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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (8) — 1844

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https://doi.org/10.11588/diglit.42423#0319

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Der Ncckar-Doie erscheint
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Neckar-Bote.

Die Einrückttnq-gcbühr für die
gcspalkcnc Zeile oder deren
Raum beträgt 2 kr. Bei An-
zeigen. worüber die Erpcdilion
Auskunft ercheilt, 3 kr.

Freitag, den 13. September 1844.

Vuntes aus der Leit.
Die Grieben haben zur Abwechslung wieder einmal
ein neues Ministerium, dessen Mitglieder mit Ausnah-
me des Präsidenten Kolcttis, sämmtlick der russischen
Partei angeboren.
Am 20 Aug.st ist auf dem Isthmus die Post von
griechischen Räubern überfallen, durchsucht und beraubl
worden; alle Depeschen und Briefe haben sich gefund-
en, aber au Baarschaft wurden bei 3000 Gulden
EonveuNonsuiünze geraubt.
Der svamsche Gesandte in Portugal Gonzalez Bra-
vo bat eine feierliche Antrittsaudienz erhalten und der
porNigiesischeu Regierung im Rameu der scinigeu 10000
Manu zur Unterdrückung etwaiger Anfrnbrövcrsuchc
angeboren. Die Spanier sind gerade die, die'S nvth-
weudig babeu sieb um fremde Händel zu kümmern.
Oie Verluste die der Kaiser von Marokko dureb den
Krieg nut Frankreich erlitten hat, werden bis Ml schon
auf 30 Million Hauken geschäht. Für die Officicre
und Soldaten der afrikanischen Armee soll ein beson-
derer Orden gestiftet werden.
Bei dem Fest in Königsberg bar ein Jngcnienrlieu-
teuant einen Referendar im Duell erschossen weil ei
auö lächerlichem Standesvvrurtbeil eine im Rausch aus-
gesprochene, ganz allgemeine Aeusierung des Referen-
dars, die alle anderen, vernünftigen Anwesenden
überhörten allein lischt dulden wollte.
Am 4 September wurde in Garbsen das Verfassungs-
fest gefeiert, doch mit minderer allgemeiner Tyeilnab-
me als man erwartet batte.
Der bauuoveisrt e Staatsmiuister von Scheie ist auf
seinem Gute Schelcuburg gestorben.
Das Oberhaus bat als höchster Gerichts-
hof des Landes das Urtheil der Queensbencb
in Dublin gegen O'Eonell und seine Mit-
angeklagten, kassirt und in Folge dieser Entscheid-
ung sind O'Eonell und seine Mitverurlheilten
auf freien Fuß gesetzt worden.
Die Königin Viktoria soll sich persönlich an Wel-
lington und Peel gewendet, und sie zur unbedingten
Annahme der sebr vernünftigen Frudensvorschlage
Frankreichs gebracht baben. Die beiden englischen Mi-
nister haben diesmal John Bull in seiner Hartnäckig-
keit trefflich repräsentier und wenn Gnizvt nachgiebig-
er gewesen wäre, hätten sie anrb gewiß ihren Zweck
erreicht.
In Folge der friedlichen Ausgleichung zwischen Eng-
land und Frankreich hat sich das Gerücht verbreitet,
der König Louis Pbilipp werde nun doch zum Besuch
nach England kommen, und die Abreise sei auf den 4
Oktober festgesetzt worden. Am 6 d. M. ist ein kost-
barer Wagen im Werth von 78,000 Frauken, als
Geschenk für die Königin Viktoria bestimmt narb Brigk-
ton geschickt worden Der König har ihn Tags zu-
vor in Augenschein genommen und den Arbeitern 100
Louisd'ors auszalen lassen.

Der alte Musikant.
HHrlscyimg )
Der Alte wär ganz arm, der Betrag des ihm
von Theodor nachgelassenen Geldes nur gering, und
seme Wirthm, der er dieses nicht verhehlte, gab
ihm g-.lmnthig den Nalb, sich doch an den Nachbar-
Armcupsiegcr zu wenden, um in irgend einer milden
Stiftung ein Asyl zu finden. Aber mit Unmuts)
verwarf der Alte den Gedanken und erwiedertc:
Nein! ich will nach Hamburg.
Die WirthiN sprach vor sich hin: Nach Ham-
burg? du guter Golt, Hamburg iss weit von Berlin,
und eh' der alt-' Mann dahin kommt, wird er wohl
eine ganz andere Reise machen müssen.
Doch auch schon den nächsten Tag schien der Alte
leinen Borsatz vergessen zu haben! wie früher, eh'
er leinen jungen J-reund gesunden hatte, durchstrich
er die Straßen Berlins und, wo er in einem Hause
oder an einem öffentlichen Ort Musik hörte, da
8 blieb er lauschend liehen, ja, oft schlich er sich in
Z die Borsäle der Hauser, wo musicirt wurde, was
ihm die Eigenthümer immer gern verziehen , denn in
den meisten Hausern war er von früherer Zeit her
bekannt; Manche wohl freuten sich sogar, den alten
Musikanten, von welchem sie seit zwei Jahren nichts
gesehen rum den sie deshalb schon längst für gcsior-
ben gehalten hatten, wieder zu erblicken.
Als er jo eines Abends die Straßen dnrchstrich,
stand er unversehens vor einem glänzend erleuchteten
Palast, aus dessen mittleren Sälen Musik tönte. —
Senner Weise nach wollte er eintrekcn, doch der
schweizer, welcher am Eingänge Wache hielt, wies
ihn bgrsch zurück. So blieb er denn draußen stehen
und lauschte, und wie scharf der Nachtwind wehte,
er blieb stehen und lauschte und murmelte nur manch-
mal: Trc.ssllch! herrlich! vor sich hin.
Da sprang ein Laguai in reichbordirtcr Livree die
breite Treppe herab, um an den Schweizer Etwas
zu bestellen; als er den Greis erblickte, rief er
sreundlich: Ei sieh da, der alte Musikant! Icbsi du
noch, Väterchen? hab' dich lange nicht gesehen, nun
das ist brav , daß du einmal wiedci kommsi, aber was
siehst du in der Kälte und klappe, si mit deinen
fünstchalb Zähnen?
Der Herr Schweizer wollte mich nicht entlassen,
versetzte ter Alte.
Der Herr Schweizer ist ein Esel! Nimm's ihm
Nicht übel, Aller, und komm, wenn du willst, ge-
trost mir mir hinauf, oben ist's warm, und ein
Gläschen Wein, damit du schneller auslhausi, will
ich dir auch geben! — cs ist ein gewaltig vornehmer
und berühmter Kunsigcnoß von dir diesen Abend bei
 
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