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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (8) — 1844

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https://doi.org/10.11588/diglit.42423#0217

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Der Neckar-Bote erscheint
n'öchrntlich zweimal, Dienstag»
u. Freitag». Der Avoniieincnt»-
vrei» beträgt für ein Jahr i st.
36 kr., für ein halbe» Iahr5ü
kr., für ein Vierteljahr Zo kr.

Necka r-




Dienstag, den 18. Juni 1844.

Die Einrückungrgcbühr für die
gespaltene Zelle «der deren
Raum betrügt 2 kr. Bei An-
zeigen. worüber die Erpcdition
Aurkunft «rtheilt, 3 kr.

Nuntes aus der Leit.
Das am I. d. ausgegcbene Regierungsblatt krackte,
außer der Publizirnng einiger mit den Ständen ver-
absckiedcter Gesetze und Verordnungen, auch die offi-
zielle Anzeige von der Ernennung deS geheimen Rarste
und bisherigen ersten Beamten des Oberamts Rastadt
zum Regierungsdirektor des Unterrheinkrcises an der
Stelle des pensionirteu geheimen RathS Dahmen. Wir
können dem Land und insbesondere dem Unterrheinkreis
zu dieser Wahl eines so tüchtigen und unparteiischen
Beamten, der bei aller Verfassungstreue dem Kaiser
läßt, was des Kaisers ist, nur Glück wünschen. Sckaaff
ist einer von den erprobten, ihren ruhigen, fest vorge-
setzten Gang gehenden Männern, die man gegenwärtig,
wo Alles mehr oder minder im Parteiengetricbe zu
Grunde geht, noch selten findet. Fürst und Verfassung
treu ergeben, steht er seit 1051 als Abgeordneter des
57. Aemterwastlbezuks in der Kammer in vorderster
Reihe als Vorkämpfer für die Regierung, ohne darum
seiner individuellen Ueberzengung etwas zu vergeben
und unbedingt jeder NegierungSinaßregel beizustimmen.
Darum von beiden Parteien hochgeachtet, erhielt er
auch bei den harten Wastlprüfungskämpfen des vorigen
Landtags von seinen Gegnern selbst das Zeugniß, als
Wahlkvminissär nur nach strengem Recht und unpar-
teiisch sein Amr verrichtet zn staben.
In Reichenbach, Lange,ibielau, Peterswaldau und
einigen andern schlesischen Orten staben sich die Weber
und Spinner zufamincngeroktet und zerstören die Häu-
ser und Gebäude der Fabrikanten, die ihnen wohl ge-
gründeten Anlaß zu Klagen gegeben haben mögen. Es
ist so weit gekommen, daß von Breslau aus 2 Com-
pagnieen Militär und Artillerie abgesandt wurde. Beim
Einrücken wurde das Militär mit Steinwürsen empfan-
gen, worauf es feuerte und « —9 Personen tödtete. Da
jeder der Soldaten nur 5 scharfe Patronen empfangen
hatte, waren sie bald fertig und ein Tsteil der Einwoh-
ner der Orre, empört über das Schießen, schloß sich
an die Aufrührer an und trieb die Soldaten zurück.
Nachdem sie nun noch Alles demolirken, an was sie ge-
langen konnten, zogen sie sich ins Gebirg zurück, wo
mehrere 1099 Mann mit Heugabeln, Spießen u. dgl.
Waffen versammelt sind. Am ü. ist die ganze Breslauer
Garnison zur Unterdrückung des Aufruhrs abmarschirt.

Blaubart der Schwarze.
(Feriseßung )
Schon am andern Morgen lud Dame Blaubart
ihre Nachbarinnen — lauter junge, hübsche Krauen
und Mädchen — zum Kaffee cm. Sie führte ihre
Gaste in den Garten hinab; dort gaben fie sich aller-
hand unschuldigen Vergnügungen hin. Sic spielten
Ball, Versteckens, Blindekuh, Häuschenvermiethcn
uno amustrten stch wie harmlose Kinder.

Den Kaffccschwcffcrn hatte es bei der Dame
Blaubart dergestalt gefallen, daß sie am andern
Nachmittage wiedcrkamen, wieder Kaffee tranken
und stch dabei dem edlen Genuß des Klatschens Hin-
gaben. Die Mädchen erzählten von ihren Gelieb-
ten, die Frauen von ihren Männern Dame Blau-
bart aber gestand ihren Freundinnen, daß ste stch
sehr unglücklich fühle, weil ihr Mann ein Wüthrich,
ein Tyrann sei.
— Ganz wie der meinige! riefen die ehremvck-
thcn Damen, wie aus einem Munde.
Die unglückliche Frau erzählte ihnen dann die
Geschichte vom fünften Schlüssel und die Strafe,
womit er ihr gedroht, wenn sie sich erdreisten würde,
damit das gchcimuißvolle Kabinel aufzuschlicßen.
Die Frauen bersteten fast vor Neugier.
— Da muß etwas Schreckliches dahinter stecken,
meinte die Eine.
— Natürlich, natürlich, meinten alle Ankern.
— Ich aber, begann wieder die Eine, ließe mich
durch die Drohung nicht abschrecken, die Thür zu
öffnen, um hinter das Geheim» ß zu kommen.
— Er bringt mir aber um, entgegnete Dame
Blaubart.
— Das soll er nur thun ... wir rufen die hohe
Polizei zu Hilfe ... wozu gäst' cs denn GenSdar-
men in Berlin? Auch sehe ich gar nicht ein, durch
wen er erfahren soll, daß Sie iLust in sich verspür-
ten, gerade deshalb, weil er es Ihnen verboten hat,
jenes Kabinet dennoch zu öffnen. Ich vcrrathe
Sie nicht.
— Wir gewiß nicht, riefen einstimmig die Andern,
Dame Blaubart überlegte hin und her: die Neu-
gier spornte sie an, die Furcht aber hielt ste wieder
zurück, den Rath ihrer Freundinnen zu befolgen^
auch traute ste diesen nicht ganz und dachte bei stch:
sie könnten dich ja doch verrathcn und deshalb un-
terließ sic es.
Am andern Morgen aber, als ste ganz mit stch
allein war, packte ste der Teufel der Neugier derge-
stalt, daß sic seiner Versuchung nicht länger wider-
stehen konnte.
Sic nahm den kleinen verhängnißvollen Schlüssel
und öffnete damit die große gchcimuißvolle Thür.
Und was erblickte ste? Nichts, gar nichts!
— Hat mein Jcmahl mir man Klos jefoppt?
fragte sich Madame Blaubart. Sollte in dieses Zim-
mer jar nischte nichs vcrborjen sind? Ick jlobe, ick
sehe man blos darum nick), weil et finster is.
Sie öffnete einen der fcstvcrschloffenen Fenster-
laden und — stiess einen Schrei des Schreckens aus,
als sic, wie Hemden an einer Waschleine, sechs
 
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