach Kriegsende hinaus-
geschoben werden sollte, nämlich die Gründung
des Archivs für Maltechnik. Jedes Jahr der
Verzögerung bedeutet einen Verlust, der nicht
wieder hereinzubringen ist. Die Idee müsste überall
verbreitet und allgemein gemacht werden; jeder
einzelne sollte das Gefühl haben, wie wichtig das
Sammeln von wichtigen Dokumenten, Erinnerungen,
eigenen Erfahrungen und bestimmten Tatsachen
wäre, und dass er die moralische Verpflichtung
der Allgemeinheit gegenüber habe, mitzuarbeiten
an dem gemeinsamen Ziel. Erst kürzlich hat
Prof. II. Urban die gleiche Idee geäussert und
man darf sie nicht wieder fallen lassen! Weitere
Gründe vorzubringen, ist überflüssig. Vor einigen
Monaten starb ein Mann, der Jahre seines Lebens mit
Maltechnik und Farbenherstellung verbrachte; seine
Fabrikate sind von vielen Künstlern gebraucht
und geschätzt, aber nicht ein einziges Rezept hat
er hinterlassen, die Erfahrungen von Jahrzehnten
sind verloren gegangen, weil das Archiv für Mal-
technik noch nicht da ist! Sein Name ist Gunder-
mann. Und so würden noch viele Verluste sich
aneinanderreihen, wenn nicht endlich ein Anfang
gemacht wird. Wohin werden die Tausende
Präparate Raehlmanns gelangen? Wer wird sich
um die Hunderte von Malproben kümmern, um
die hinterlassenen Schriften, um wichtige Briefe
und Aufschreibungen, die jetzt noch leicht zu
erreichen wären, die aber verloren sind, wenn die
Urheber die Augen schliessen? Was heute von
manchen für unbedeutend gehalten wird, ist in
hundert Jahren vielleicht ein grosser Schatz, eine
Quelle der Erkenntnis! Hätten wir solche Schätze
aus früheren Zeitaltern aufbewahrt, wie glücklich
wären wir dran! Dass über Dürers oder Holbeins
Maltechnik nichts auf uns gekommen ist, das ver-
wundert nicht, aber dass wir von Leibi und seinem
nächsten Kreis, die doch kaum wenige Jahre tot
sind, gar keine authentischen Berichte besitzen,
ist höchst betrübend!
Wir müssen endlich den Anfang machen, nach
dem Grundsatz: „Wo ein Wille, da ist auch ein
Weg." Jeder sorge selbst dafür, dass dieser Weg
gefunden wird, er sammele die ihm wichtig
 
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