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Münchner kunsttechnische Blätter — 15.1918-1919

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Nr. 11
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Die Lehre vom "goldenen Schnitt" und seine Anwendung [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36588#0061

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Maachen, 17. Feb. 19:9.


BeMtge nr „Werkstatt de? HHast" (E. A. Seesnaa, Lefpztg).
Ersohe)Ht!4tägig aatar Leüaag vaa Mater Prof. Eraat Berger.

1Y. Jahrg. Nr. 11

Inhalt: Die Lehre vom „goldenen Schnitt" und seine Anwendung (2. Fortsetzung). — 25 Jahre Münchner
Maltechnik. Von E. B. (3. Fortsetzung.) — Geschichte der Grundierungsmethoden für Holztafeln
und Leinwänden, (:o. Fortsetzung.) — G. Hirth: Der Begriff des spezifisch Künstlerischen. (Schluss.)
— Horadams neues Aquarcllweiss.

Die Lehre vom „goldenen Schnitt" und seine Anwendung.
Mit 6 Abbildungen.
(2. Fortsetzung.)

II.
Von allen, die über die Lehre vom goldenen
Schnitt geschrieben haben, ist niemand gründlicher
und ausführlicher gewesen, als der Mathematiker
Prof. Dr. A. Zeising in dem Werke: „Neue
Lehre von den Proportionen des mensch-
lichen Körpers, aus einem bisher unbekannt
gebliebenen, die ganze Natur und Kunst durch-
dringenden morphologischen Grundgesetze
entwickelt und mit einer vollständigen historischen
Uebersicht der bisherigen Systeme begleitet" (mit
177 in den Text gedruckten Holzschnitten; Leipzig
1854). Wie in dem Titel des Buches angegeben
ist, ist Zeising von der Wichtigkeit seiner Ent-
deckung durchdrungen und glaubt, dass es ihm
gelungen sei, mit Hilfe von Belegen und Zeich-
nungen und Zahlen den Leser von der inneren
Wahrheit, der ästhetischen Wichtigkeit und prak-
tische Brauchbarkeit des aufgestellten Gesetzes
vom goldenen Schnitt zu überzeugen und ihm zum
Bewusstsein zu bringen, dass wirklich, wie das
Gefühl schon längst geahnt, „der menschliche
Körper ein aus einer Uridee hervorgequollener,
in allen seinen Teilen und Dimensionen nach einem
und demselben Grundverhältnis gegliederter und
inmitten der unendlichen Mannigfaltigkeit seiner
einzelnen Formen und der Freiheit seiner Be-
wegungen ein von vollkommenster Harmonie und
Eurythmie durchdrungener Organismus ist".
Hiermit aber scheint ihm die Bedeutung des Ge-
setzes bei weitem nicht erschöpft; vielmehr hatte
sich ihm die Ueberzeugung aufgedrängt, dass in

diesem Gesetze „das Grundprinzip aller nach Schön-
heit und Totalität dringenden Gestaltung im Reich
der Natur, wie im Gebiet der Kunst enthalten
ist und dass es von Uranfang an allen Form-
bildungen und formellen Verhältnissen, den kos-
mischen wie den individualisierenden, den orga-
nischen wie den anorganischen, den akustischen
wie den optischen, als höchstes Ziel und Ideal
vorschwebt, jedoch erst in der Menschengestalt
seine vollkommenste Realisation erfahren hat".
Im Laufe der umfassenden Erörterungen be-
weist Zeising an der Hand der astronomischen
Berechnungen die Wirkung des Gesetzes sowohl
bei den makrokosmischen Erscheinungen des
Weltalls, an den Entfernungen der Planeten und
ihrer Umlaufszeiten, als auch bei den mikro-
kosmischen Erscheinungen im Aufbau der Mine-
ralien und Kristalle, ebenso wie an der Eigenart
des pflanzlichen Wachstums, ihrem Aufbau des
Zellgewebes usw. Er findet das Gesetz in Tätig-
keit nicht minder an den jungen Trieben einer
Pappel, wie bei den Blattstielen der Eiche, beim
Rosenblatte und dem Epheu und ähnlichen; er
misst es nach bei den Blüten der Blumen, bei
den Früchten, den Zwischenräumen der Blatt-
ansätze (Wirbel oder Blätterzyklen) und findet auch
hier die höchst merkwürdige Folge der Zahlen-
reihe: 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34 - - - "Ei" wahrhaft
überraschendes Resultat, um so überraschender,
je unregelmässiger auf den ersten Blick gerade
die Stellung der Blätter am Stengel erscheint.
Nicht genug, dass jeder Pflanze für sich eine be-
 
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