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Münchner kunsttechnische Blätter — 15.1918-1919

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Nr. 2
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Seligmann, Adalbert Franz: Die neue Schule [2]
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Kontraste und Harmonie bei der Verarbeitung bunter Papiere
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https://doi.org/10.11588/diglit.36588#0012

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Münchner kunsttechnische Blätter

Nr. s

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man dem platten Unsinn und der aufdringlichen Un-
anständigkeit eine tiefe philosophische oder gar ethische
Bedeutung unterschiebt und aus der Degeneration der
Kunst eine Regeneration abzuleiten versucht oder —
wie es von anderer Seite geschieht — alles einfach für
Fopperei und Schwindel nimmt. Zieht man noch die
gerade in solchen Zeitläuften auftretende psychische
Infektion (Nachahmungspsychose, Massenpsychose) in
Betracht, so erklärt sich nach meinem Dafürhalten
daraus auf: Zwangloseste das Auftreten und die Be-
schaffenheit der neuen Schule.
* tt
6
Was aber den Anhang betrifft, den diese neue Schule
im Publikum und bei manchen Fachkritikern und Händ-
lern gefunden hat, so dürfte nur ein kleiner Teil davon
in den Bereich dieser Studie fallen. Zweifellos finden
sich unter ihnen solche, die leichte Formen von Hy-
sterie, moralischer und sonstiger Imbezillität und an-
deren psychopathischen Minderwertigkeiten aufweisen.
Indessen dürfte bei den meisten der Grund ihres Ver-
haltens anderswo zu suchen sein. Einige ziehen daraus
geistige oder materielle Vorteile, betrachten die Sache
als Geschäft oder sind Modemenschen, die alles „mit-
machen", was es mitzumachen gibt; denn alles Neue
gefällt, aus keinem anderen Grunde, als weil es neu
ist oder auch, weil sie Angst haben, für „veraltet" zu
gelten. Andere wieder sind Menschen, die zwar voll-
kommen aufrichtig und vernünftig sind, ja gelegentlich
auf anderen Gebieten Hervorragendes leisten, für das
Wesen und die Qualität eines Kunstwerkes jedoch ab-
solut kein Organ haben. Sie helfen sich, indem sie
nach blossen Aeusserlichkeiten der Manier urteilen, was
ungefähr so^viei bedeutet, als wenn man die Qualität
einer Zigarre nach der Art ihrer Verpackung abschätzen
wollte. Ein Gemälde erscheint ihnen dann schön, wenn
sie durch die Art der Anwendung, der Lichtwirkung
oder des Farbenauftrages an solche erinnert werden,
die sie schön zu finden gewohnt sind oder von denen
sie gehört oder gelesen haben, dass sie von Autori-
täten für „schön" erklärt worden sind. So handeln sie
im guten Glauben, und es ergeht ihnen dabei wie den-
jenigen, die zwar mit verbundenen Augen Rotwein und
Weisswein nicht unterscheiden können (bekanntlich
sind dass sehr viele Menschen nicht imstande), aber
doch, wenn ihre Empfindung durch eine Etiquette oder
das Urteil eines Kenners in eine bestimmte Richtung
gelenkt worden ist und die Hemmungen für ihr Urteil
wegfallen, ihr Glas Bordeaux mit wirklichem Genuss
und sogar mit einer Art von Verständnis trinken.
Fremdem, Neuartigem gegenüber sind sie gänzlich des-
orientiert. Führt man ihnen nun etwas, was zwar auf
den ersten Blick kindisch und lächerlich erscheint,
doch mit grossem Aplomb, in seriösen Ausstellungen,
in Gesellschaft von Werken berühmter Meister vor,
sehen sie, dass dergleichen von einzelnen Fachleuten
ernst besprochen wird, so begreift man, dass es ihnen
„interessant" erscheint, und dass sie, da Interesse und
Gefallen häufig verwechselt wird, sogar daran Gefallen
zu finden glauben.
Kontraste und Harmonie bei der
Verarbeitung bunter Papiere.
„Wall Paper News" hat ein Register harmonieren-
der und kontrastierender Farben zusammengestellt,
das auch für Drucker, Lithographen und nicht zuletzt
für die ganze Buntpapierverarbeitung sehr wertvoll ist,
denn auf Grund dieses Registers kann man weit leichter
die harmonierenden und kontrastierenden Farben heraus-
finden, um ansprechende Arbeiten liefern zu können.
Nach der folgenden Zusammenstellung wird man beim

Aufeinanderlegen von kleineren Stückchen farbiger
Streich- oder Naturpapiere sehr bald erkennen, welche
Papiere miteinander gut harmonieren und welche da-
gegen starke Kontraste ergeben, so dass es weniger
schwer fallen wird, für die verschiedenen Luxuskarton-
nagen die geeigneten Farben zu wählen.
Goldpapiere kontrastieren mit jeder kräftigen
dunklen Farbe, besonders mit Purpur, Blau, Grün und
Braun, dagegen weniger mit Rot, Orange und Gelb.
Die schönste Harmonie bildet Gold mit Weiss oder den
ganz hellen Farben.
Silberpapiere entsprechen in allen Beziehungen
dem Weiss. Weiss kontrastiert mit Schwarz, dunklem
Braun, Blau, Purpur, Olive und Grün und harmoniert
mit Grau, Chamois, Hellblau, Himmelblau, Rosa und
allen sanften grünen Färbungen, sowie überhaupt mit
jeder hellen Farbe.
Gelb (Zitronengelb) kontrastiert, wie bei Gold,
besonders mit Schwarz, dann mit Braun, Purpur und
Hochrot und harmoniert mit Orange, Dunkelgelb, Weiss,
Grün und Chamois.
Orange, kontrastiert mit kräftigem Purpur, Blau,
Schwarz, Oliv, Hochrot und Grau und harmoniert mit
Rot, Warmgrün, Warmbraun, Weiss und Chamois.
Ueberhaupt verlangt Orange nur dunkle Farben für
Kontraste und warme Farben für die Harmonie.
Warmes Grün kontrastiert im allgemeinen mit
solchen Farben, die Rot enthalten und zwar Warmgrün
mit Hochrot, Kastanienbraun, Purpur, Rot, Weiss und
Schwarz und harmoniert mit hellem Grün, Gelb, Orange,
Zitronengelb, Himmelblau, Grau, Braun, Chamois und
Weiss.
Kaltes Grün kontrastiert mit Schwarz, Hochrot,
Purpur, Weiss, Gold und Orange und harmoniert mit
Oliv, Zitronengelb, Blau, Braun, Grau und Schwarz.
Die schwarze Farbe kontrastiert und harmoniert gleich-
zeitig und verleiht dem kalten Grün mehr Ausdruck,
Milderung und Wärme.
Hochrot kontrastiert, wie vorstehend gesagt, mit
Grün, Orange, Gelb, Blau und Schwarz und harmoniert
mit hellem Rot, Braun usw.
Braunrot kontrastiert mit Grün, Schwarz, Oliv
und Grau und harmoniert mit Rot, Gelb, Orange und
Braun.
Oliv kontrastiert mit Orange, Rot, Weiss, Kastanien-
braun und harmoniert mit Warmgrün, Blau, Schwarz
und Braun.
Blau kontrastiert mit Orange, Weiss, Schwarz,
Rot usw. und harmoniert mit Oliv, Warmgrün, Kalt-
grün und Weiss.
Es muss noch erwähnt werden, dassbei allen dunklen
Färbungen die diesen Farben entsprechenden hellen
Färbungen oder Tönungen harmonieren, wenn die Ton-
farben (Streichfarben) aus denselben oder ähnlichen
dunklen Kraftfarben hergestellt worden sind. So wird
in diesem Falle z. B. ein helles Rosapapier sehr gut
mit einem dunkel- oder mittelfarbigen karminroten
Papiere übereinstimmen, d. h. die schönste Harmonie
ergeben, wenn die helle Farbe von demselben Karmin-
oder Krapplackrot herrührt oder wenigstens eine stark
ähnliche Farbe benutzt wurde, und es wird, wie ein-
gangs erwähnt, durch das Aufeinanderlegen von ent-
sprechenden Papierstücken herausgefunden werden,
wie man die Wahl zu treffen hat.
Es ist wohl selbstverständlich, dass in einer kurzen
Abhandlung nicht auf die grosse Menge aller möglichen
und jetzt erhältlichen Papierfärbungen Bezug genom-
men werden kann, doch wird man auch hier an Hand
der gegebenen Fingerzeige am ehesten zu einem guten
Resultat gelangen können. M.

Vet tag dar Werkrtatt der Kunrt (E. A. Seemann, Leipzig).
 
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