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Münchner kunsttechnische Blätter — 15.1918-1919

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Nr. 14
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Berger, Ernst: 25 Jahre Münchener Maltechnik [7]
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Nr. 14

Münchner kunsttechnische Biätter

25 Jahre Münchener Maltechnik.
Von E. B.
(6. Fortsetzung.)
Zunächst kam es mir darauf an, alle nur zu-
gänglichen alten Quellen zu sammeln, und dabei
vom Altertum zu beginnen. Das Wichtigste, was
über die Techniken des Altertums, nämlich die
vielerörterte antike Enkaustik und die römisch-
pompejanische Wandmaltechnik veröffentlicht
worden war, verschaffte ich mir aus den grossen
Bibliotheken, und da ich lieber aus erster Quelle
schöpfen wollte, musste ich auch auf die Schriften
des Plinius und Vitruvius kommen. Dabei wollte
ich planmässig Vorgehen, um durch selbst-
gefertigte Malproben die in den alten Quellen
angedeuteten Rezepte, so gut es möglich war,
auf ihre Handwerksmässigkeit nachzu-
prüfen. Wo dies nicht anging, wie z. B. bei der
Malerei der alten Aegypter, suchte ich mir durch
die chemischen Analysen, die an Originalen an-
gestellt worden waren (in der Literatur fand ich
die nötigen Hinweise), über die Natur der Farben
und Bindemittel Aufschluss zu verschaffen. Als
Vorbilder für diese Malproben und zum Vergleich
sollten jeweils die in den Museen vorhandenen
Originalmalereien oder Reste von solchen dienen,
denn ich sagte mir, dass jegliche Technik
den beabsichtigten Zwecken entsprechend
ausgebildet gewesen sein musste: je primi-
tiver der künstlerische Zweck, desto einfacher das
technische Verfahren. Dieser Grundsatz müsste
durch alle Zeiten verfolgbar sein, und sohin mit
der Steigerung des Künstlerischen eine Verbesserung
der technischen Mittel Hand in Hand gehen.
Mit den Vorarbeiten dieser Art besch* ftigt,
war ich im Winter 1892/93 mit A. W. Ke;m in
Verbindung gekommen, hatte auch aus seiner
Bibliothek einige einschlägige Bücher entliehen
und er fand sich auch in meiner Werkstatt ein,
um den Fortgang meiner Arbeit*) zu sehen.
Gerade zu dieser Zeit bereitete Keim den

*) Die Ergebnisse dieser Arbeiten sind unter
dem Gesamttitel „Beiträge zur Entwicklungs-
geschichte der Maltechnik" in fünf Folgen im
Laufe der folgenden Jahre erschienen. Und zwar:
r. u. 2. Folge, Maltechnik des Altertums, zweite
völlig neubearbeitete Auflage, München 1904; 3. Folge,
Quellen und Technik der Fresko-, Oel- und Tempera-
malerei des Mittelalters, München 1897 (2. AuH. 19:2);
4. Folge, Quellen für Maltechnik während der Re-
naissance und deren Folgezeit, München !9oi (jetzt
vergriffen); 5. Folge, Fresko und Syraffitotechnik,
München 1909. Sämtlich im Verlag von Georg D. W.
Callwey.
Ueber die Meinungsverschiedenheiten und die Poli-
mik gegen meine Rekonstruktionen, besonders der
römisch-pompejanischen Wandmalerei, des sogenannten
punischen Wachses u. a. m. siehe die Jahrgänge der
Technischen Mitteilungen für Malerei und der Münchner
kunsttechnischen Blätter der letzten zwei Jahrzehnte.

I. Kongress für Maltechnik vor; wie immer
war er der Organisator und die Seele des Ganzen.
F. von Lenbach hatte nach Lindenschmidts Tod
die Vorstandschaft der „Deutschen Gesellschaft
für rationelles Malverfahren" übernommen und
durch seine Vermittlung wurden für die geplante
maltechnische Ausstellung einige Räume im Süd-
flügel des Glaspalastes zur Verfügung gestellt.
Keim konstituierte eine eigene Ausstellungskom-
mission, der ich auch angehörte, erliess Ei! la-
dungen an Unterrichtsbehörden und Kunstinstitute
des In- und Auslandes, an die Künstlerschaft und
an alle mit Farbenfabrikation und -handel in
nähere Berührung Stehenden, wie Chemiker, Fa-
brikanten, Händler von Malutensilien usw. Die
Anmeldungen für die geplante Ausstellung waren
so zahlreich eingegangen, dass nur mit Hilfe von
Unterteilungen und Scheerwänden Raum für all
die zahlreichen Ausstellungsgegenstände geschaffen
werden konnte. Lenbach hatte überdies, aus Lieb-
haberei, den grössten Raum für ein Prunkatelier
reserviert, worin er prächtige Bilder aller Zeiten
und herrliche mit Malerei in Beziehung stehende
Gegenstände, orientalische Vasen und dergl. Dinge
aufstellen liess. In diesem „Repräsentatiohsraum"
wurden dann auch Vorträge abgehalten, die pro-
grammgemäss im Anschluss an die Tagung des
Kongresses stattfinden sollten, und dort auch viel
„stimmungsvoller" wirkten als in dem Verhandlungs-
saal des Kunstgewerbevereins an der Pfandhaus-
strasse.
Die Bemühungen Keims waren, dies mag un-
umwunden zugegeben werden, von grossem Erfolg
begleitet; Akademien und Kunstgewerbeschulen
Deutschlands und des Auslands (Oesterreich-Ungarn,
Belgien, Holland, Russland u. a.) waren durch De-
legierte vertreten, der Kongress wurde vom
bayerischen Kultusminister namens der Regierung
eröffnet und gewann durch die geschickte Leitung
Lenbachs höchstes Interesse. Eine von Hofrat
Prof. Dr. Hilger vorgeschlagene Resolution, in der
die Begründung einer maltechnischen Wissenschaft,
die Schaffung von chemischen Lehrstellen an den
Kunstschulen und die Uebernahme der Keimschen
Versuchstätten durch den Staat vorgeschlagen
wurde, fand ungeteilte Annahme. In gesonderten
Ausschusssitzungen wurde die „Normalfarbenskala"
einer Revision und gleichzeitig einer wünschens-
werten Erweiterung unterzogen, Referate über den
Stand der Künstlerfarbenfabrikation, über die Vor-
züge der neuen Horadams Patentaquarellfarben,
die den bisher besten englischen gleichkommen
sollten, eine Vorführung der Freskomalerei (durch
Prof. Spiess) und ein Vortrag des Verfassers dieser
Zeilen über die „antike Enkaustik und die römisch-
pompejanische Wandmalerei", bildeten nebst
anderen Vorträgen das Programm der Tagung.
(Fortsetzung folgt.)
 
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