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Münchner kunsttechnische Blätter — 15.1918-1919

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Nr. 4
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Kunstkritikers Bekehrung
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Das Verblassen farbiger Tonpapiere durch Tageslich
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42

Münchner kunsttechnische Blätter

Nr 4

bewusstseins wieder spürbar werden. Es geht in der
Weit dieser Köpfe nirgends um die ietzten Dinge des
Daseins und der Kunst. Mit ihnen dauernd zu leben,
wäre allzu beschwichtigend und endlich erschlaffend.
Aber durch sie sich zu entspannen, muss uns um so
mehr erlaubt sein, je tiefer wir in die Nöte des Gegen-
wärtigen verstrickt sind — und bleiben werden."
Hausenstein ist ganz entzückt von einem Mädchen-
bildnis von August Riedel (dem Süssmaler!), dem Adel
der geistigen Vorstellung, ihrer Weite, ja Abgezogen-
heit der Form und malerischen Kernhaftigkeit und dem
gegenständlichen Positivismus dieser Malerei.
Er ist begeistert von den Bildnissen Steinles und
seiner Zeitgenossen, der Berliner Krüger und Krügel-
gen, des Müncheners Edlinger u. a., er bewundert die
Ausführung der Hände an dem grossen Kinderbild von
J.F.Tischbein, die beneidenswerte Sicherheit des Hand-
werklichen, die Vermengung des Gegenständlichen und
Malerisch-Formalen, die nach den Gesetzen und der
Weisheit alter Malerzunft erzogene Hand, die in jedem
Zug schier unfehlbar gewiss das künstlerische Bild zum
Abschluss bringt, die Noblesse der Auffassung, die voll-
endete Modellierung, die feine kühle .klassische" Farb-
gebung und dergleichen, lauter Dinge, von denen die
Vertreter der „neuesten" Richtung keine blasse Ahnung
haben!
Die Erkenntnis, worin eigentlich das Malerische
in der Malerei besteht, und wie wertvoll für das End-
resultat Naturanschauung und Nachbildung miteinander
vereinigt sein müssen, wie hoch also das eigentliche
Können in der Kunst einzuschätzen ist, dringt endlich
in die Kreise unserer modernen Kunstästhetiker und
Kritiker; damit ist auch wieder die Zeit näher gerückt,
statt wie bisher nur Verwirrung in die Geister zu tragen,
den echten Geist der Kunst zur Herrschaft gebracht
zu sehen.
Das Verblassen iarbiger Tonpapiere
durch Tageslicht.
Das Verblassen, Vergilben oder Ausbleichen far-
biger Papiere macht sich besonders dann unliebsam
bemerkbar, wenn die Lagerräume nicht genügend vor
dem Eindringen des allzu grellen Tageslichtes geschützt
sind und wenn dann noch abwechselnde Temperaturen
vorherrschen, derart, dass die Tonpapiere bald der
kalten und feuchten, bald der warmen und trockenen
Luft ausgesetzt sind. Unter solchen wechselnden Luft-
verhältnissen leidet nicht nur die Färbung, sondern auch
die Schönheit, Glätte und ebene Lage des Papiers, wäh-
rend die Zähigkeit und Dauerhaftigkeit in kurzer Zeit
ganz wesentlich beeinträchtigt wird. Solche Papiere
bieten auch beim Verarbeiten ziemliche Schwierigkeiten,
denn wenn die Haltbarkeit vermindert ist, leisten sie
beim Falzen und Brechen keinen genügenden Wider-
stand, und so reissen und platzen sie leicht voneinan-
der, weil das Gefüge völlig mürbe und brüchig gewor-
den ist, ein Mangel, der bei sachgemäss gelagerten
Papieren nicht Vorkommen darf, wenn es sich nicht um
ganz billige Sorten handelt.
Bei den weissen oder schwach gefärbten Papieren
sind die Lagerfehler naturgemäss niemals so augen-
fällig, denn diese Färbungen können sich weniger rasch
verändern, dagegen leiden sie im übrigen ebenso wie
die farbigen Papiere und es bleibt sich gleich, ob gute
oder ganz billige Sorten in Frage kommen, denn das
gute Lagern erhält die guten Eigenschaften, während
andernfalls nur eine Verschlechterung zu gewärtigen ist.
Es gibt eine Menge recht brillanter Papierfarben,
die aber bezüglich der Lichtbeständigkeit keinen grossen
Anforderungen genügen, das unangenehme Ausbleichen
und Verblassen der Färbungen macht sich leider im-
mer erst nach der Verarbeitung bemerkbar, d. h. wenn

die farbigen Tonpapiere, Drucke usw. dem hellen Tages-
licht ununterbrochen ausgesetzt werden. Während des
normalen Lagerns der verarbeiteten Papiere kann sich
allerdings das Ausbleichen nicht einstellen, denn einer
so grellen Beleuchtung sind die Papiere dabei nicht
ausgesetzt. Dagegen verlieren die brillantesten und
feurigsten Färbungen im Tageslicht schon nach wenigen
Tagen ihr schönes Aussehen, während sich die kälteren
und unaufdringlichen Farben als sehr gut widerstands-
fähig erweisen.
Oftmals kann man aber auch beobachten, dass
gleichartige Brillantfarben in der Lichtbeständigkeit
wesentlich voneinander abweichen, denn das eine Stück
hält sich ziemlich gut in der Färbung, während das an-
dere gänzlich verblasst. Daraus kann der Schluss ge-
zogen werden, dass das Papier aus zwei verschiedenen
Quellen stammt und beim Verarbeiten nicht auseinan-
der gehalten werden konnte. Jede Papierfabrik stellt
nicht nur die Rohstoffe, sondern auch die Färbungen
nach ihren eigenen oft geheim gehaltenen Rezepten her,
und so ergeben sich denn ganz wesentliche Abweichun-
gen, die natürlich zu Unstimmigkeiten führen müssen,
wenn die Papiere oder fertigen Arbeiten dem grellen
Tageslicht ausgesetzt werden.
Um sich über die Farbenbeständigkeit oder Licht-
echtheit aller vorrätigen oder bemusterten Papierfär-
bungen eine zuverlässige Handhabe selbst zu verschaffen,
soll eine Belichtungsprobe vorgenommen werden, die
ohne grosse Mühe recht zuverlässige Resultate ergibt;
es wird dabei in folgender Weise vorgegangen:
Aus den zu prüfenden Papieren wird je ein etwa
4—$ cm breiterund 10—15 cm langer Streifen geschnit-
ten. Diese Streifen legt man in ein grosses, dickes,
gut schliessendes Buch in der Art ein, dass von den
zu prüfenden Streifen die Hälfte der Länge hervorragt.
Die einzelnen Teile dürfen sich nicht gegenseitig be-
schatten, wenn das Buch in das direkt wirkende Son-
nenlicht gestellt wird. Zweckmässig ist es, das Buch
zu beschweren, um ein festes Aufeinanderpressen der
einzelnen Blätter zu erzielen. Die Sonnenstrahlen müs-
sen auf die hervorstehenden Enden ungehindert und
mehrere Stunden lang einwirken. Dabei zeigen gerade
die brillantesten Färbungen ein mehr oder weniger
starkes Verblassen, je nach dem Grade ihrer Lichtemp-
findlichkeit und der Dauer der Belichtung, während
die weniger feurigen Sorten einen Tag und noch länger
belichtet werden müssen, um ein merkliches Zurück-
gehen der Farben herbeizuführen. Die lichtechten Far-
ben unterliegen natürlich keiner Beeinflussung, doch
sind diese der Sicherheit wegen ebenfalls zu prüfen.
Werden die Streifen nachher einer genauen Be-
sichtigung unterzogen, so fällt es nicht schwer, die
Ausbleichung ganz genau herauszufinden, weil die ver-
deckt gebliebenen Teile ihre Farbe beibehalten haben
und ein sicheres Urteil über die Beschaffenheit der
Papiere inbezug auf die Farben gegeben ist. Es lässt
sich nun mit Leichtigkeit bestimmen, für welche Zwecke
die Papiere benutzt werden können, oder ob eine Be-
stellung nach den eingesandten und geprüften Proben
empfehlenswert ist.
Es sei noch bemerkt, dass stark ausbleichende
Papiere etwas an ihrer Festigkeit verlieren, dagegen
ist eine lichtechte Färbung ein wesentlicher Schutz
gegen die Zermürbung des Papierstoffes durch das
Tageslicht.
Die belichteten Streifen sind in einem bedeckten
Behältnis zu verwahren, und auf diesen die Stunden-
zahl der Belichtung anzugeben. Dann hat man selbst
nach langer Zeit und bevor der Vorrat aufgearbeitet
ist, die zuverlässigste Handhabe zur genauen Zweck-
bestimmung der Papiere. M.
 
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