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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (8) — 1844

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https://doi.org/10.11588/diglit.42423#0137

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Der Neckar-Bote erscheint
wöchentlich zweimal, Dienstags
„.Freitags Der ltlwnnemcnis-
vrcis beirägt für ein Falle > st.
36 kr., für ein halbes Fahr 5/,
kr , für ein Diertcljahr 3o kr.

Neckar-Bote.

Dienstag, den 9. April 1844.

Die Einrücknngsgcbühr für die
gespaltene Zeile oder deren
Raum beträgt 2 kr. Bei An-
zeigen, worüber die Erpedition
Auskunft n theilt, 3 kr.

Aufforderung und Bitte.
Die große Noch der armen Spinner und Weber im
schlcsiscben Riesengcbirge ist durch ergreifende Schilde-
rungen in öffentlichen Maltern und Privatberichteu nur
allzuwohl bekannt. Die Bedürftigsten unter diesen Berg-
bewohnern sind die der Kreise Landcshut und Bolkcn-
hain, denn sic, die im höchsten rauhen Gebirge, auf
den unzureichenden Ertrag eines wenig ergiebigen Bo-
dens crigewiescn, obne Bergbau und ohne Fabriken, ihr
kümmerliches Dasein seither durch Spinnen und Weben
gefristet haben, sind durch die den Handel mit Leinwand
von Handgespiniist zu Grunde richtenden Conjuncturcn
ihres alleinigen Erwerbsmittels beraubt, und so sehen,
ohne Hülfe von Außen, 10,000 Arme dem bittersten
Mangel sich preisgegcben. — Seit mehreren Jabren be-
steht in Landeshnt ein Centralbülfsverein, welcher mit
den theils von der Gnade Sr. Mas. des Königs erhal-
tenen, thcils auf anderem Wege herbeigeschafften Mit-
teln rastlos dahin wirkt, die drohende Hungersnoth au-
genblicklich zu beseitigen; ein besonderer Ausschuß die-
ses Vereins, von der Ueberzeugung geleitet, daß die
beste Unterstützungsweise in Gewährung lohnender Ar-
beit bestehe, hat es sich zur Aufgabe gemacht, von den
ärmsten Spinnern jener Gebirgskreise leinene Garne zu
erhöhtem Preise anfznkanfeu und solche den ärmsten
Webern zu ermäßigten Preisen wieder zu überlassen,
damit die Armen vor äußerstem Mangel nach Möglich-
keit geschützt und doch zugleich in nützlicher Thätigkcit
erhalten würden. Um diesem sein philanthropischen Un-
ternehmen eine dem Maße des Unglücks in etwas bei-
kommende Ausdehnung geben zu können, beabsichtigt der
Ausschuß einen Actieuvcrcin zu begründen, und er hofft,
eine wenigstens auf einige Fahre anhaltende Beschäfti-
gung für 7000 Spinner und 1000 Weber erreichen
zu können, wenn es ihm gelingt, 20,000 Actien ä 10
Nthlr. nnterzubringen. — Man wird das Actienkapital
sicher deponircn, dasselbe in jährlichen Raten von
100,000 Rthlr. zur Anfertigung guter Leinwand ans
Handgespiniist und ohne chemische Mittel gebleicht ver-
wenden, in zwei Ziehungen jedesmal 10,000 Actien
jäh:lieh vcrlovsen, und diese statt der Bezahlung in Geld
in Leinwand dergestalt rcalisiren, daß nach Art einer
Lotterie für eine angemessene Zahl Actien namhafte Ge-
winne in Leinwand ausgesetzt werden, der mindeste Be-
trag des einer jeden Actie zuzuweiscnden Gewinnes aber
auf eine dem Werth von 8 Rthlr. entsprechende Quan-
tität Leinwand normirt wird. — Der Landcshuter Ccn-
tralhülfsvercin-Aussehuß, welcher, um ein solches Un-
ternehmen ins Werk zu setzen, thätiger Bcihülfc von
nah und von fern bedarf, hat den untenstehenden Auf-
ruf an edle Menschenfreunde erlassen und dabei in ge-
rechten Vertrauen auf den so oft erprobten Wohlthätig-
keitssinn der Bewohner Frankfurts mich ersucht, durch
freundliches Fürwort bei meinen wackeru Landsleuten
das Unternehmen zu unterstützen. — Dieser Aufforderung
und den Einladungen, die auch von hiesigen hochachtba-
ren Männern in gleicher Beziehung an mich ergangen
sind, mit freudiger Bereitwilligkeit nachkommend, richte
ich an meine geschätzten Mitbürger das dringende Ge-
such um Unterstützung der nothleidenden schlesischen Spin-

ner und Weber, sei es durch Uebernahme von Actien
des Landcshuter Hülfsvereins, wozu die Ausgaben sowohl
auf der Bureau-Cassa der Herren Gebr. Bclhmann als
bei den löbl. Redactiouen der Oberposiamts. Zeitung ll.it.
L. Nr. und des Frankfurter Journals (Uit. rL. 71. d.
röm.) stattfiuden können,— sei cs durch sofortige, in
Berücksichtigung der weiten Entfernung sieb vielleicht nock
wirksamer zeigende milde Gaben in Geld, die von mir
mit dem tiefsten Danke in Empfang genommen und an
den Ausschuß des Central-Hülfsvcreius in Landeshut be-
fördert werden. Frankfurt a. M., 19. März 18-14.
Moritz von Bethmann.
Aufruf an edle Menschenfreunde
zu Unterstützung der nothleidenden Spinner und Weber
in den Kreisen Landcshut und Bolkcnhain.
(Schlesisches Riesengcbirge.)
Der immer seltener werdende Verbrauch des leinenen
Handgespinnstcs, so wie der so tief gesunkene Preis der
aus demselben gefertigten Stoffe hat die ärmsten Ein-
wohner der Kreise Landeskut und Bolkcnhain seit Kur-
zem des kümmerlichen Ertrages der Handspinnerei, ihres
einzigen Erwerbszweiges, gänzlich beraubt. 7000 die-
ser Armen, unter ihnen 1000 Weber, sind ohne Be-
schäftigung und deshalb ohne Brod. — Ihre Zahl ist
zu groß, der Wohlstand der übrigen Bewohner aber zu
erschüttert, als daß von ibnen auf dem Wege der öf-
fentlichen und Privat-Wohlthärigkeit eine ausreichende
Abhülfe erwartet werden dürfte. Diese kann nur von
Außen kommen. — Ermächtigt durch den seit Jahren
wirksamen Central-Hülfsverein bieselbst, haben wir cs
untcrnommen, von den ärmsten Spinnern dieser Gebirgs-
kreise leinene Garne zu erhöhten Preisen aufzukauscn
und sie den ärmsten Webern zu ermäßigten Preisen wie-
der zu überlassen, damit die Armen vor äußersteln Man-
gel möglichst geschützt und doch zugleich bei nützlicher
Thätigkcit erhalten werden. — Außer den geringen uns
zu Gebote stehenden Fonds beruht jedock das Betriebs-
kapital, mit dem wir dieses umfangreiche Werk begin-
nen, hauptsächlich auf dem unerschütterlichen Vertrauen
zu dem so vielfach bewährten Wohlthatigkeitssinn un-
serer deutschen Landsleute; wir richlen daher diesen Hül-
feruf an alle edlen Menschenfreunde und bitten, unserer
bedrängten Bergbewohner in Liebe zu gedenken und durch
schleunige Hülse uns die uncntbxhrlichen Mittel zu Fort-
setzung des begonnenen Unternehmens freundlichst zu-
fließen zu lassen. Landeshut, den 14. Fcbr. 1844.
Der Ausschuß des Central-Hülfsvereins.
Pfarrer Klopsch. Kaufmann Kuhn. Kreis-Steuer-
einnehmer Mein hoff. Rittergutsbesitzer Preu. Se-
nior Richter. Rittergutsbesitzer Spüth.
Herr Kaufmann Ferd. Lempp in Mosbach ist er-
mächtigt und hat sich bereit erklärt, die zur Unterstütz-
ung der armen Spinner und Weber im.schlesischen Rie-
sengcbirge bestimmten milden Gaben und Actieubeträgc
in Empfang zu nehmen und an die Herren G. L W-
Koh! Hagen, die für den gleichen Zweck in Heidelberg
thätig, sich mit Herrn Moritz von Bethmann in Ver-
bindung gesetzt haben, zur Weiterbeförderung gelangen
zu lassen. Heidelberg, 4. April 1844.
 
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