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Münchner kunsttechnische Blätter — 15.1918-1919

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Nr. 5
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Fritsch, Gustav: Ueber die graphischen Methoden zur Bestimmung der Verhältnisse des menschlichen Körpers [3]
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Geschichte der Grundierungsmethoden für Holztafeln und Leinwanden [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36588#0027

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Nr 5

Münchner kunsttechnische Blätter

Proportionsverhältnisse der Gliedmassen enthalten
sind, gleichsam als wären sie demselben noch an-
gedrückt, wie im Mutterleibe, wenn auch nicht in
der natürlichen Haltung. Auch hier ist wieder zu
bemerken, dass, abgesehen von dieser embryolo-
gischen Beziehung, das Auftreten der Glied-
massenlängen in dem Rumpfgerüst als
zufällig, die Uebertragung in die Wirk-
lichkeit als willkürlich bezeichnet wer-
den könnte, und doch wäre der praktische
Vorteil des Systems, eine Unterlage für
weitereVergleichungen zu schaffen, voll-
kommen erreicht.
(Fortsetzung folgt.)
Geschichte der Grundierungsmethoden
iür Holztateln und Leinwänden.
(4. Fortsetzung.)
1. Auskitten der Unebenheiten, Knoten und Lücken
mittels Hautleim und Sägespähnen.
2. Zweifacher Ueberzug, mit heissem Pergament-
leim.
ß. Bekleben der Tafel mit Leinenstreifen, die in
Leimwasser getaucht sind.
4. Abraspeln der hervorstehenden Leinenfasern.
$. Ausbreiten der ersten Gipsschichte, bestehend
aus gewöhnlichem Gips nebst Leim, mit Hilfe
eines Hachen Stäbchens.
6. Vergipsen mit „gesso sottile", d. i. in Wasser
totgelöschtem und fein geriebenem Gips (unsere
sog. künstliche Bologneser oder Flugkreide), bis
zu 8 Lagen; bei kleineren Tafeln werden 3 Lagen
gegeben, ohne zuerst den groben Gips aufzu-
tragen.
7. Abschleifen mit dem Schabmesser, bis die Fläche
völlig eben ist (eine Arbeit, die jetzt schneller
mit Bimstein und Glaspapier zu erzielen ist).
8. Eventuell Polieren, durch Uebergehen mittels
eines in Wasser getauchten und ausgerungenen
Lappens.
Diese subtilen Vorarbeiten sind für die reichen
Vergoldungen, die von den Künstlern der Früh-
renaissance auf Bildern, als Hintergrund oder zur
Auszierung der mit dem Bilde in Verbindung stec-
henden Umrahmung beliebt waren, sehr notwendig,
deshalb wird in den Anweisungen auch besonderer
Wert darauf gelegt (s. Beitr. 111, p. 109 u. f.). Wir
haben also in den frühen Zeiten unter Malgrund
den richtigen Vergoldergrund zu verstehen.
Die Grundierung für Leinwand zur Tempera-
malerei beschreibt Cennini in den Kapiteln 162
bis l6$ seines Trattato. Man bediente sich der
Leinwand zu Fahnen und Standarten, „welche zum
Gottesdienst gehören, bisweilen ins Freie getragen
werden", und deshalb mit Firnis zu versehen sind,
dann zu Baldachinen und gelegentlichen Festdeko-
rationen, sowie selbst zu Gewandteilen bei Lust-

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gefechten, Turnieren und dergl. Das Verfahren
ist wie folgt beschrieben:
Kap. 162. Von der Art auf Weben oder
Zendel zu arbeiten. — Zuerst werde die Lein-
wand fest auf einen Blendrahmen gespannt, wobei
man acht gebe, dass alle Leinwandfäden gut ge-
rade laufen und die Nahten nicht störend erschei-
nen. Dann nehme man feinen Gips (gesso sottile)
und ein wenig Stärkemehl oder noch besser etwas
Zucker und verreibe diese Dinge mit Leim, von
der Gattung, welche zur Grundierung der Tafel
dient. Vorher gebe man mit dem Leime, so heiss
als möglich, eine Lage über das Ganze, von bei-
den Seiten, wenn beiderseits zu bemalen ist. Nach
dem Trocknen wird dann der oben beschriebene
Gips mit einem breiten, Hachen Messer (Spachtel)
gleichmässig und dünn aufgestrichen, so dass nur
die Unebenheiten mit dem Gips angefüllt bleiben;
hierzu genügt eine Lage der Masse. Je weniger
Gips darauf bleibt, desto besser. Zum Schlüsse
folgt noch ein allgemeines Abschaben, um die her-
vortretenden Fasern zu beseitigen.
Auf diesen Grund wird die Zeichnung mit wäs-
seriger Tinte aufgetragen und die Farben mit Ei-
gelb wie auf der Tafel temperiert. Auch lassen
sich Vergoldungen nach der Methode des Assiso
(mit feinem Gips, ein wenig roten Bolus, Eiklar
und Leim) mittels des Pinsels aufgetragen, die dann
in der Art der Beizen- oder Oelvergoldung zu be-
handeln sind (s. Beitr. III, p. Ilß).
III.
Grundierungen im 16. Jahrhundert.
Die alten Methoden wurden zunächst noch bei-
behalten. So erwähnt Vasari die Cennini'sche
Manier der Tafelpräparation gelegentlich seiner
Beschreibung der Temperamalerei der „alten" Mei-
ster in folgender Weise (Introd. Kap. 20, s. Beitr.
IV,S.26): „Beim Vergipsen der Tafeln glaubten
diese Meister, dass es nötig sei, damit sich An-
satzfugen bei ihren Tafeln nicht zeigten, Leinewand
mittels Schnitzelleim (colla di carnicci) über das
Ganze zu kleben, und darauf trugen sie den Gips
als Untergrund für die Malerei auf."
Im nächsten Abschnitt „über die Oelmalerei
auf Tafeln" schildert er die Grundierung wie folgt:
„Die mit Gips überzogenen Tafeln werden glatt
geschabt, und man gibt darüber 4 oder 5 Lagen
des weichsten Leimes (colla dolcissima) mit dem
Schwamm.Dabei ist es angebracht, zuerst eine
Grundfarbe (mestica) von trocknenden Farben, wie
Bleiweiss, Neapelgelb oder Glockenerde, die alle
gut miteinander vermischt (mit Leinöl oder Nuss-
öl angerieben werden) zu geben, und wenn der
Leim trocken ist, wird die Tafel einpastiert und
mit der Hachen Hand (die Farbe) gut verteilt, da-
mit sie gleichmässig über das Ganze ausgebreitet
ist, und das nennen viele die Imprimatura."
Vasaris Tafelpräparation unterscheidet sich dem-
 
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