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Münchner kunsttechnische Blätter — 15.1918-1919

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Nr. 8
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Fichten- und Kiefernsamenöl als Ersatz für Leinöl?
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Berger, Ernst: 25 Jahre Münchener Maltechnik [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36588#0044

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Münchner kunsttechnische Blätter

Nr. $

4t

Ueber die Ersatzöle und Farben, welche in
unserem Handwerk in Ermangelung der guten
Materialien leider verarbeitet werden müssen, wird
in demselben Bericht unter der Rubrik: Mittei-
lungen über im Aufträge ausgeführte Untersuchun-
gen' folgendes gesagt:
Die Aufträge zur Untersuchung von Leinöl-
ersatzfarben gaben Gelegenheit, diese Materialien
in der praktischen Wirkung näher kennenzuler-
nen. Die gemachten Erfahrungen liefern z. Zt.
keinen Anhalt, dass eines derselben als voll-
wertiger Leinölersatz gelten könne. Die meisten
zeigen den Hauptfehler des Wiedererweichens
der ersten Farblage beim zweitmaligen Anstrich,
geringe Wetterbeständigkeit und unzureichende
Rostschützwirkung."
25 Jahre Münchener MaHechnik.
Von E. B.
I.
Von Zeit zu Zeit verlohnt es sich, auf den Weg
zurückzuschauen, den wir gegangen sind, wie der
Wanderer, der Halt macht und den Ort, von dem
er ausgegangen ist, in der Ferne erblickt, der aber
auch, sein Ziel vor Augen, die noch zu durchwan-
dernde Strecke bemessen will. Es verlohnt sich
auch aus dem Grunde, weil gar manche Dinge all-
zuleicht aus dem Gedächtnis der Mitlebenden ent-
schwinden, die für das Verständnis und den Zu-
sammenhang der Dinge von Wichtigkeit sind.
Wenn ich es unternehme, über die Maltech-
nik der letzten 2$ Jahre zu berichten, so leitet
mich der Gedanke, die Geschichte der Maltechnik
während des Zeitabschnittes, den ich selbst mit-
erlebte, in Kürze festzuhalten. Naturgemäss wird
ein solches Stück der Geschichte der Maltechnik
unvermeidlich ein persönliches Gepräge erhalten
müssen, aber andererseits ist die Zeit schon weit
genug entfernt, die Personen und die Dinge sind
derart „distanziert", dass ich ihnen heute mit voll-
kommen anderen Gesichtspunkten, anderen Anfor-
derungen und Schlüssen gegenüberstehe als früher.
Dazu kommt noch, dass ich auch den inzwischen
verstorbenen ehemaligen Gegnern gegenüber viel
gerechter geworden bin, weil ich, ruhiger d. h.
älter geworden, ihren Standpunkt und ihr Verhalten
zu begreifen gelernt habe.
Welche Schwierigkeiten ein solches Vorhaben
bietet, wird leicht zu verstehen sein; denn um den
historischen Zusammenhang nicht zu verlieren, muss
auf viel frühere Zeit zurückgegriffen werden, auf
die Zeit, die ich nicht mit erlebt habe, und die
ich mir notgedrungen aus anderen zugänglichen
Quellen lebendig machen musste. Wie es genau
vor 2$ Jahren mit der Maltechnik beschaffen war,
wird nur der richtig begreifen, der die Jahrzehnte
vorher gekannt hat; er wird aus den Ueberliefe-

rungen, aus Druckschriften und vornehmlich aus
den Kunstschöpfungen der Zeit den Stand der Mal-
technik zu beurteilen bemüht sein, um die Ueber-
gänge nicht zu übersehen, die zu dem gewählten
Zeitabschnitt hinüberleiten.
Es hätte viel Verlockendes, bei diesem An-
lass eine kurze Geschichte der Maltechnik des
1^. Jahrhunderts, die bis jetzt meines Wissens nicht
vorhanden ist, zusammenzustellen und, von der
Literatur vom Anfang des Jahrhunderts ausgehend,
die einzelnen Phasen der maltechnischen Bestre-
bungen aneinander zu reihen. Man könnte auf
Quirin Jahns bekannte Schrift über die Herstel-
lung und Reinigung der Malöle (Dresden 1803)
zurückgreifen und auf Hackerts „Sendschreiben"
über den Gebrauch des Firnisses in der Malerei
und bei der Restaurierung von Gemälden (aus glei-
cher Zeit); es Hesse sich aus diesen beiden Schriften
im Zusammenhang mit anderen, die über die che-
mische Herstellung von Farbstoffen und den Stand
der Farbenfabrikation Aufschluss geben, mit ziem-
licher Sicherheit auf das Technische der Oelmalerei
schliessen, umsomehr wenn die Literatur der Zeit,
wie z. B. Hochheimers Farbenlexikon, Bouviers
oder O. Pranges Schriften und ähnliche Enzyklo-
pädien herangezogen würden. Man müsste ferner
die Einflüsse nicht vergessen, die von ausserhalb
Deutschlands, von Frankreich und Belgien oder Eng-
land sich geltend gemacht hatten, denn gerade in
den ersten Jahrzehnten des 1$. Jahrhunderts waren
dort Männer am Werk, die alten, durch die Re-
volutions- und Kriegszeiten verloren gegangenen
technischen Traditionen wieder anzuknüpfen.
Den allerstärksten Einfluss hat aber in Mün-
chen und Deutschland die Maltechnik und alles,
was damit zusammenhängt, gegen die Mitte des
Jahrhunderts, dem kunstliebenden bayrischen König
Ludwig I. zu verdanken, denn im Zusammenhang
mit den grosszügigen Bauplänen, mit der Errich-
tung prächtiger Bauten, Kirchen, öffentlicher Museen
und zu Zwecken der Hofhaltung geschaffener
Repräsentationsräume, berief der König die besten
Architekten, Bildhauer, Maler und Bauhandwerker
Deutschlands und begründete aus der kleinen Re-
sidenz das als „Kunststadt" nachgerade Weltruf
geniessende München.
Damals war es zuerst, dass die Freskomalerei
wieder gepflegt wurde, die Glasmalerei, die ganz
vergessen war, wieder zu Ehren kam und die Erz-
giesserei neue Triumphe feiern konnte. Glänzende
Sterne auf dem Kunsthimmel haben ihre ersten
Strahlen in München leuchten lassen, Klenze, Gärt-
ner als Architekten, Schwanthaler als Bildhauer,
Cornelius, Schadow, Kaulbach, Schwind, Schnorr,
Rottmann und manche andere Maler sind Zeugen
für die hohe Blüte der Kunst der Zeit. Dazu kam
die Akademie der Künste selbst, die als Pflege-
stätte für den Nachwuchs den Ruf von Münchens
Kunst auf lange Jahre hinaus befestigte.
 
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