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Münchner kunsttechnische Blätter — 15.1918-1919

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Nr. 20
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Welti, Albert; Welti, Emeline: Albert Welti über Böcklins Technik [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36588#0115

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Maachea, 7. Juli 1919.

Bsüagt zw „Werkstatt der Kaeat" (E. A. Seenasa, Leipzig).
Eraehe!at)4tägig aater Leitaag voa Maier Prof.Erast Berger.

IV. jahrg, Nr. 20

Inhalt: Atbert Welti über Böcklins Technik. (Schiuss.) — 25 Jahre Münchner Maitechnik. Von E. B
(Schiuss.) — Hugo Hiiiig: Die dekorativen Techniken. (6. Fortsetzung.) — Die Aufgaben des
Konservators in unseren Museen. Von Ernst Berger.

Albert Welti über Böcklins Technik.
(Schluss.)

V.
Solln I, 5. Januar 1902.
Lieber Herr Professor!
Verzeihen Sie mir, dass ich Ihnen so lang nicht
antwortete. Sie dürfen eben nie schreiben, es
pressiere nicht. Gestern ist Ihre liebe Karte ge-
kommen, die ich gleich beantwortete, und heute
früh Ihr Böcklin-Neujahrheft der Künstlergesell-
schaft*), das ich gleich mit Begierde durchgelesen
und zwar glaube ich, heute schon zweimal durch ...
Doch nun zu den Fragen, sonst quatsche ich
noch mehr Blech zusammen, wie meine verrückte
Neujahrskarte eins ist, von der Sie morgen eine
erhalten. Sie sind nicht eher fertig geworden, sind
auch in Zürich gedruckt.
Also! Welche Motive in Zürichs Umgebung ich
namhaft machen kann auf Böcklins Bildern ausser
der Heimkehr.
Nun einmal auf der „Gartenlaube". Die Laube
von Prof. Lasius**) und die hintere Seite seines
Bienenhauses oder was es war. Wo ich übrigens
das gelesen, dass er Prof. Lasius darin habe sitzen
sehen und ihm das die Idee der Gartenlaube ge-
geben? Habe gerad nachgeschaut, das hat Würten-
berger***) geschrieben und hats wohl von mir
gehört. Ich habe aber nie gesagt, Böcklin habe
den Prof. Lasius in seiner Laube sitzen gesehen,
sondern ich sagte bloss, dass er das landschaft-
liche Motiv von dort her habe. Um jene Zeit aber,
da er die Gartenlaube malte, hatte er viel Kummer
wegen seiner Söhne, und waren fast alle Kinder
*) Adolf Frey, Arnold Böcklin in Zürich. Neujahrs-
blatt der Zürcher Kunstgesellschaft, 190t.
**) Architekt, dessen Haus in der Nähe von Böcklins
Atelier stand.
**') Ernst Würtenberger, Arnold Böcklin, 1902.

ausgeflogen. Bei der „Freiheit" glaube ich, dass
er die Ideen sich beim Anblick des Nebelmeers
auf dem Uetliberg geholt hat, wenigstens sprach
er sich sehr begeistert aus an einem Montag, als
er am Sonntag oben es gesehen um jene Zeit
herum. Ob auf seiner Nacht die Mondscheinlicht-
landschaft unserer Gegend abgelauscht sei, lässt
sich nicht sagen. Bei Böcklins freigestaltender
Schaffenskraft können solche Motive nur leise an-
gedeutet werden. Wenn einer frei aus sich heraus
schafft, hindert ihn jedes feste Anklammern an
ein Motiv in seiner Freiheit.
2. An chemische Untersuchungen kann ich
mich nicht erinnern. Die Erfahrung bei jeder
Farbe ist hier für den Maler das ausschlaggebende,
und wenn die Farbe recht schön aussieht, ist er
bald dazu verführt, später sieht er dann, was sie
wert ist. Ich spreche da ganz von Pulverfarben,
welche selber angerieben werden. Von ange-
riebenen Fabrikfarben weiss man, was sie ent-
halten müssen, um lang genug frisch zu bleiben,
bis sie der Maler kauft und aufgebraucht hat.
Einmal lehrte mich Böcklin Ocker in Pulver
in einem Löffel über Feuer zu brennen, dass er
rot wurde. Zur Konservierung der Emulsion und
Verhütung der Fäulnis tat er nichts und hatte es
teilweise nicht nötig.
3. Unter neutraler Untermalung von „Arbeit
und Sorge" verstehe ich eine Untermalung ohne
verschiedene Farben in einer unausgesprochenen
Farbe, in diesem Falle untermalte er „Armut und
Sorge" in bräunlichen und schwärzlichen Tönen.
Die Lichtpartie aber weiss lassend, welche er im
zweiten Stadium mit Farbe überging. Die Buch-
staben von „Armut und Sorge" sowie Initialen
und Jahreszahl schablonierte er später auf den
 
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