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Münchner kunsttechnische Blätter — 15.1918-1919

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Nr. 7
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Geschichte der Grundierungsmethoden für Holztafeln und Leinwanden [7]
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Kleines Kunstgespräch
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Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.36588#0042

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42

Münchner kunsttechnische matter

Nr. y

Prosa abgefasste ß. Buch des Heraclius*) in
Betracht gezogen werden. Es stammt vermutlich
aus dem iß. Jahrh. und dessen Inhait ist durch
den damals im Norden reichlichen Gebrauch von
Oel insbesondere von Leinöl zu Malzwecken ge-
kennzeichnet (s. Beitr. III. S. ß2).
Wir ersehen aus Kap. 24 (Wie Holz zugerich-
tet wird, ehe es bemalt wird), dass hier be-
reits die Oelfarbe als Unterlage zur weiteren Mal-
arbeit diente und dass das Bleiweiss als bekann-
ter guter Trockner dazu verwendet wurde. Es
heisst da:
„Wann immer du Holz mit verschiedenen Farben
zu zieren dich bemühst, höre, was ich sage. Vor-
erst schabe das Holz völlig glatt, indem du mög-
lichst Hach schabst und dann mit jenem Kraute
reibest, welches Asperella (Schachtelhalm) genannt
wird. Wenn aber der Stoff des Holzes ein solcher
wäre, dass du die Unebenheiten desselben nicht
abgleichen könntest oder anderer Ursachen halber
nicht wolltest, so mahle Bleiweiss auf einem trok-
kenen Steine, doch nicht soviel, als wenn du da-
mit malen wolltest."
(Fortsetzung folgt.)

Kleines Kunstgespräch.
Oertlichkeit: Ausstellung für „neue" Kunst.
Durch einen auffallend reklameartigen Artikel
in den „M. N. N." veranlasst, besuchte ich die
Ausstellung eines kubistisch-expressionistischen
Malers. Nach kurzer Besichtigung der zwei Säle
füllenden „Kunstwerke", zum Eingang zurück-
gekehrt, entspann sich an der Kasse folgender
Dialog:
Ich: „Was kostet der Katalog mit den Illu-
strationen ?"
Das Kassafräulein: „Zwei Mark."
Ich: „Das ist aber teuer; kann ich denselben
nicht zum Künstlerpreis haben?"
Das Fräulein: „Bedaure, unsere Künstler be-
zahlen auch denselben Preis."
Ich: „Das ist aber schmerzlich!"
Das Fräulein (schnippisch): „Es gibt noch
schmerzlichere Dinge."
Ich: „Da haben Sie wohl recht und ich könnte
mir den Schmerz ersparen, wenn ich den Katalog
nicht kaufe. — Er interessiert mich auch nicht
der Kunst wegen, sondern nur vom psychologischen
Standpunkt, weil derlei für eine von mir angelegte
Sammlung psycho-pathologischer .Dokumente' sich
eignet. Aber mit Kunst hat diese Art Malerei
nichts zu tun; ich hatte bei Besichtigung der Bilder
auch keinen Moment einen Kunstgenuss! Darf
ich Sie fragen, aber Hand aufs Herz, wertes Fräu-
*) S. Ausgabe von I!g, Bd. 4 der Quellenschriften
für Kunstgeschichte und Kunsttechnik, Wien :873.

lein, ob Sie von dieser Malerei künstlerisch an-
geregt werden?"
Das Fräulein an der Kasse: — — — !

Literatur.
Wilh. Ostwald: Die Farbenlehre. Bd. I.
Mathetische Farbenlehre. Verlag
Unesma G. m. b. H. Leipzig 1918. Preis
geh. M. $.—; geb. M. 6.60.
Wie schon kurz angezeigt (s. Nr. 3 dieses Jahr-
gangs) ist der erste Band des von Prof. Ostwald ge-
planten, das Gesamtgebiet der Farbenlehre umfassen-
den Werkes fertiggestellt und unter dem Titel „Mathe-
tische Farbenlehre" erschienen. Ostwald geht bei der
Einteilung der Farbenlehre von den allgemeinen Grund-
lagen der Wissenschaft aus, die sich aus Gruppen von
Emzelwissenschaften zusammensetzen, die wieder in
einer bestimmten Ordnung aneinandergefügt sind. Den
Begriff dieser Ordnung bezeichnen Logik und Mathe-
matik in erster Reihe, die Ostwald zusammen mit dem
Worte Mathetik ausdrückt. Für diese Farben-Mathetik
werden alle von unseren Sinnen wahrnehmbaren Far-
ben, sowohl nach ihrer Art, Helligkeit, Intensität, Tö-
nung mittelst Weiss und Schwarz systematisch geord-
net, so dass allen möglichen Mischungen ihre Stellung
innerhalb der Reihen zugeteilt wird. Zu dieser reinen
Denkarbeit tritt noch die mathematische Einteilung,
durch die es möglich wird, alle vorkommenden Misch-
farben ebenso genau zu beziffern, wie die reinen un-
gemischten Spektralfarben. Der Gelehrte vereinigt in
diesem 1. Teil der Farbenlehre die schon früher von
ihm veröffentlichten Arbeiten über das nämliche Thema,
das er in der „Farbenhbe!" (Leipzig 1917) und insbe-
sondere durch seinen rooteiügen Farbenkreis sowie
die „hellklaren und dunkelklaren" Reihen nach der
praktischen Seite hin erörtert hat und die Grundlagen
bilden zu dem „Farbenatlas", in welchem etwa 2300
Farben auf etwa 100 Tafeln zum Gebrauch für Kunst
und Industrie abgebildet sind.
Von Interesse ist noch der historische Teil, in dem
auf frühere Systeme der mathetischen Farbenlehre
hingewiesen wird, wobei das Farbendreieck des Mathe-
matikers Tobias Mayer (1758), Lamberts Farben-
pyramide (1772) und des Malers Philipp Otto Runges
Farbenkugel ihren Anteil haben. Runge, der bekannt-
lich mit Goethe Beziehungen hatte, ging wie seine Vor-
gänger vom sog. Dreifarbensystem aus, d. h. er mischte
alle Töne aus den drei Grundfarben Gelb, Rot und Blau,
die er dann mittels Weiss und Schwarz heller und
dunkler machte. Auf dem Aequator seiner Farben-
kugel ordnete er alle reinen Farben an, der obere Pol
hatte Weiss, der untere Schwarz als Farbe, zwischen
diesen und an der Peripherie der Kugel lagen alle Farb-
mischungen systematisch geordnet.
Nach Runge hat der Chemiker Cho vreu! sich mit
der Systematik derFarben befasst, dann noch M axwell,
dessen experimentelle Farbenmischung mit Hilfe des
gradierten Kreisels allgemein bekannt ist.
Bei Ostwald sehen wir alle diese Systeme zur Ein-
heitlichkeit verarbeitet und so die Grundlage geschaf-
fen zur genaueren Einteilung und Bezeichnung aller
Arten der sichtbaren Farben. Möge es dem Verfasser
gelingen, auch die weiteren Bände der Farbenlehre,
trotz der schweren Zeiten, denen wir entgegengehen,
in gleicher Weise zu Ende zu führen, wie er es vorhatte.
E. B.

Vertag der Werk*tat! der Knnst E. A Seemann, Leipzig.
 
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