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Münchner kunsttechnische Blätter
Nr. 9
anprall ausgesetzt. (Sie wurden später durch Mosaik
ersetzt.) Ein gleiches Schicksal erlitt der Neher'sche
Fries an der Aussenseite (nach Osten gelegen)
des Isartores, durch völlige Schwärzung der Farben,
sodass eine Erneuerung nötig wurde.
(Fortsetzung folgt.)
Geschichte der Grundierungsmethoden
tür Holztatein und Leinwänden.
(8. Fortsetzung.)
Ein solches Werkbuch, das älteste bis jetzt
bekannte, in deutscher Sprache verfasst, ist uns
in dem Strassburger Manuskript erhalten. Die
Urschrift ist bei dem Brande der Bibliothek im
Jahre 18/0 verbrannt, aber es ist mir gelungen,
eine Kopie davon in der Bibliothek der National-
Gallerie zu London wieder zu finden und das Manu-
skript im vollen Wortlaut abzudrucken*).
In diesem Manuskript, das wahrscheinlich An-
fang des 1$. Jahrh. abgefasst wurde, wird sowohl
von der Malerei mit Leimfarben als auch von Oel-
malerei gesprochen. Leider fehlen hier ausführ-
lichere Angaben über Grundierung von Tafeln oder
Leinwand, aber aus einem Kapitel für Vergoldung
mit Beize („Goldfarbe", mordent) erfahren wir, dass
der Lomgrund, den die Technik der Vergoldung
von jeher gekannt hat, als Unterlage gedient haben
wird.
Es heisst dort:
(78) . . .„Wiltu uff holtz oder uff tuch oder uff
zendel vergüidcn, so überstrich das holtz vorhin
mit frischem ltme zwürent oder dristund (zwei
oder dreimal), dass das holtz getränkt werde und
tu den anderen ouch also und wenn der lim trucken
wird uff dem holtz oder uff dem tuch oder uff
dem lein, so strich die goldvarw über den lim mit
einem weichen bürste bensel . . . ."
Es scheint dies ein vereinfachteres Verfahren
gewesen zu sein, da die Unterlagen nur mit Leim
getränkt zu werden brauchten. Aus einerweiteren
Notiz an derselben Stelle ist zu entnehmen, dass
bei harten Unterlagen an Stelle des Leims die
Oeltränke tritt. Es heisst da:
„Hier merk, isen (Eisen), zinn, bli (Blei) und
alle andri herti gesmide und bein und söliche herti
ding, di bedarfent nit dass man si vorhin mit lim
überstriche, wenn allein holtz und tuch, aber uff
steinen und uff muren di sol man vor mit öli trenken
e man die goldvarw uff strichet und zu glichcr-
wise als hie vor gelert ist, also sol man auch
andri ding übergülden**)."
Dass im Strassburger Ms. Angaben über die
eigentliche Grundierung von Tafeln fehlen, findet
*) S. m. Beiträge 111, S. !59—!75-
**) Bas beschriebene Verfahren ist die sog. Oel-
oder Mattvergoldung, wie sie auch heute noch in
Uebung ist.
darin seine Erklärung, weil die Hauptteile des Ms.
nur für „Illuminierer" bestimmte Anweisungen ent-
halten und so findet sich auch hier das genaue
Rezept (Nr. Iß) zur Herstellung des „Fundaments"
für Vergoldung und Silber, wie solche in den Minia-
turen der Zeit allgemein gewesen sind.
Dieses „Fundament" (ital. assiso) besteht aus
sog. Kollerkreide („creta pehicaria, das ist die die
kürsner hant", weisser Bolus oder Pfeifenton), die
mit Fischleim angemacht und nochmals fein ge-
rieben wurde. Auf diesem vorher säuberlich ge-
glätteten Grund, wurde die Vergoldung „in Büchern"
angesetzt. (Genaueres darüber ist zu finden in dem
Abschnitt über Miniaturmalerei, m.Beitr. 111, S. 19/).
Ob zu dem obenerwähnten Leim- und Oelgrund
noch Farben (wie Bleiweiss bei Heraclius für Oel-
grund, Gips zum Leim bei Theophilus) genommen
werden sollten, ist aus dem Manuskript nicht ersicht-
lich, bei der Fortdauer der Tradition aber sehr
wahrscheinlich.
In einer anderen deutschen Rezeptensammlung
aus dem Anfang des 16. Jahrh., dem Liber illu-
ministarius (Münch. Bibliothek, cod. germ. 821)
aus dem Kloster Tegernsee, sind Aufzeichnungen,
Tafeln und Leinwänden zuzubereiten, enthalten, die
in ihrer Ausführlichkeit als eine willkommene Er-
gänzung des Strassburger Ms. angesehen werden
können.
Die für uns wichtigen Abschnitte sind die
folgenden (s. m. Beitr. 111, S. 179):
„Item zu vergulden auff holtz:
Nym die tafel oder das pild oder was du sonst
von holtz vergülden wilt vnd lueg (schau) ob es
nest (Aeste) hab oder pechclumsen. Die scherst
herauss vnd leym ander holtz hinein. Darnach wo
es klayne grübleich (Grübchen) hab oder clumsen,
die fül auss also: Nim loe von einem leder und
misch ein wenig mel (Mehl) darein und ruers an
mit ainem sauber holtz leim (Knochenleim?) vnd thue
darnach ein wenig varben leim darein, und fül die
gruebel vnd die clumpsel domit aus vnd las truckcn
werden."
Item den varb leim mach also: „Nim die ab-
schnitz von einem per(gament)ler und leg die in
einem haffen wol halbu (halbvoll) vnd geuess in
vol wasser vnd lass in sieden pis im erweichen
hand ein stund. Darnach seich in durch ein sak
oder durch ein tuch oder lass in sten en halbe ora
vnd schaim in dann oben ab mit einem sak. Dar-
nach lass in aber en halbe ora sten und geuss
den das guet ab vnd behald das vnd nutz, vnd
wen er als lang staend, das er anhueh (anfängt)
ze faulln, so sewd (siede) in mer so wird er
wider frisch "
„Darnach vergült also."
Item nim das bereit holtz es sey was es dann
sey vnd leimtrenks zwe malen oder mer vnd tu
das also: Nim den varb leim vnd mach in gar
heyss vnd das holtz mach auch warme vnd streuch
Münchner kunsttechnische Blätter
Nr. 9
anprall ausgesetzt. (Sie wurden später durch Mosaik
ersetzt.) Ein gleiches Schicksal erlitt der Neher'sche
Fries an der Aussenseite (nach Osten gelegen)
des Isartores, durch völlige Schwärzung der Farben,
sodass eine Erneuerung nötig wurde.
(Fortsetzung folgt.)
Geschichte der Grundierungsmethoden
tür Holztatein und Leinwänden.
(8. Fortsetzung.)
Ein solches Werkbuch, das älteste bis jetzt
bekannte, in deutscher Sprache verfasst, ist uns
in dem Strassburger Manuskript erhalten. Die
Urschrift ist bei dem Brande der Bibliothek im
Jahre 18/0 verbrannt, aber es ist mir gelungen,
eine Kopie davon in der Bibliothek der National-
Gallerie zu London wieder zu finden und das Manu-
skript im vollen Wortlaut abzudrucken*).
In diesem Manuskript, das wahrscheinlich An-
fang des 1$. Jahrh. abgefasst wurde, wird sowohl
von der Malerei mit Leimfarben als auch von Oel-
malerei gesprochen. Leider fehlen hier ausführ-
lichere Angaben über Grundierung von Tafeln oder
Leinwand, aber aus einem Kapitel für Vergoldung
mit Beize („Goldfarbe", mordent) erfahren wir, dass
der Lomgrund, den die Technik der Vergoldung
von jeher gekannt hat, als Unterlage gedient haben
wird.
Es heisst dort:
(78) . . .„Wiltu uff holtz oder uff tuch oder uff
zendel vergüidcn, so überstrich das holtz vorhin
mit frischem ltme zwürent oder dristund (zwei
oder dreimal), dass das holtz getränkt werde und
tu den anderen ouch also und wenn der lim trucken
wird uff dem holtz oder uff dem tuch oder uff
dem lein, so strich die goldvarw über den lim mit
einem weichen bürste bensel . . . ."
Es scheint dies ein vereinfachteres Verfahren
gewesen zu sein, da die Unterlagen nur mit Leim
getränkt zu werden brauchten. Aus einerweiteren
Notiz an derselben Stelle ist zu entnehmen, dass
bei harten Unterlagen an Stelle des Leims die
Oeltränke tritt. Es heisst da:
„Hier merk, isen (Eisen), zinn, bli (Blei) und
alle andri herti gesmide und bein und söliche herti
ding, di bedarfent nit dass man si vorhin mit lim
überstriche, wenn allein holtz und tuch, aber uff
steinen und uff muren di sol man vor mit öli trenken
e man die goldvarw uff strichet und zu glichcr-
wise als hie vor gelert ist, also sol man auch
andri ding übergülden**)."
Dass im Strassburger Ms. Angaben über die
eigentliche Grundierung von Tafeln fehlen, findet
*) S. m. Beiträge 111, S. !59—!75-
**) Bas beschriebene Verfahren ist die sog. Oel-
oder Mattvergoldung, wie sie auch heute noch in
Uebung ist.
darin seine Erklärung, weil die Hauptteile des Ms.
nur für „Illuminierer" bestimmte Anweisungen ent-
halten und so findet sich auch hier das genaue
Rezept (Nr. Iß) zur Herstellung des „Fundaments"
für Vergoldung und Silber, wie solche in den Minia-
turen der Zeit allgemein gewesen sind.
Dieses „Fundament" (ital. assiso) besteht aus
sog. Kollerkreide („creta pehicaria, das ist die die
kürsner hant", weisser Bolus oder Pfeifenton), die
mit Fischleim angemacht und nochmals fein ge-
rieben wurde. Auf diesem vorher säuberlich ge-
glätteten Grund, wurde die Vergoldung „in Büchern"
angesetzt. (Genaueres darüber ist zu finden in dem
Abschnitt über Miniaturmalerei, m.Beitr. 111, S. 19/).
Ob zu dem obenerwähnten Leim- und Oelgrund
noch Farben (wie Bleiweiss bei Heraclius für Oel-
grund, Gips zum Leim bei Theophilus) genommen
werden sollten, ist aus dem Manuskript nicht ersicht-
lich, bei der Fortdauer der Tradition aber sehr
wahrscheinlich.
In einer anderen deutschen Rezeptensammlung
aus dem Anfang des 16. Jahrh., dem Liber illu-
ministarius (Münch. Bibliothek, cod. germ. 821)
aus dem Kloster Tegernsee, sind Aufzeichnungen,
Tafeln und Leinwänden zuzubereiten, enthalten, die
in ihrer Ausführlichkeit als eine willkommene Er-
gänzung des Strassburger Ms. angesehen werden
können.
Die für uns wichtigen Abschnitte sind die
folgenden (s. m. Beitr. 111, S. 179):
„Item zu vergulden auff holtz:
Nym die tafel oder das pild oder was du sonst
von holtz vergülden wilt vnd lueg (schau) ob es
nest (Aeste) hab oder pechclumsen. Die scherst
herauss vnd leym ander holtz hinein. Darnach wo
es klayne grübleich (Grübchen) hab oder clumsen,
die fül auss also: Nim loe von einem leder und
misch ein wenig mel (Mehl) darein und ruers an
mit ainem sauber holtz leim (Knochenleim?) vnd thue
darnach ein wenig varben leim darein, und fül die
gruebel vnd die clumpsel domit aus vnd las truckcn
werden."
Item den varb leim mach also: „Nim die ab-
schnitz von einem per(gament)ler und leg die in
einem haffen wol halbu (halbvoll) vnd geuess in
vol wasser vnd lass in sieden pis im erweichen
hand ein stund. Darnach seich in durch ein sak
oder durch ein tuch oder lass in sten en halbe ora
vnd schaim in dann oben ab mit einem sak. Dar-
nach lass in aber en halbe ora sten und geuss
den das guet ab vnd behald das vnd nutz, vnd
wen er als lang staend, das er anhueh (anfängt)
ze faulln, so sewd (siede) in mer so wird er
wider frisch "
„Darnach vergült also."
Item nim das bereit holtz es sey was es dann
sey vnd leimtrenks zwe malen oder mer vnd tu
das also: Nim den varb leim vnd mach in gar
heyss vnd das holtz mach auch warme vnd streuch