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Münchner kunsttechnische Blätter — 15.1918-1919

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Nr. 2
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Gerhardt, Fritz [Gefeierte Pers.]: Zu Fritz Gerhardts 90. Geburtstag
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Jacoby, Louis [Gefeierte Pers.]: Zu Prof. Louis Jacobys 90. Geburtstag
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Geschichte der Grundierungsmethoden für Holztafeln und Leinwanden [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36588#0008

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8

Münchner kunsttechnische matter

Nr. 3

tion anknüpfend hat unser Gerhardt mit grossem
Fleiss sein System der Kaseinmalerei aufgebaut und
ist dabei zu Neuerungen gekommen, die für die
Ausführung grosser Dekorationen von grösstem
Vorteil waren. Dahin gehört die geringe Tonver-
änderung seiner Kaseinfarben, die er durch allerlei
fette und harzhaltige Zusätze ermöglichte. Jeden-
falls war Gerhardt einer der ersten, die jene Eigen-
schaft des Kaseins erkannt und folgerichtig aus-
gebeutet haben, nämlich die sog. Emulgierungs-
fähigkeit des Käsestoffes. Das Kasein emulgiert
sich sehr gut und leicht mit Harzen oder Oelen,
Wachslösungen, Petroleum und ähnlichem, es wird
dadurch einerseits wassermischbar, oder aber es
lässt sich derart verarbeiten, dass die dicke Ka-
seinfarbe wie Oelfarbe behandelt, mit ätherischen
Oelen verdünnt, verarbeitet und endlich auch wie
Oelfarbe gefirnisst werden kann. Diese grosse
Variabilität des Materials bietet Vorteile für jede
Art von Technik, die sich der Handschrift des
Meisters ohne grosse Mühe anschmiegt. Daher
auch die Möglichkeit, entweder in hellen fresko-
artigen Tönen, oder in satter Tiefe zu arbeiten.
Wenn man die grossartigen Kuppelmalereien von
Geselschap in der Ruhmeshalle zu Berlin, mit
seiner strahlenden Helligkeit vergleicht mit dem
goldigen Farbenzauber des Janss enschen Frieses
in der Aula der Düsseldorfer Kunstakademie, oder
die herrlichen, in ihrer Realistik nicht zu über-
treffenden Wandgemälde des Altmeisters v. Geb-
hardt in der Friedenskirche daselbst, dann wird
man erkennen, wie wandlungsfähig diese Technik
in der Hand eines jeden Künstlers ist.
Dies ist also, nach meiner Meinung, das Ver-
dienst Gerhardts, dass er den Künstlern ein Ma-
terial zur Verfügung gestellt hat, aus dem ein jeder
von ihnen, den eigenen Eingebungen folgend, ge-
rade das herausholte, das ihm eben für seine Zwecke
passte. Deshalb der grosse Erfolg der Gerhardt-
schen Kaseinmalerei, die dem dekorativen Künstler
von heute ebenso unentbehrlich geworden ist, wie
dem Kirchenmaler und anderen Vertretern der
Dekorationsmalerei.
Möge unser verehrter Fritz Gerhardt aus den
zahlreichen Ehrungen zu seinem 90. Geburtstag
ersehen, dass die Künstlerschaft ihm für seine
Lebensarbeit dankbar ist und auch stets bleiben
wird.
Zu Proi. Louis Jacobys 90. Geburtstag.
Im Anschluss an die obige Erinnerung wollen
wir auch die Gelegenheit benutzen, einem wei-
teren Neunziger unseren Gruss und Glückwunsch
zu bieten. Es ist der als Meister des Kupferstichs
bekannte vortreffliche Künstler Louis Jacoby
in Berlin-Grunewald, früher Professor für Kupfer-
stich an der Wiener Kunstakademie. Auch er ge-
hört zu den grossen Könnern, denn die Kunst des
Kupferstechers darf nicht gering geachtet werden,

wenn von „Kunsttechnik" gesprochen wird! Vor
dem Bekanntwerden der jetzt allgemeinen, me-
chanischen Reproduktionstechniken war der Kupfer-
stecher der einzige, der seinen Zeitgenossen die
grossen Meisterwerke zugänglich machte, ja viele
erste Künstler waren selbst Kupferstecher, wie
Albrecht Dürer, Rembrandt, Lucas v. Leyden u. a.
Und wer, wie Jacoby, sich in den Geist der alten
Meister so eingelebt, als ob sie selbst den Grab-
stichel geführt hätten, dem ist der Dank der kunst-
liebenden Welt gewiss. Schon der einzig schöne,
grosse Stich nach Raphaels „Schule von Athen", ge-
wiss die beste Reproduktion, die von diesem Werk
(trotz aller moderner photographischer Künste!)
existiert, gibt den Beweis des hohen Wertes des
Kupferstichs. Nur muss dieser mit dem feinen
Verständnis und der Vollendung ausgeführt sein,
die eben Prof. Jacobys Werken innewohnen.
Geschichte der Grundierungsmethoden
iür Holztatein und Leinwänden.
(i. Fortsetzung.)
Was die Holzarten betrifft, aus welchen die
Tafeln für Malzwecke gefertigt wurden, so hängt
deren Gebrauch naturgemäss von der örtlichen
Lage ab. Man wählte stets sog. harte Hölzer,
weil diese dem Schwinden weniger ausgesetzt waren.
Plinius (16, /ß) bezeichnet das Lärchenholz als
das von den damaligen Malern bevorzugtere, „weil
es keine Risse bekommt".
In der byzantinischen Hermeneia des Dionysios
sind keine Angaben über Holzarten gemacht, wohl
aber finden wir solche bei Cennini (Kap. Ilß),
der für Tafelgemälde zartes Pappelholz, dann noch
Linden- und Weidenholz für geeignet erachtet.
In neuerer Zeit wird vom kunstgeschichtlichen
Standpunkt für die Beurteilung der Provenienz eines
Bildes, sowohl der Art als auch der Erhaltung des
Untergrundes von Gemälden grösserer Wert bei-
gelegt; man hat den verschiedenen Holzarten für
Tafelgemälde mehr Aufmerksamkeit geschenkt, um
auf diese Weise auf Ort und Zeit der Entstehung
Rückschlüsse ziehen zu können. Es sollen des-
halb hier die hauptsächlichsten Resultate ange-
reiht werden (nach Frimmels Gemäldekunde,
Leipzig 1894, S. IO):
„Die Italiener des 1$. und 16. Jahrhunderts
malten meist auf Pappelholz, selten auf Kastanien-
holz, Pinie und Nussbaumholz. Auch wird be-
merkt, dass die italienischen Bretter verhältnis-
mässig dick seien und an der Rückseite keine
Bearbeitung mit dem Hobel aufweisen. Die Vene-
tianer waren auf das aus dem Trenta- und Etsch-
gebiet importierte Eichenholz angewiesen, wie
Vasari berichtet (Leben des Beilini), ebenso
haben sich Italiener, die nach dem Norden kamen,
gelegentlich dem nordischen Gebrauch angeschlos-
sen. Sonst malten die Lombarden des 16. Jahr-
 
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