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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (8) — 1844

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https://doi.org/10.11588/diglit.42423#0221

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Der Neckar-Bote erscheint
wöchentlich zweimal, Dienstags
».Freitags. Der'.'tlwnnements-
preis beträgt für ein Jahr i fl.
36 kr., für ein halbes Jahr 5/s
kr., für ein Vierteljahr Zu kr.




Freitag, den 21. Juni 1844.


Die Einrücknngsgcbühr für die
gespaltene Zeile oder deren
Raum betrügt 2 kr. Bei An-
zeigen. worüber die Erpedition
Auskunft crtheilt, 3 kr.

Buntes aus der Lett.
Den Regierungen, wclcke in der zweiten Hälfte des
vorigen Jahrhunderts vom Pcibste die Aufhebung der
Jesuiten verlangten, schloß sich auch Venedig an —
»der Meuchelmorde wegen;« binnen wenigen Jahren
waren deren 6000 vorgcfallen, alle an Feiertagen,
wo die Jesuiten predigten. Gemens XIV. gab endlich
nach. Bei Unterzeichnung der Anfhebnngsbnlle sagte
er: »Ick unterschreibe mein Todesnrtbeil.« Und nickt
lange, so wnthete Gift in seinen Eingeweide». Bei
seiner ^cicke sagte Jemand zu einem Jesuiten: »Clemens
ist tost, habt ihr ihm vergeben?« — «Ja,» ant-
wortete dieser, »wie wir vergeben, allen Schul-
digen!«
In Cassel sollten zwei Bilder im Ständesaal aus-
gestellt werden. Da nun schon früher Streit darüber
entstanden war, ob in Abwesenheit der Stande, der
obersten vollziehenden Gewalt ein Dispositionsrecht über
die Lokalitäten im Ständehause zustehe, wurde der
Schlüssel verweigert, und der mit der Aufstellung der
Bilder beauftragte Staatsarckitckt ließ ohne weiteres
die Thüre des Standes» als erbrechen.
Die Franzosen haben über die Marokkaner schon ei-
nen glänzenden Sieg erfochten. Der General Lamori-
cchcc bat mit 4000 Mann eine Armee von 16,000
geschlagen.
Der Kaiser von Rußland ist wegen einer Krankheit
der Großfürstin Alerandra eben so schnell wieder abge-
reist, als er gekommen. Er hat in London eine ganze
Anzahl Dosen vertheilt und der Dienerschaft 2000 Du-
katen, nicht 20,000, wie zuerst berichtet wurde, zu-
rückgelasscn.
Am 5. Juni hat sich seit einer Reibe von Jahren
zum erstenmale wieder die Repräsentantenkammer ver-
sammelt. Außer einigen administrativen und finanziel-
len Gesetzentwürfen soll eine Anflage auf den Brannt-
wein, das Ehescheidungsgesetz und Anlegung einer Spar-
kasse beratbcn werden.
In Paris haben 200 Zöglinge der polytechnischen
.Scknle auf einen Monat Hausarrest bekommen, weil
sic die Leiche Lafitts begleiteten.
Ein Irländer, Namens Bernard Cavanagh, welcher
gedroht, den Sir Robert Peel und den Herzog von
Wellington wegen der ungerechten Einsperrung O'Con-
nclls zu erschießen, ist als wahnsinnig ins Irrenhaus
gebracht wordcu.
In Irland bilden sich überall Versammlungen, um
gegen das Urtheil, das gegen O'Conucll ausgesprochen
worden und seine Gefangennehmung zu prvtestiren. Die
Repcalcr wollen den 24. Juni als Fast- und Trauer-
tag feierlich begehen. — In Dublin erscheinen seit der
Gefangenschaft O'Connells alle Zeitungen mit schwar-
zen Rändern, und O'Cvnnell ist im Gcsängniß ein
furchtbarerer Agitator, als vorher.
Ein spekulativer Cigarrcnfabrikant in Cöln gibt sei-
nen Kunden jede Woche mehreremals gratis anf Cigar-
renctuis eine Llnoniguo sormclalouso der guten Stadt

Cöln zum Besten. Da wird am Ende auch die Zen-
sur einschreiten.
Blaubart der Schwarze.
(Schiust)
Ick jrüße Dir, sagte Blaubart der Schwarze,
warf seinen Mantelsack, aus welchem sein kleines
Taschenmesser hcrvorgnckte, in den Winkel und um-
armte sein Weib mit rührender Zärtlichkeit. Du
wirfi Dir wundern, warum ick nich länger ausje-
bliebcn bin. Meine Je sch aste waren in zwee Mal
vier un zwanzig Stunden alficmacht, dann überseht
hatte ick kcene Ruhe mehr — meine Liebe zu Dir
trieb mir in Deine Arme. Hast Du Dir iui amusirt?
— Ja, mein Jemahl, sagte Dame Blaubart.
— Ist Dich die Zeil ohne mir nich zu lang ge-
worden ?
— Ne, mein Jemahl.
— Ne, sagst Du? Auch gut! Nur eene Arage
noch. Hast Du Dir mein Antiken lab inet besehen?
— Ne, Steinvogclkopp.
—> Wo ist der Schlüssel?
Dame Blaubart erblaßte.
— Hörste nich, wat ick Dir frage?
— Wat f-agst Du mir?
— Ick frage Dir, wo mein Schlüssel is?
— Welcher Schlüssel?
— Der Schlüssel zu meinem jrünen Jewölbe!
- Hier ist er, lieber Mann, sagte Dame Blau-
bart.
Blaubart der Schwarze erblickte den Blutsteck,
sperrte den Rachen auf und schrie:
— Hunderttausend Schock Millionen Donner-
wetter, Du warst im Kabinet...
— Ick im Kalunet?
-—- Himmel Kreuz Bomben und Granaten, Du
hast Dir unterstanden, mein srünct Jewölbe zu se-
hen. Jehc, mache Dir bereit zum Sterben ...
— Hab' Erbarmen! stchtc Dame Blaubart.
— Still, sag' ich Dir, schrie der blutvü-stige
Wüthcrich, packte sie bei den Haaren und zerrte sie,
trotz ihrem Widerstreben, ins grüne Gewölbe hinein.
Sichstc diese sechs Frauen da? fragte er. Sie
waren ncu/ierig, wie Du, un darum hab' ick Eene
nach der Andern ssransclirt. Doch Du wirst cr-
ß würgt, schrie Blaubart der Schwarze und streifte
seine Acrmcl auf, um seine Drohung wahr zu machen.
- - Hilfe, Hilfe! schrie Dame Blaubart mit sol-
chem Kraftaufwand, Laß man cs draußen auf der
Straße hören konnte.
— Da hilft keen Zittern und kcen Schreien,
lachte er, ergriff die Fliehende und — erdrosselte sie.
 
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