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Münchner kunsttechnische Blätter — 15.1918-1919

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Nr. 12
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Die Lehre vom "goldenen Schnitt" und seine Anwendung [4]
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Berger, Ernst: 25 Jahre Münchener Maltechnik [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36588#0068

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68

Münchner kunsttechnische Blätter

Nr. 12

Punkt des Ganzen (beim voli geöffnetem Zirkel) auf
das Ellbogengelenk; beideGrössen (Minor —Hand,
Major = Unterarm) zusammen als Major gemessen,
lassen als Minor das Mass vom Ellbogen (über
der Biegung) bis zur Schulterhöhe übrig, und
messen wir noch den Oberarm als Ganzes, dann
geht der Major vom Gelenk bis zum Brustansatz
innerhalb des Oberarms, der Minor von hier zur
Schulterhöhe. Also sind die Masse a b : a c, a c : a d,
c b : c e im Verhältnis des goldenen Schnittes ge-
teilt und die gefundenen Punkte sind wichtige Stellen
des Armes sowie der Gelenke.
Bei Fortsetzung dieser Messmethode wird man
Anden, dass der Major a c der Breite des Ober-
körpers an der Schulter, der Minor b c der Hüft-
breite entspricht, dass auch die Gesamthöhe a b


im Rumpf (Länge der Wirbelsäule vom Becken
bis Schädelbasis) sich wiederholt, während der
Major a c der Grösse vom Nabel zum Kinn ent-
sprechen wird. (Vgl. Fig. 6 im Aufsatz von Fritsch
S. 32, wo es natürlich Antinous heissen sollte.)
Der Wert des goldenen Zirkels bei dessen
Verwendung im Bild wird von Goeringer an
zwei Beispielen dargelegt, und zwar bei Rem-
brandts Anbetung der Hirten und einem Bilde
von Vermeer van Delft, die Dame mit dem
Halsband. In beiden Fällen wird die Bildhöhe
und Bildbreite nach der Regel des goldenen
Schnittes geteilt, Parallelen und Diagonalen ge-
zogen und an den Schnittpunkten zeigt sich, dass
Hauptpunkte der Komposition auf diese Punkte
zutreffen; so der Kopf des Jesuskindes, der Ma-
donna, die Köpfe der Umstehenden usw. Bei der
Dame mit dem Halsband steht die Figur genau

in der Linie des Minor und die Stelle des Hals-
bands wird bezeichnet im Major zwischen Ellbogen
und Kopfende.
Aehnliche Messungen nach dem goldenen Schnitt
Anden sich in einer Schrift von Hans Bartolo
Brand (Der Akkord- und Quintenzirkel in Farben
und Tönen, München 1914), wo ein Porträt von
Rembrandt als Musterbeispiel für Rembrandts
Kenntnis dieser Regel dargestellt ist. Brand glaubt
aus dem Umstand, dass im Nachlass des Künst-
lers ein Exemplar von Dürers Messkunst vorhanden
war (a. a. O. S. $), Rembrandt wäre die künst-
lerische Ausnützung des Gesetzes vom goldenen
Schnitt bekannt gewesen. Das letztere ist wohl
möglich, ob aber diese Kenntnis aus Dürers Mess-
kunst abzuleiten ist, möchte ich bezweifeln, denn
in dieser Schrift ist von der Regel vom goldenen
Schnitt nirgends etwas zu Anden; auch hat Dürer,
wie an anderer Stelle erörtert werden soll, die
„Regel" nicht in seiner „Proportion des menschlichen
Körpers" zur Anwendung gebracht.
(Schluss folgt.)
25 Jahre Münchener Maltechnik.
Von E. B.
(4. Fortsetzung.)
Inzwischen war die Keimsche Mineralmalerei,
dank des Gutachtens der Akademie und durch
Förderung von seiten von Malern und Architekten
an mehreren Plätzen*' zur Anwendung gelangt,
sowohl in München, wo Dekorationsmaler Jos.
Wagner zuerst sein Wohnhaus an der Pecusa-
strasse damit schmückte, die Fassade des Bellevue-
Hotels durch Claudius Schraudolf ausgeführt wurde,
als auch in anderen Orten Deutschlands (Berlin,
Karlsruhe, Stuttgart u. a.). Es wurden auch in-
zwischen verblasste Malereien an Aussenwänden
durch die Keimsche Mineralmalerei ersetzt, so z. B.
der schon oben erwähnte Nehersche Fries am
Isartor und die Serie von geschichtlichen Fresko-
gemälden aus den 60er Jahren in den Arkaden
des Hofgartens (durch Prof. Spiess); nur die Rott-
mannschen Fresken, die klassischen Landschaften,
blieben in ihrem, wenn auch etwas ruinösen Zu-
stande erhalten.
Innerhalb der Deutschen Gesellschaft zur Be-
förderung rationeller Malverfahren wurde ein reger
Meinungsaustausch gepAogen über die Mittel, die
diesem Zwecke förderlich sein könnten; es wurden
öffentliche Vorträge abgehalten, die Schaffung
eines Versuchslaboratoriums in die Wege geleitet
und was als besonders wünschenswert erachtet
wurde, die Feststellung einerNormalfarben-
skala für künstlerische Zwecke sollte in An-
griff genommen werden.
Der leitende Gedanke war, eine Reihe von
als lichtbeständig sicher bekannte und zu künst-
lerischen Zwecken geeignete Farben zusammen-
 
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