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Münchner kunsttechnische Blätter — 15.1918-1919

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Nr. 13
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Die Lehre vom "goldenen Schnitt" und seine Anwendung [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36588#0073

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Manchen, 3t. März 1919.

BeMagt zar „Werkstatt der Kaast" (E. A. Seeaeaaa, Leipzig).
Ersoheiat!4tägig aater Leitaag voa Haier Prof. Erast Berger.

IV. Jahrg. Nr. 13

Inhalt: Die Lehre vom „goldenen Schnitt" und seine Anwendung. (Schluss.) — 25 Jahre Münchner Mai-
technik. Von E. B. (5. Fortsetzung.) — Geschichte der Grundierungsmethoden für Hoiztafein und
Leinwänden, (n. Fortsetzung.) — Goethes Farbentehre im Urteii seiner Zeit. (Fortsetzung.) — Der
Maier und die Farbe.

Die Lehre vom „goldenen Schnitt" und seine Anwendung.
Mit 6 Abbildungen.
(Schluss.)

In dieser Hinsicht scheinen mir auch Göringers
historische Angaben nicht ganz zutreffend. S. 3
sagt er: „Die Griechen kannten schon diese Pro-
portion; wir Anden sie bei Euklid 300 v. Chr.
Der italienische Mathematiker Luca Paciuoli
gab ihr in seinem Werke ,Divina proporzione'
(Venedig 150g) den Namen ,göttliche Proportion'.
Die Bezeichnung ,goldener Schnitt' stammt aus
dem Mittelalter und lässt wohl den Schluss zu,
dass man damals schon eine Ahnung von der
hohen Bedeutung dieser Proportion hatte." Was
Euklid betrifft, so fehlt mir die Möglichkeit, die
obige Annahme nachzuprüfen. In Paciuolis Werk
aber ist die Bezeichnung „göttliche Proportion"
auf die Möglichkeit, die wichtigsten geometrischen
Formen in den Kreis (Kugel) oder das Quadrat
(Kubus) zu konstruieren, zurückgeführt; die „gött-
liche Proportion" oder den goldenen Schnitt wen-
det er beim menschlichen Körper, dessen Verhält-
nisse er nach Vitruvs Angaben behandelt, auch
nicht an.
Ob und wann die Lehre vom goldenen Schnitt
„im Mittelalter" bekannt wurde, habe ich bis jetzt,
trotz eifriger Nachfrage nicht feststellen können.
In der Renaissance scheint die Lehre vielfach
Verwendung gefunden zu haben, sowohl in Italien
als auch in den Niederlanden, wenigstens lassen
sich die Werke mancher Meister an der Hand der
Lehre vom goldenen Schnitt auf diese zurück-
führen. Oder sollten wir Ursache und Wirkung
verwechseln? Weil viele Meisterwerke der Zeit
uns einen besonders schönen und harmonischen

Eindruck machen, glauben wir den Grund dieser
Wirkung in dem Gesetz der Proportion nach dem
goldenen Schnitt zu erblicken. Aber die künst-


Fig- 5-
lerische Empfindung aller dieser Meister war eben so
geartet, dass sie gar nicht anders konnten, und
von Jugend auf daran gewöhnt, das Schöne um
des Schönen willen zu pflegen, kamen sie zur
 
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