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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (8) — 1844

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https://doi.org/10.11588/diglit.42423#0161

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Der Neckar-Bott «rscheint
wöchentlich zweimal, Dienstags
u Freitags Dc> A bonnrnicin»-
prci» beträgt für rin Jahr i fl.
36 kr., für ein halbe» Jahr 5/»
tr., für ein Vierteljahr 3o kr.

Neckar




Die Tinrncknng»qebühr für die
gespaltene Zeile ober deren
Nanni biträgl 2 kr. Bei An-
zeigen. wo, über die Erpediliim
Auskunft erthcilt, 3 kr.

Dienstag, den 30. April 1844.

Vuntes aus der Leit*
St. Petersburg. Vor einigen Jahren war in den
deutschen Zeitungen viel von dein aus den Kernen der
Sonnenblume zu pressenden Oel die Rede. In Ruß-
land hat man die Vorschläge zur Ausführung gebracht,
und in Moskau und St. Petersburg erscheinen jein
große Quantitäten dieses sehr nutzbaren Oels auf dem
Markt. Auf einem Gute des Gr. Sckeremekjew wur-
den im vorigen Jahre 3300 Deffätinen Landes damit
bebaut, welche außer dem Nutzen, welchen die Blätter
als Viehfutter und die trockenen Stamme als Heizmit-
tel gewähren, einen sehr bedeutenden Oelertrag lieferten.
Obgleich cs Rußland sehr nm die Erneuerung des
Cartels, wornach die Herren Kosackcn und Baschkiren
Jagd auf Jeden, der so unglücklich ist, ohne Paß das
russische Gebiet zu betreten, machen dürfen, und wo-
nach diese nach Sibirien geschleppt werden, scheint
dieser ächt russische Wunsch dock an der Menschlichkeit
des Königs von Preußen zu scheitern.
Der ungarische Landtag dauert nun schon gegen ein
ganzes Jahr und die Regierung sucht das Ende des
selben zu beschleunigen, da dieser Landtag das Land
täglich ungefähr l l,000 fl. C M. kostet, und, da
er sich gar zu sehr nut Pcinzipienfragen beschäftigt,
Nickt rml Enprießlickes geleistet bat.
Die berüchtigte Rekrutenaushebung in Constaun'nopel
verhalt sich, wie das »Journal dc Eonsiantinople« be-
richtet, ganz anders al unsere meisten Zeitungen an-
gaben. Es batten sich nambck sehr viele Individuen
ihrer Militärpflicktigkeit dadurch entzogen, daß sie sich
nach Constantinopel flüchteten, wodurch der Ackerbau
ganz vernackläßigt wurde. Da nun die hohe Pforte
die Umstände nickt eben sehr liebt, ließ sie unter allen
jungen Leuten, die das gehörige Alter hatten, in Con-
stantinopcl die gehörige Anzahl aufgreifen und sie zu
Dienern des «Lohns der Sonne macken.
Aus Frankreich gibts nichts Neues als die abgedro-
schene Geschichte von der Königin Pomare auf den
Oiahaili-Inseln, die dort bei dem englischen Missio-
nair und Consul Pritchard wohnt, das auch die Ursache
des ganzen Scandals war; wahrscheinlich nicht ohne
Auftrag, um dabei im Trüben zu fis-cken.
In Portugal und auf der Insel Hanti in Tunis
gibt's Revolution; auch Abdelkader bat sich wieder ge-
regt; un Sommer geht der Krieg mit den Kaukasiern
wieder los. Nun soll noch einer klagen, daß unsere
Zeit so ruhig. '
Am 1. Mai wird die Eisenbahn bis nach Oos dem
Verkehr eröffnet werden. Die Preise sollen aber im
Verhältniß zu andern Eisenbahnen nnverhältnißmäßig
thcncr sein.
Die Spanier haben schon eine Eroberung gegen Tu-
nis gemacht; sie haben nämlich ein kleines Schiff mit
16 Mauren weggeuommeu-
Nack einem Ukas vom 37. v. M. bekommen russi-
sche Unterthanen nur daun einen Paß in's Ausland,
wenn sie 33 Jahre alt sind. Von jeder in dem Passe
bezeichneten Person beiderlei Geschlechts muß außer der

Zahlung für die Blanguets eine Steuer von hundert
Rubel Silber für jede 6 Monat erhoben werden.
Man sieht wie Rußland sich die feine Politik des himm-
lischen Reicks anzucignen versiebt.
Don der Belagerung von Allmeida in Portugal hört
mau, daß die köuigl Truppen zu ihrem Geschütz weder
Munition nock passende Kugeln genug baden, und täglich
ungefähr 30 Schüsse thun. Graf Bomfin, der in der Fe-
stung siut, knallt seine paar Kanonen auch gelegentlich los.
Das alles soll aber so wenig Wirkung haben, daß sich
nickt einmal die Spatzen, die sich an den Fcstuugsmauera
augesicdelt haben, vertreiben lassen.

Ein kaiserliches Geschenk.
tForlftbmig )
Ein Kammcrhcrr kündigte ihnen an, daß Seine
Majestät den Meister Eonrad erwartete. In dem-
selben Augenblicke öffneten sich die beiden Flügcl-
thürcn des Audienzsaales. Der Kaiser, welcher stch
cm wenig belustigen wollte, saß im Hintergründe
auf einem hohen Throne im Kaiscrornatc, die
Krone aus dem Haupte und das Sceptcr in der
Hand. Die hohen Würdenträger umringten ihn in
j ihren Gallaunisormcn zur Rechten und zur Linken;
ein Troß goldgcschmücktcr Pagen breitete stch vor
ihnen aus.
Die vier vorgcstclltcn Manner waren verblüfft.
Eonrad der Einäugige Halle jedoch das Auge nur
aus Karl gerichtet, und erkannte ihn wieder.
Das ist immer noch seine Nase und sein Blick,
dachte er; aber sein Bart ist fast so sehr wie mei-
ner gewachsen und aus seiner Stirn lagern stch mehr
Sorgen als sonst.
Während er diese Bemerkungen anstcllte, sagte
zu ihm Lorenz, indem er vorauskchritt: Hört,
macht's gerade wie ich, grüßt gebührend und ver-
neigt Euch, wie cs vorgcschricbcn ist.
Geh nur zu, antwortete Eonrad, ohne das Auge
von dem Gegenstände seiner Betrachtung abzuziehen.
Lorenz van der Meulen schritt gemessen vor, die
Augen ebenfalls auf den Herrscher gerichtet, in der
Linken den ungeheuren Rahmnapf und nur cer
Rechten die Butterschnitte würdevoll Vor sich hin-
haltend. An der Thüre angckommen, verneigte er
stch, um zu grüßen, indem er zugleich weiter auS-
schritt, um denselben gravitätischen Gang beizubc-
halten. Da er indcß nicht bemerkt hatte, daß er
eine Stufe hinabsteigcn mußte, fo bekam er das
Uebcrgcwicht, schlug der Länge lang mit dem Ge-
sichte in den Rahmnapf und schleuderte die Butter-
schnitte in den Thronsaal hin auf die weichen Le-
vantinischen Teppiche- In der Meinung, cs gehöre
zur Etikette, stch mit ^em Bauche auf die Erde
 
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