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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (8) — 1844

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https://doi.org/10.11588/diglit.42423#0029

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Drx Neckar-Botr erscheint
»öchenttich zweimal, Dienstag»
u. Freitag» Bestellungen kön-
nen bei der Expedition in Hei-
delberg , bei KauNn. Lempp
,n Mosbach, Kau sm. Frank ln
Adelsheim, Abraham Stumps
m Ebcrbach undbeiallcnPost-
Acmtcrn gemacht werden.

Neckar-Bote.

S.
Freitag, dm 19. Januar 1844.

Der Abonnementdprei» beträgt
für ein Jahr t st. 36 kr, für
ein balde» Jahr 5g kr kür
ein Vierteljahr 3c> kr. Die
Einrückungsgcbühi für dir ge-
spaltene Zeile od. deren Naum
beträgt 2 kr. Bei Anzeigen,
worüber die Expedition Aus-
kunft crtheilt, 3 kr.

Huntes aus der Leit»
Unfern unglücklichen Landsleuten in Griechenland wird
es wohl endlich gelingen, in ihre Heimat aus einem
Lande zurückznkchrcn, wo sie bei den Einwohnern ver-
haßt, ibr Leben nur kümmerlich fristen. Obgleich die
nvlhigcn Summen beträchtlicher sind, als man vor
weniger Zeit gemeint, so ist dock namentlich in Bayern
die Theilnabmc fort-wäbrcnd rege, und auch von andern
Orten, z. B. Darmstadt, geben beträchtliche Summen ein.
Böhmen wird fast in allen seinen Kreisen durch weit
verzweigte Räuberbanden mehr oder weniger unsicher
gemackt, deren Kübnheit so weit gebt, daß z. B. ei-
nige 20 Räuber, kaum eine halbe Stunde von Prag
entfernt, eine Besitzung überfielen; wobei von beiden
Seiten an 130 Scküsse abgefeuert wurden, und die
Bewobncr der ganz naben Gehöfte gänzlich außer Stand
waren, den Bedrängten zu Hilfe zu kommen. Man
bat zwar drei dieser Verbrecher, unter denen sich ein
Rickter aus einem Dorfe bei Prag befinden soll, ge-
fänglich cingebracht, und dadurch die Bewohner der
Hauptstadt einigermaßen beruhigt, aber die sämmtlickcn
böhmischen Dörfer befinden sich in großer Bcdrängniß.
Amerikanische Speculation. Die Amerikaner
sind doch weit praktischere Menschen, als wir. War-
um soll die ungeheuere Kraft, welche ein auf der Ei-
senta m dahin brausender Wagen besitzk, nickt nutzbar
gemackt werden können? Ein spekulativer Amerikaner
hat diese Kraft nutzbar gemacht. Er nimmt aus den
Stationen der Bahn frische Milch ein, diese Milch
wird in große Fässer gebracht, in denen sich Schaufel-
räder befinden, die durch einen Mechanismus mit dem
Eisenbahnwagen, auf welchem die Fässer liegen, in
Verbindung stehen und durch die Kraft, welche den
Wagen treibt, ebenfalls umgetricbeu werden, dadurch
erreicht der Mann seinen Zweck. Frische Milck nimmt
er unterwegs ein und mit frischer Butter kommt er
in der Stadt an.
Um die Eisiucsen mit allen Zweigen europäischer Ci-
vilisalion bekannt zu macken, sind eine Partie Putzsa-
ckcn von Paris nach dem »himmlischen Reiche« abge-
gangeu, worunter sich namentlich Corsetke befinden.
Haben die Frauen der Chinesen es bisher meisterlich
verstanden, stch die Füße zusammeuzuscknüren, so kön-
nen sic es jetzt auck mit dem Leibe Prokuren.
Am 0. Januar ist in Dublin wieder eine zahlreiche
Versammlung der Freunde der Repeal (Aufhebung der
Vereinigung mit England, jedoch mit Anerkennung des
jedesmaligen Monarchen von England als solchen in
Irland) gehalten worden. — Non den >28 Gesckwor-
nen, welche in dem Prozesse O'Eonncll'S und seiner
Mitangeklagten entscheiden sollen, hat die englische Ne-
gierung sauimtlicke Katholiken ausgcscbieden, und es
gehl in Folge dieses Verfahrens eine Beschwerde an
die Königin von England ab. Die einflußreichsten Ka-
tholiken unterzeichnen dieselbe. Es ist erwiesen,daß
mehrere der gestrichenen Katholiken an der Repealbe-
weguug me den Mindesten ccktheil genommen haken.
Der General Hudson Lowe, der bekannte Peiniger

Napoleons auf St. Helena, ist in London gestorben.
Er hinterläßt eine nächstens im Truck erscheinende Denk-
schrift, in welcher er, wie cs heißt, auf daS Genü-
gendste darthut, daß sein hartes Benehmen gegen Na-
poleon, und seine strenge Bewachung nur Folge der
gemessenen Befehle des damaligen britischen Ministeriums
war, die er vergebens zu mildern gesuchtschabe.
Der Offizier, welcher in Frankfurt an der Oder
vermißt wurde (s. Nro. 4), soll, von vielen Stichen
durchbohrt, in der Oder gefunden worden sein.

Die Neujahrsnacht.
/Schliis;.)
„Mutter! Mutter! — Liebe Marthe!" tönte eö,
„wackc doch auf!" Da schlug Marthe die Augen
auf, und eine ganz andere Weit trat ihr entgegen.
— Sie hatte geträumt. Und dieser Traum, der
das Entsetzen ihrer Seele bis zur Raserei gesteigert
und das Gebäude ihres Körpers mit einer über-
mächtigcn Gewalt durchtobt, und seine Organe als
wie wickcrgcboren hatte — hatte ihre Genesung
wunderbarer Weise hcrvorgcbracht.
Sic vermochte nicht zu sprechen, sie träumte
nur wie noch im neuen Erwachen ; und die alte Zau-
berwclt, die durch den Traum wie mit einem dich-
ten ewigen Vorbang sich zu verschließen schien, trat
neu und grell vor ihre Seele.
Einzelne stumme, aber verklärte Thranen ran-
nen hernieder aus den gottergebenen Augen; Ma-
rie warf sich über sie nieder und bedeckte die blas-
sen Lippen mit tausend liebenden Küssen. Der
Alte faltete die Hande, der Baron stand im Hin-
tergründe und weidete sich an dieser Gruppe from-
mer beseligter Menschen.
,,Scid Ihr denn schon so bald bei mir?" sprach
Marthe nun -— noch bald in dem Gedanken, als
ob sic durch die Nackt des Entsetzens in ein ewiges
freudenreiches Dasein cingegangcn wäre. „Mir
ist ja so wohl, so leicht zu Muthc, daß ich auf-
jauchzen und aufspringen wollte — und doch —
luhr sie sort, indem ihre Blicke die Gegenstände
des Gemaches überliefen — „ist mir Alles so be-
kannt , als ob ich noch lebte. Sollte denn der All-
barmherzige, nachdem er mir nach kurzem Todes-
schlafe Euch hier gegeben — auch das armselige
Bcschränkniß unserer irdischen Wohnung mit auf-
genommen haben in dieses neue Leben?" —
„Ihr lebt ja, Mutter!" jubelte Marie — „Ihr
seid erwacht und seid genesen, und ich bin cs hier
Eure Tochter und der Vater da, und ein F-rcund
dort! Und wia sind Alle glücklich und selig; denn
Ihr lebt ja und seid uns wicdcrgegcbcn für eine
bcssc-e freudenreiche Zukunft!"
 
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