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Münchner kunsttechnische Blätter — 15.1918-1919

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Nr. 16
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Geschichte der Grundierungsmethoden für Holztafeln und Leinwanden [16]
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Hillig, Hugo: Dekorative Techniken [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36588#0096

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96

Münchner kunsttechnische Blätter

Nr. r6

bis sich dieses nicht mehr einziehet, und bis die
Mauer glänzet. Alsdann gründet der Mahler mit
den oben gedachten Farben. Will der Künstler
auf einer Kupfertafel mahlen, so lässt er sie
durch einen Kupferstecher abschleifen, aber nicht
poliren. Denn das polirte Metall nimmt die Far-
ben nicht an. Auf der abgeschliffenen Tafel gründet
er mit Farben, wie vorher gedacht. Der Grund
eines Steins, worauf der Künstler mahlen will,
wird gerade so aufgetragen, wie auf eine Mauer.
Sobald der Grund auf jeder der vorhin gedachten
Flächen völlig trocken ist, so reibt der Mahler alles
Unebene mit zerstossenen Bimsstein und Wasser
ab, und entwirft hierauf den Umriss seines künf-
tigen Gemähldes . . .
Was die Grundierungen für Tafel und
Leinen nach den französischen und eng-
lischen Quellen des XVIII. Jahrh. betrifft, so
verweise ich, um Wiederholungen zu vermeiden,
auf die bezügl. Angaben in m. Beitr. IV. p. 416 ff
resp. 426, wo alles Wissenswerte darüber zu
finden ist.
Dekorative Techniken.
Von Hugo Hillig.
(2. Fortsetzung.)
Die matte Fläche wirkt schon feiner als die glänzende,
die poröse und grobnarbige Fläche des Leimfarbenan-
striches unter Umständen tiefer als die feinnarbige
Fläche des matten Oelfarbenanstriches.
Diese Narbigkeit der Fläche ist unter allen Um-,
ständen eines der besten natürlichen Dekorationsmittele
Sie erzeugt das Licht- und Schattenspiel, das der Fiächn
die brutale Körperlichkeit nimmt, das ihr den weichen
und tiefen Schimmer verleiht, der bei allen Arten von
Dekorationen sehr willkommen ist. Auf einer körnig
geputzten Wand nimmt sich eine gute Dekorationsma-
lerei viel feiner aus als auf einer speckig glatt gespach-
telten und geschliffenen. Und ein auf spiegelglattem
Malgrund sitzendes Gemälde erscheint uns in seinen
Farben kalt und leblos, während das natürliche oder
künstliche Korn der Malleinwand den Farben einen
ganz anderen Eindruck verleiht.
Also, man erzeugt das Korn auf der Malleinwand
auch mitunter willkürlich, künstlich. Und deshalb muss
es dem Dekorationsmaler auch erlaubt sein, sein Korn
ebenfalls so zu schaffen, sei es, dass er es plastisch
erzeugt, sei es, dass er das Korn in seiner Wirkung
durch eine andere Vornahme ersetzt.
Auf einfachste Weise geschieht das durch das Tupfen.
Es ist eine norddeusche, besonders eine Bremer Spe-
zialität, die Anstriche zu tupfen, und sicherlich ist die
Art auch uralt. Dass gerade eine Seestadt zuerst ganz
besonders gute Tupferarbeit sehen liess, lässt sich
vielleicht so erklären, dass die dazu nötigen grossen
Schwämme vorzugsweise über Bremen eingeschifft wur-
uen; in Hamburg sah man früher wenige Tupfarbeiten,
und wo man sie sah, da waren sie herzlich schlecht.
Eine solche Arbeit ist keineswegs sehr leicht und muss
geübt werden. In der Bremer Baumwollbörse kann man
auf hellgelbem Grunde ganz ausgezeichnete Tupfenan-
striche sehen.
Was eine gute Arbeit dieser Art ist, das erkennt
man daran, dass die Fläche einen ganz gleichmässigen
Schimmer hat. Nirgends dürfen sich die durch den
Schwamm hervorgebrachten FarbenHocken zu dicht

zusammendrängen, dass ein dunkler Flecken entsteht,
wenn die Tupffarbe dunkler ist, nirgends aber auch
dürfen sie zu weit auseinanderstehen. Eine solche
Wand sieht ganz erbärmlich aus. Des ferneren ist da-
rauf Obacht zu geben, dass die Tupffarbe nicht in zu
grossem Lichtwertabstand zur Untergrundfarbe steht;
je grösser dieser Abstand ist, desto schwerer wird es,
einen einwandfrei getupften Anstrich zu erzielen.
Die Hauptsache liegt natürlich an den Schwämmen.
Ein jeder Schwamm eignet sich nicht dazu und am aller-
wenigsten ein runder Schwamm. Die Schwämme wer-
den deshalb zubereitet und zwar geschliffen. Manschnei-
det mit einem scharfen Messer eine platte Fläche und
schleift diese durch kreisförmiges Reiben auf grobem
scharfem Glaspapier. Wer einenMühlstein dazu benutzen
kann, der kommt noch besser weg. Die kleinen Fetzen,
die beim Schleifen entstehen, schneidet man mit einer
scharfenkleinen Schere ab. Auch den Umrissderplatten
Fläche schneidet manzuundzwarambestenineineForm,
die, ohne streng geometrisch zu sein, sich doch leicht
aneinandersetzen lässt, ohne Partien zu geben. Es ist
gut, wenn man die rechte Seite im Gegensatz zur lin-
ken schneidet, sodasssich also eine ArtRapportzwischen
den beiden Schwammkanten ergibt.
Der geschickte Tupfer wird dann aber auch bei
seiner Arbeit in besonnener Weise verfahren. Dass
der Schwamm nicht einmal viel, das andere Mal wenig
Farbe erhalten darf, ist selbstverständlich. Sonst wür-
den eben helle und dunkle Partien entstehen. Aber
das allein verbürgt noch nicht die absolute Gleich-
mässigkeit der Fläche. Der Maler darf nicht schematisch
verfahren. Er darf z. B. nicht etwa an der oberen
Kante anfangen, eine wagerechte Partie tupfen und
dann etwa in der gleichen Weise lauter wagerechte
Partien untereinander setzen, bis die Wand voll ist;
das ist auf der fertigen Wand unbedingt zu erkennen.
Der Maler kann hier etwas von den Steinsetzern lernen,
wenn sie auf dem Bürgersteig mit ihren kleinen Stern-
chen, die etwas grösser wie Wallnüsse sind, ein Pflaster
herstellen. Sie setzen die Steinchen nicht in geradliniger
Weise aneinander, obwohl das sehr leicht möglich und
auch am einfachsten wäre; aber die buckligen Längs-
und Querlinien, die der Fussgänger gewahrte, würden
sehr hässlich sein. Entweder setzen sie die Steine
in lauter Kreissegmenten, die sich auseinander ent-
wickeln, oder sie vermeiden grundsätzlich jede Regel
und fügen die Steine in buntem gesetzlosen Mosaik
zusammen, und diese Art von Pflasterung ist am erträg-
lichsten.
Der Maler der eine Wand tupft, sollte es ebenso
machen und jede Regelmässigkeit umgehen. Er tupft
in ganz unregelmässigen Umrissen, wobei er vermeiden
sollte, Zwischenräume, die der Schwamm nicht berührte,
stehen zu lassen; diese müssten sonst mit einem kleineren
Schwamm nachgetupft werden, und das gibt besonders
bei empfindlichen Farbenzusammenstellungen sehr leicht
Wolken und Flecken. Ebenso soll er aber darauf sehen,
dass der Schwamm das eben erzeugte Tupfbild in den
Umrissen nicht zum zweiten Male schneidet, denn man
kann sich denken, das sich auch in diesem Falle die
Flocken verdichten müssen und dass nun dunklere
oder hellere Merkmale entstehen, die verraten, in
welcher Weise getupft worden ist.
Die Tupffarben sollen nicht zu hart gegeneinander
stehen, und am besten bleibt der Maler beim Tupfen
im Ton. Damit ist aber nicht gesagt, dass der Ton
der Tupffarbe nicht nach der einen oder der anderen
Seite verändert werden dürfte; so z. B. ist das bei einem
dunkelgrünblauen Grund sehr gut denkbar, wenn er mit
grünspanfarbigem Grün getupft wird.
(Fortsetzung folgt.)

Verlag der Werkstatt der Kunst E. A. Seemann, Leipzig
 
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