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Münchner kunsttechnische Blätter — 15.1918-1919

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Nr. 7
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Geschichte der Grundierungsmethoden für Holztafeln und Leinwanden [7]
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Nr. 7

Münchner kunsttechnische Blätter

4!

V. Angaben des Mönches
Theophilus Presbyter*).
Zu den frühesten Quellen des Nordens gehört
die des Mönches Theophilus Presbyter, der ver-
mutlich zu Ende des II. und in den ersten De-
zennien des 12. Jahrh. im Benediktinerkloster Hel-
mershausen an der Diemel (Niederhessen) als Gold-
schmied tätig war. Seine „Schedula diversarum
Artium" behandelt aber alle damals in Klöstern
betriebenen Kunsttechniken, also auch die Malerei
in Büchern und auf Tafeln. Zum Unterschied von
früheren Aufzeichnungen wie sie in den byzan-
tinischen Manuskripten, dem Lucca-Manuskript oder
in Mappae clavicula auf uns gelangt sind, befolgt
die Schedula des Theophilus ein gewisses System,
indem hier alle für eine bestimmte Kunsttechnik
zugehörigen Rezepte geordnet sind. Der Malerei
ist das erste Buch gewidmet.
Was die Grundierungen für Holztafeln betrifft,
die sich nach Angaben über Farbenmischungen für
Wand- und Buchmalerei Anden, so ist hier zunächst
Kap. 2/ von Interesse, das „Von Altartafeln
und -Türen und von dem Käseleim" handelt.
Es heisst dort:
„Die Altartafeln oder -Türen (d. h. die bei
Tryptichen üblichen Stücke) werden vorerst einzeln
mittels des Werkzeuges verbunden, dessen sich
die Fassbinder und die Böttcher bedienen. Hier-
auf werden sie mit Käseleim zusammengefügt,
was auf diese Weise geschieht: Weicher Käse muss
in Stückchen zerschnitten und mit warmem Wasser
so lange mittels eines Stössels im Mörser geweicht
werden, bis das Wasser nach häufigem Aufgiessen
endlich unvermischt wegAiesst. Dieser Käse wird
nun mit der Hand zusammengedrückt und in kaltes
Wasser gelegt, bis er hart wird. Nach diesem
mahle man ihn aufs feinste auf einem ebenen Holz-
täfelchen mit einem anderen Holze und so werde
er abermals in den Mörser gebracht und in Ver-
mischung mit Wasser und ungelöschtem Kalk sorg-
fältig mit dem Stössel gestampt, bis es so dicht
wie Hefen ist. Mit diesem Leim zusammengefügte
Altarblätter haften, nachdem sie trocken sind, so
fest aneinander, dass sie weder durch Nässe noch
Hitze getrennt werden können. Ferner müssen
sie mit dem Abgleicheisen geebnet werden, welches,
gekrümmt und an der Innenseite scharf, zwei Hand-
haben hat, so dass es mit beiden Händen geführt
werden kann. Hiermit werden Türen und Schilder
geschabt, bis sie eben sind. Dann sind sie mit
rohem Pferde-, Esel- oder Rindsleder zu bedecken,
welches in Wasser geweicht ist, dann sogleich nach
Entfernung der Haare etwas ausgepresst und so
feucht mit dem Käseleim angebracht wird."
Das nächste 28. Kapitel handelt „Vom Leim
aus dem Leder und Geweih des Hirsches."
*) S. Ilgs Ausgabe im 7. Bd. der Quellenschriften f.
Kunstgeschichte und Kunsttechnik. Wien 1874 (m. Bei-
träge III. S. 4!)*

„Nimm von demselben Leder, nachdem es wohl
ausgetrocknet ist, gleicherweise getrocknete Schnit-
zel, schneide sie in kleine Teile, dann das Hirsch-
geweih mit einem Schmiedehammer auf dem Am-
bos zerschlagen, lege es zusammen in einen neuen
Topf, dass er halb gefüllt sei, giesse Wasser dar-
auf und koche es am Feuer bis der dritte Teil
des Wassers durchs Kochen übergeblieben, so
aber bis es siedend geworden ist. Und die Probe
mache also: Befeuchte deine Finger mit diesem
Wasser, und wenn sie, kalt geworden, aneinander-
haften, ist der Leim gut; wenn nicht, koche so-
lange bis sie Zusammenhängen. Darauf giesse diesen
Leim in ein reines Gefäss, den Topf fülle wieder
mit Wasser, koche wie früher, und so mache es
viermal."
Dieser Leim dient zur Bereitung des eigent-
lichenMalgrundes, der im 19. Kap. beschrieben wird:
VomweissenGipsgrundaufLederoderHolz.
„Nach diesem (d. h. der Bereitung des Leimes)
nimm wie Kalk gebrannten Gips oder Kreide, mit
der die Häute weiss gefärbt werden (d. i. sog.
Kollerkreide, Pfeifenton), und vermale sie sorgsam
mit Wasser auf dem Steine, dann gib es in einen
Seherben, giesse Leim von jenem Leder darauf und
stelle es auf Kohlen, damit der Leim flüssig werde,
und streiche es so sehr dünn mit dem Pinsel auf
das Leder. Dann wenn das trocken wurde, trage
etwas dichter auf, und wenn nötig, ein drittes mal.
Sobald es vollkommen trocken ist, nimm das Kraut
Schachtelhalm, welches den Binsen ähnlich wächst
und Knoten hat; nachdem du es im Sommer ge-
sammelt hast, dörre es an der Sonne und reibe
mit diesem den weissen Grund, bis er gänzlich
glatt und hell ist. Wenn dir aber Leder zum Ueber-
ziehen der Tafeln mangeln sollte, so können sie
auch in derselben Weise und mit demselben Leime
mittels ziemlich neuen Leinenstoffs oder Canavas
bedeckt werden."
In einem weiteren Kapitel (20. Die Türflügel
rot zu machen und von Leinöl) wird angeraten,
Minium oder Zinnobet mit durch Pressen her-
gestelltem Leinöl zu reiben und zweimal aufzu-
streichen; jeder Anstrich werde an der Sonne ge-
trocknet und schliesslich mit dem „Vernition" ge-
nannten Firniss überstrichen.
Diese Angaben des Theophilus ähneln in vieler
Hinsicht denjenigen des Heraclius, die im folgen-
den Abschnitt hier angereiht sind.
Als Bindemittel für Tafelmalerei Anden wir bei
Theophilus zwei Arten, die Gummi-Tempere (von
Kirsch- oder PAaumenbaum) und die schon früh
bekannte Oelmalerei (Kap. 27 des Ms., 9. m. Bei-
träge III. S. $1).
VI. Angaben des Heraclius-Ms.
Der Zeit nach geordnet, muss zunächst das in
 
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