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Münchner kunsttechnische Blätter — 15.1918-1919

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Nr. 19
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Hillig, Hugo: Dekorative Techniken [6]
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Stehl, Georg: Kunstlackierungen [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36588#0114

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Münchner kunsttechnische Blätter

Nr. rg

ist wirküch sehr vie! an dekorativem Reiz in einer
solchen Technik, wenn man sie zu beherrschen weiss.
Ein Leipziger Architekt hatte sich in diese Technik
so verhebt, dass er bei seinen architektonisch bedeut-
samen Bauten an Türen und auch an den plastischen
Dekorationen sie sehr gern anwendete.
VII. Das Bronzieren.
Das Bronzieren ist beiläufig schon in dem vorher-
gehenden Kapitel berührt worden; es ist aber auch
ein Kapitel für sich. Ich meine nicht die brutale An-
wendung der Bronze für sich bei Dekorationsmalereien,
die für manche Mater der Inbegriff aber Modernität
ist, ich meine auch nicht die Bronzestaffierung in far-
bigen Dekorationen, ich meine vielmehr die bewusste
Anwendung der Bronze beim dekorativ wirksamen An-
strich und da atterdings ist die Bronzefarbe eines der
dankbarsten Materiahen, die die farbige Dekoration
hat. Sowohl ats Untergrund in Verbindung mit den
Lasuren, wie man sie in verwandter Art ja schon in
der atten, einstmats ein eigenes Gewerbe beschäfti-
genden Wismutmaterei hatte — ornamentate tasierende
Materei auf Wismutbetag, einem sitberähntichen Blatt-
metat), das auch wie Blattmetall auf Oetgrund auf-
getragen wurde — ats auch in Verbindung mit atten
möglichen anderen Techniken, dem Tupfen, dem
Spritzen, dem Ftammen usw. Die moderne Kunst-
töpferei gibt auch hier dem Mater manchen Fingerzeig
und wer je einmat solche Kunsttöpfereien aufmerksam
studiert hat, der wird erkennen, wieviete Anregungen
für den Dekorationsmater darin hegen.
Es gibt solche Kunsttöpfereien, Vasen, Schalen
usw., da ist die matte Gtasur vielfarbig, doch immer
in feinster Harmonie gesprenkelt und gedämmt, und
die feinsten Effekte sind, wenn sich unter den wie zu-
fähig entstandenen Farbendecken auch gotdene und
silberne Sprenkel befinden, die einen ganz aparten und
die Käufer antockenden Reiz ausüben. Natürlich ist
dieser Dekor der Kunsttöpfereien zufällig und die
Kunst liegt eigentlich nur darin, den Zufall so zu
meistern, dass er sich in den Dienst des Dekorativen
stellt. Es gehört nicht wenig Berechnung dazu, den ge-
wünschten Dekor eben seiner Zufälligkeit halber vor-
zubereiten und es spielen hierbei chemische und phy-
sikalische Vorgänge eine grosse Rolle. Wie sich die
Glasurmassen in der Hitze verändern, wie sie Blasen
werfen, dann aufplatzen und an ihrem Grund das che-
misch reduzierte blanke Silber oder Gold schauen
lassen und wie sich während des Brennens die Ränder
der Blasen glatt legen, alles das gehört zu den wunder-
baren Spielen des von der Kunst gemeisterten Zufalles.
So feine Berechnung hat der Maler nicht nötig,
wenn er den Zufall in seinen Dienst spannt, aber des-
halb ist es auch möglich, die Dekorationstechniken
rationeller zu gestalten. Wir haben den Zufall schon
in allen vorhergehenden Kapiteln kennen gelernt; der
Dekor des Spritzens, des Tupfens, des Flammens, des
Wickelns ist Zufallsdekor und wenn der Maler die Be-
dingungen dieser Zufälle kennt, so ist er wohl imstande,
den Zufall seinen Wünschen auch etwas anzuschmiegen.
Wie im vorigen Kapitel über die Lasuren der Glanz
der Bronze dadurch geschwächt wurde, dass sich die
Lasurfarbe mit der Bronzefarbe vermischt, so muss
dieses bei den eigentlichen Bronzierungstechniken
auch oft versucht werden.
(Fortsetzung folgt.)
KunsUackierungen.
Von Georg Stehl, Wien.
Will man die Füllungen nicht bemalen, so führe
man sie ebenfalls in Vernismartin aus und versehe die
Füllungen mit pastoser (erhabener) Malerei. Dies ge-

schieht sehr leicht und schnell, indem man die Zeich-
nung aufpaust und dann mit dicker gehaltenem Kreide-
grund in zeichnerischer Weise mit dem Malpinsel ar-
beitet. Durch wiederholtes Aufträgen mittelst des
Kreidegrundes kann man förmlich mit dem Malpinsel
modellieren, Figuren, Landschaften usw. in origineller
Wirkung hervorzaubern, denn es kommen Gebilde
heraus oder entstehen willkürlich unter dem Pinsel, an
die man gar nicht gedacht. Die fertige Kreidegrund-
malerei wird scheliackiert, angelegt, vergoldet, ver-
silbert, lasiert, gemalt, ja auf alle mögliche Art be-
handelt. Man kann da äusserst vielseitig sein und die
Phantasie hat fast keine Grenzen. Wir haben einst in
dieser Weise ein Damenzimmer in einem Patrizierhause
in K. ausgeführt. Die Füllungen der mächtigen Flügel-
türen wurden auf die geschilderte Weise durchgeführt.
Wir ernteten viel Lob, Anerkennung und — was die
Hauptsache für den Kollegen ist — viel klingende
Münze, obwohl in Banknoten ausgezahlt wurde.
Wird sich nach dem Kriege der Wohlstand aufs
neue heben, so wird es auch Leute geben, die so et-
was machen lassen. Die Art der Lackierung eignet
sich für alle Wohnräume, als ganze Durchführung oder
— wie schon gesagt — als Einzelstücke. Ein Spiegel-
schrank z. B. in einem Schlafzimmer, dessen eine oder
mehrere Füllungen aus Spiegeln bestehen, lässt sich
sehr gut so lackieren. Die Holzfüllungen und die
Seitenwände belebt man, wenn das Malen zu teuer,
mit Flachornamenten, und wenn's nicht anders geht,
greift man zum Abziehbild. Dann hat man das Malen
der Füllungen erspart und ein schönes dekoratives
Möbelstück geliefert. Auf diese Weise kann aber das
ganze Schlafzimmer, mit Betten, Waschtischen, Nacht-
kasteln usw. usw., durchgeführt werden. Die Unver-
wüstlichkeit dieser Arbeiten ist ein gutes Anpreisungs-
mittel, sind sie doch — ausser mit Gewalt, fast von
Ewigkeitsdauer.
Der Maler und Lackierer soll erßnderisch sein,
ein selbstdenkender Geist wird mit solchen Hilfsmitteln
immer neue Variationen erfinden und braucht nicht
schablonenhaft zu werden.
Vor allen Dingen achte man darauf, dass die für
die Kunstlackierung ausersehenen Gegenstände aus
hartem Holz sind, mindestens aus Ahorn, Linde oder
Esche. Wenn letztere drei auch nicht Harthölzer sind,
so halten sie sich doch viel besser wie die Nadel-
hölzer. Rückwand, Ober- und Unterboden sowie
sonstige innere Teile können ja von Weichholz sein,
nicht aber die zu lackierenden Teile. Bei Nadelhölzern
wird man immer nachträgliche Uebelstände finden,
die für den Kollegen von Nachteil sind, selbst wenn
man die Kundschaft vorher aufmerksam gemacht hat.
Letztere glaubt ja stets, dass man mit Farbe und Kitt
alles machen könne. Das glaubt bekanntlich auch der
Tischler. Sobald der weiss, dass ein Möbel oder
anderer Gegenstand lackiert wird, so glaubt er grund
dessen weniger gut arbeiten zu können, als wenn der
Gegenstand von ihm poliert werden soll. Gewiss kann
man auch mit Kreidegrund viel verdecken, wenn man
denselben entsprechend dick hält. Der geübte Ar-
beiter wird mit Kitt von Kreide und Leim sowie mit
Kreidegrund das schlechtest gearbeitete Möbel elegant
herstellen können, aber das ist doch nicht unsere
Sache. Als Beispiel erinnern wir nur an die alten H-
guren, die in Holz roh geschnitten wurden und dann
erst durch die Hand des Modelleurs und Fassmalers
die Feinheit in der Form und die Parbe erhielten.
Freilich war bei den Alten Bildhauer, Modelleur und
Maler eine Person.
(Schluss.)

Verlag der Werkstatt der Kunst E. A. Seemann, Leipzig
 
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